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Fenster zum Zoo

Fenster zum Zoo

Titel: Fenster zum Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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gekümmert.«
    »Genau«, sagte Bruno und wischte sich wieder den Schweiß von der Stirn.
    »So viel Arbeit macht so ein Haus auch nicht.«
    »Jetzt vielleicht nicht mehr«, mischte Heinz sich ein.
    »Genau. Aber vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus«, sagte Bruno und nickte seinem Freund zu.
    »Das kann man wohl sagen«, bestätigte Heinz.
    Das Gespräch entwickelte sich in die richtige Richtung, ohne dass Muschalik viel dazu beitragen musste.
    »Möchte nur mal wissen, wo sie jetzt hin ist«, sagte Heinz zu Bruno und riss eine Dose Pils auf.
    »Hauptsache, sie ist weg«, sagte Marie.
    »Meinen Sie Frau Luxem?«, fragte Muschalik.
    »Genau. Ich sehe, Sie wissen Bescheid«, sagte Bruno.
    »Natürlich. Als Verwalter.«
    Und dann drängten sie ihm ohne zu zögern das Netz voller Gerüchte auf, das sie um Nelly gesponnen hatten. Marie und Gerhard stellten sich als Nellys direkte Nachbarn vor.
    »Tür an Tür mit dieser Frau«, rief Marie aus und konnte es noch immer nicht fassen, »und wir haben es erst ganz zum Schluss gemerkt.«
    »Was denn?«
    »Das mit Albert natürlich, mit dem sie zusammengelebt hat.« Marie sah ihn einen Augenblick skeptisch an.
    »Klar, das mit Albert«, versicherte Muschalik schnell.
    »Genau«, sagte Bruno.
    »Eine furchtbare Geschichte.«
    »Genau. Dabei war der Albert so ein netter Kerl. Er hat alles für sie getan. Der hat sie bestimmt echt geliebt. Verehrt hat er sie geradezu. Er stand immer hinter der Gardine und hat auf sie gewartet, aber meistens hat er sie zur Arbeit gebracht und abgeholt. Oder ist sogar bei ihr geblieben. Den ganzen Tag.«
    Bruno latschte wieder hinter seine Theke.
    »Hatte er denn selbst keine Arbeit?«, fragte Muschalik.
    »Keine Ahnung. Er hatte jedenfalls viel Zeit. Es gab oft Krach bei ihnen. Die hatte ihn echt nicht verdient. Vielleicht wollte er aber auch, dass sie sich mehr um ihn kümmert. Sie war ja immer nur im Zoo. Nix anderes hat sie gemacht, als in den Zoo gehen. Das war schon verrückt. Das ist doch nicht normal!«
    »Wie hieß er noch mal mit Nachnamen?«, fragte Muschalik und kratzte sich den Kopf, »ich hab ihn schon wieder vergessen. Mein Gedächtnis macht mir in letzter Zeit zu schaffen. Das Alter.«
    »Keine Ahnung«, sagte Marie, »oder wisst ihr das noch?« Sie sah Bruno, Heinz und Gerhard an. Die drei konnten sich ebenfalls nicht erinnern.
    »Soweit ich weiß, ist nie herausgekommen, was aus ihm geworden ist«, bedauerte Muschalik.
    »Nee. Offiziell nicht. Aber wir haben da so unsere eigene Meinung zu, nicht wahr?«, fragte Marie in die Runde.
    »Wahrscheinlich ist er abgehauen«, sagte Muschalik.
    »Nee. Der nicht. Der hing doch an ihr wie eine Klette. Der hätte sie nie freiwillig verlassen. Der hätte doch gar nicht gewusst, was er ohne sie anfangen sollte. Nelly war doch sein ein und alles. Nee, da ist was passiert.«
    »Was denn?«
    Marie kam an Muschaliks Tisch und beugte sich vor.
    »Die hat den doch garantiert umgebracht«, flüsterte sie, »wetten?«
    »Aber«, wehrte Muschalik sie ab.
    »Doch, das können Sie uns ruhig glauben. Die ist der Typ für so was. Die hat ihn umgebracht. Wenn Sie sie kennen würden, dann wüssten Sie, was wir meinen.«
    »Ja« mischte Heinz sich ein, »die ist echt der Typ für so was. Glauben Sie uns das.«
    Bruno verließ seine Theke und baute sich vor Muschalik auf.
    »So eine Frau!« sagte er, und seine Hände schlugen einen großen Bogen. »Und stark. Solche Arme! Da konnte einem schon angst und bange werden. Selbst mir. Und ich bin nun wirklich kein Feigling. Und einen Blick! Ich sag’s Ihnen. Wenn Blicke töten könnten!« Bruno wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Dann wären wir alle tot«, lachte Heinz.

16. Kapitel
    Der Grizzly war krank.
    Verbannt in seine Höhle und ohne Nelly fraß er kaum noch. Der Tierarzt Dr. Behlert stellte eine kleine Magenverstimmung fest und setzte ihn auf Diät. Tee und Zwieback, den der Grizzly ganz gerne vor sich hin schlabberte. Aber um nicht an Gewicht zu verlieren, hätte er jeden Tag mindestens zehn Kilogramm davon zu sich nehmen müssen. Und das wollte er nicht. So schrumpfte er in seinem struppigen Fell und wurde unsicher auf den Beinen.
    Muschalik saß auf der Bank gegenüber der Bärenanlage, während Dr. Behlert noch in der Bärenhöhle war, und betrachtete zum hundertsten Mal den Tatort. Er sah, wie Dr. Behlert seinen Patienten verließ und in Richtung Ausgang ging. Kraft kam ihm entgegen, sie trafen sich hinter den Geparden, zu weit weg, um

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