Ferien Auf Saltkrokan
ungerecht, daß bei ihm nicht auch etwas anbiß. »Dieser Tag nicht ein Leben«, sagte er und starrte finster auf seinen Schwimmer.
Jedesmal, wenn bei ihnen etwas anbiß, guckten Johann und Niklas ihren Vater fast schuldbewußt an. Papa durfte nicht enttäuscht werden, darüber waren sich alle Melchersonschen Kinder rührend einig. Keines von ihnen konnte es ertragen, wenn seine fröhlichen blauen Augen plötzlich dunkel wurden, und sie wurden so leicht dunkel und aus so kindischen Anlässen. Die Jungen merkten, wie seine Stimmung sank. Er hatte eine Art, sich mit der Hand übers Kinn zu fahren, die sie kannten, und das war kein gutes Zeichen. Tatsächlich warf er den Angelstock schließlich auch hin.
»Jetzt sollen die Barsche zusehen, wie sie fertig werden«, sagte er. »Ich hab keine Lust mehr, ihnen eine Angel hinzuhalten.« Er legte sich auf den Steg und zog die Baskenmütze über die Augen.
»Wenn jetzt ein Barsch ankommt und Krach schlägt und rausgezogen werden will, dann sagt, daß ich schlafe. Er soll gegen drei Uhr wiederkommen.«
Dann schlief er auf der Stelle ein, und sein Schwimmer lag weiterhin im Wasser und hüpfte auf und nieder. Trotz inständiger Bitten seiner Söhne kam kein Barsch und verlangte, rausgezogen zu werden. Da beschlossen sie, die Angelegenheit selbst zu regeln. Einer sollte wenigstens bei ihrem Vater anbeißen. Sie holten Melchers Leine ein und steckten ihren größten Barsch an seinen Haken. Dann weckten sie ihn mit lautem Hallo.
»Papa, bei dir hat einer angebissen!«
Melcher fuhr hoch und riß so heftig an seiner Angel, daß er beinahe ins Wasser gefallen wäre, und er jubelte, als er den Barsch herauszog. »Habt ihr schon mal so einen Riesen gesehen? Der ist doppelt so groß wie einer von euren.«
Aber dieser Barsch war keiner von denen, die ankamen und Krach schlugen. Unnatürlich still und fromm hing er am Haken. Melcher guckte ihn lange schweigend an, und seine Söhne beobachteten ihn mit Bangen.
»Der arme Kerl scheint unter Schock zu stehen«, sagte Melcher.
Er strich sich ein paarmal übers Kinn, aber plötzlich lächelte er, und es war, als wenn die Sonne unverhofft durch düstere Wolken bricht.
Er schaute seine Söhne liebevoll an. Daß er so gute und umsichtige Kinder hatte, das war mehr wert als alle Barsche der Ostsee!
»Ich geh jetzt rein und dämpfe diesen Barsch und noch vier dazu«, sagte Melcher. »Nach meinem eigenen kleinen Rezept. Von dieser Kunst versteh ich jedenfalls mehr als ihr.«
Johann und Niklas gaben ihm zu verstehen, daß er der beste Barschdämpfer der Welt war, und Melcher zog sich in die Küche zurück. Malin hätte es gegraust, wenn sie gesehen hätte, wie er die Barsche schuppte. Melcher und ein großes Messer und ein kleiner, glitschiger Barsch – diese drei Dinge zusammen, und die Folge müßte ein gräßliches Blutvergießen sein. Aber das war das Komische mit Melcher, manchmal kam er mit heiler Haut davon, wenn eine Katastrophe unvermeidlich zu sein schien mit tiefen Fleischwunden und ersten Verbänden.
Er war jetzt blendender Laune. Sachkundig schichtete er die Barsche in einem emaillierten Schmortopf übereinander und sang dazu sein Rezept, als wäre es eine Opernarie.
»Barschtopf auf Melchers Art …« sang er, »… fünf prima Fische – und dann Butter – reichlich Bu-u-utter«, sang er und klackste diese im Takt zu den Worten in den Topf. »Und Petersilie – und Dill – ordentlich viel Di-illeri-dill – und dazu noch ein Löffelchen Mehl – und ganz, ganz wenig Wasser – gewöhnliches Wasser – und Salz nach Belieben – nach Belieben – nach Belie-ie-ie-ben – nach Belie-ie-ben!«
Das klang so bezaubernd, daß er sich fragte, ob er nicht eigentlich hätte Opernsänger werden sollen.
Ach nein, lieber Straßen-und Wasserbauer! Hin und wieder warf er einen Blick auf seine Rinne, die zum Küchenfenster hereinragte, und jedesmal lächelte er zufrieden. Das war doch etwas zum Vorzeigen, wenn Malin nach Hause kam.
Gleich darauf hörte er das Motorboot am Steg anlegen, und er stürzte zum Brunnen hinaus, um bereitzustehen und sein Werk vorzuführen. Malin sah übrigens aus, als ob sie eine Aufmunterung brauchte. Sie hängte ihren Badeanzug mit einer sonderbar nachdenklichen Miene auf die Wäscheleine, aber als sie merkte, daß Melcher sie anschaute, lächelte sie. Und dann sah sie die Wasserrinne.
»Was ist denn das?« fragte sie, und Melcher erklärte ihr und Krister und Pelle, was für eine einfache und geniale
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