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Ferien Auf Saltkrokan

Ferien Auf Saltkrokan

Titel: Ferien Auf Saltkrokan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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anstrengend. Man konnte sich morgens eine bestimmte Zeit vornehmen und fünfzehn, zwanzig Eimer Wasser auf einmal heraufwinden, dann hatte man für den Rest des Tages frei, und Malin konnte kalte Abreibungen machen – wenn sie wollte, alle Viertelstunde eine.
    Melcher machte sich mit frischem Mut ans Werk. Es war mühsamer, als er erwartet hatte, aber er redete sich sanft und ermunternd zu, während er beschäftigt war.
    »Zwei Dinge gibt es, die sind eine wahre Wonne«, sagte er, als er die Rinne an Ort und Stelle angebracht hatte, »ja, drei Dinge weiß ich, die alle Vorstellungen übertreffen: diese schlau ersonnene Holzrinne, der Weg des Wassers in die Küche und Melcher Melchersons Weg zu immer größerer Weisheit.«
    Es verlief alles prima, es sah genauso aus, wie er es sich vorgestellt hatte, und es würde auch genauso funktionieren, das wußte er. Eine Wassertonne hatte er noch nicht besorgen können, und das war schade. Nun mußte er es mit einem einzelnen Eimer ausprobieren, aber dazu brauchte er jemanden, der in der Küche stand und meldete, wenn der Eimer voll war.
    Da kam gerade Tjorven, wie vom Himmel gesandt, und Melcher lachte, als er sie sah.
    »Tjorven, du bist genau zur rechten Zeit gekommen.«
    »Wirklich?« sagte Tjorven begeistert. »Hast du Sehnsucht nach mir gehabt?«
    Zwischen Melcher und Tjorven war eine Freundschaft entstanden, wie man sie bisweilen zwischen einem Kind und einem Erwachsenen antrifft, eine Freundschaft zwischen zwei Ebenbürtigen, die vollkommen aufrichtig miteinander sind und das gleiche Recht haben, zu sagen, was sie denken.
    Melcher hatte genügend von einem Kind in sich, und Tjorven genügend von etwas anderem, nicht gerade etwas Erwachsenem, aber eine merkwürdige innere Kraft, die es ermöglichte, daß sie tatsächlich als Ebenbürtige oder jedenfalls als beinahe Ebenbürtige miteinander umgehen konnten. Tjorven sagte Melcher mehr bissige Wahrheiten als irgend jemand sonst, und hin und wieder zuckte er auch zusammen und hätte sie am liebsten angeschnauzt; aber er sah schnell ein, daß es bei Tjorven vergeblich wäre. Sie war, wie sie war, und sagte geradeheraus, was sie dachte. Meistens war sie ja auch freundlich, denn sie mochte Herrn Melcher sehr gern.
    Er erklärte ihr, was diese Rinne für ein glänzender Einfall sei. Von nun an würde Malin das Wasser geradewegs in die Küche kriegen.
    »Das kriegt Mama auch«, sagte Tjorven, »sie kriegt das Wasser auch geradewegs in die Küche.«
    »Das stimmt aber doch gar nicht«, sagte Melcher.
    »Doch«, sagte Tjorven, »Papa trägt's rein.«
    Da lachte Melcher überlegen. Dies hier sei etwas anderes. Und er habe es sich als eine hübsche kleine Überraschung für Malin ausgedacht, sagte er.
    Tjorven sah ihn ernsthaft an.
    »Und außerdem, weil du dann nicht so viel schuften mußt, was?«
    Darauf gab Melcher keine Antwort.
    »Jetzt stellst du dich hier neben den Eimer«, erklärte er Tjorven, »und wenn Wasser kommt, dann rufst du. Und wenn der Eimer voll ist, dann rufst du auch. Verstanden?«
    »Ja, ich bin doch nicht dumm«, sagte Tjorven.
    Melcher lief hinaus zum Brunnen, eifrig wie ein Kind, und ebenso eifrig zog er einen Eimer Wasser herauf und goß ihn in die Rinne. Er lachte vor Freude, als er sah, wie das Wasser zur Küche floß, und er hörte Tjorven dort drinnen schreien. O ja, o ja, wahrhaftig, es funktionierte, wie er es sich vorgestellt hatte!
    Jedoch nicht so ganz – leider nicht so ganz! Die Rinne war undicht, das meiste Wasser lief auf die Erde, das sah er zu seinem Gram. Aber so was konnte behoben werden. Tonnen, die undicht waren, legte man ins Wasser, damit sie aufquollen. Das konnte er mit seiner Wasserrinne auch machen, aber Himmel, sie wieder herunterzunehmen, das ging über seine Kraft! All diesen prächtigen Draht – es mochten ungefähr zwei Kilometer sein, die er herumgewickelt hatte –, den kriegte man nicht so im Handumdrehen wieder ab. Ob es nicht ebensogut ging, wenn er eine Menge Wasser durch die Rinne fließen ließ, so wie sie da stand? Auf diese Weise mußte sie ja auch allmählich dicht werden.
    Er legte los mit all dem Eifer und der Kraft, die er auf alles anwendete, was er machte, und nachdem er ungefähr zehn Eimer Wasser durch die Rinne geschickt hatte, schien es ihm, als ob sie ein bißchen mehr dichthielte. Oder war es vielleicht nur Einbildung? Da stand er und kratzte sich am Hinterkopf und sah das Wasser auf die Erde strömen, als ihm plötzlich zum Bewußtsein kam, daß

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