Ferien Auf Saltkrokan
Vor zwei Minuten haben sie noch hier gesessen und sind fröhlich und glücklich gewesen, und im nächsten Augenblick liegt alles in Schutt und Asche und ist zu Ende. Kaufen Sie den Besitz – welch ein Hohn! Du liebe Güte, er konnte nicht einmal eine Hundehütte kaufen bei seinen Einkünften! Eine Jahresmiete zur Zeit, die konnte er zusammenkratzen, das schaffte er schon noch, und deshalb hatte er voller Zuversicht einer langen Reihe von Jahren hier im Schreinerhaus entgegengesehen. Endlich hatte er einen Platz gefunden, wo seine Kinder Wurzeln schlagen und die Sommer ihrer Kindheit verleben durften, so wie er es selbst gehabt hatte, Sommer, an die sie ihr Leben lang denken konnten. Und dann kommt da ein Mensch und sagt ein paar Worte, und alles ist zu Ende!
Er traute sich nicht, seine Kinder anzusehen. Da hörte er Pelles zitternde Stimme:
»Papa, du hast aber doch gesagt , wir würden immer hier wohnen.«
Melcher schluckte heftig. Ja, was hatte er nicht alles gesagt! Daß sie immer hier wohnen würden! Und daß es Schluß sein solle mit dem Geheule, das hatte er wohl auch gesagt, und da stand er nun und hätte in seiner Ohnmacht am liebsten geheult wie ein Hund. Während Mattsson zwei Meter von ihm entfernt an den Mehlbeerbaum gelehnt stand und aussah, als wäre dies ein ganz gewöhnlicher Tag und ein ganz alltägliches kleines Geschäft.
»Wollen Sie«, sagte Melcher bitter, »wollen Sie wirklich, daß wir hier ausziehen, ich und meine Kinder?«
»Nicht gleich natürlich«, sagte Mattsson. »Wenn aber Direktor Karlberg kauft – er oder jemand anders –, dann müssen Sie wohl mit dem neuen Besitzer abmachen, wie lange Sie hier wohnen bleiben können.« Direktor Karlberg vermied es, Melcher anzusehen. Er redete mit Mattsson, als wäre kein Mensch sonst zugegen.
»Doch, auf jeden Fall, ich könnte mir schon denken, das Haus zu kaufen, wenn wir uns über den Preis einig werden. Mit dem Haus ist ja nichts mehr los, das sehe ich mit einem Blick, und das müßte man dann abreißen. Aber so ein Grundstück, das findet man nicht alle Tage.«
Melcher hörte ein dumpfes Gemurmel von seinen Kindern, und er biß die Zähne zusammen.
Jetzt mischte sich auch Lotta Karlberg ins Gespräch.
»Ja, Papa, das Haus ist wirklich schrecklich. Aber man könnte ja so einen süßen Bungalow bauen, du weißt, so einen, wie Kalle und Anna Greta einen haben.«
Ihr Vater nickte, aber er schien etwas unangenehm berührt. Vielleicht fand er, es gehe doch zu weit, daß Lotta zu diesem Zeitpunkt schon Kalles und Anna Gretas Bungalow erwähnte.
Tjorven fand es ebenfalls. Sie fand, es gehe zu weit. Das fand sie schon lange. Diese Lotta, da saß sie auf der Treppe zum Schreinerhaus und sah aus, als gehörte das ganze Haus ihr! Tjorven stellte sich breitbeinig vor sie hin. »Lotta, weißt du was«, sagte sie. »Ich finde, du bist ein Bongalo, so groß wie du bist.«
Jetzt wurde es Lotta klar, daß sie eine Feindin bekommen hatte.
Übrigens nicht nur eine. Alle diese Kinder, die da standen und sie anstarrten, waren ihre Feinde, und sie hatte nichts dagegen. Im Gegenteil, sie genoß es, denn sie fühlte ihre Überlegenheit. Ihr Vater konnte entscheiden, ob diese Kinder dort wohnen bleiben sollten oder nicht. Daher wäre es schon besser, sie nähmen sich in acht. Sie brauchten ihr wirklich nicht so ins Gesicht zu starren, als hätte sie hier nichts zu suchen.
»Man hat doch wohl das Recht, einen Besitz zu kaufen, wenn man will«, sagte sie hochnäsig in die blaue Luft hinein.
»Ja, klar«, sagte Teddy. »Und so'n Bungalow hinzubauen, wie Kalle und Anna Greta einen haben. Tut das nur ruhig.«
»Diese alte Bruchbude, die können wir ja abreißen«, sagte Freddy. »Macht man los!«
Teddy und Freddy waren angelaufen gekommen, sobald sie hörten, was hier vor sich ging. Beim Kaufmann wußte man auf irgendwie übernatürliche Art und Weise über alles Bescheid, was auf der Insel geschah, noch fast ehe es geschehen war. Teddy und Freddy wollten in der Stunde der Bedrängnis bei ihren Freunden sein – wozu hatte man sonst seine Freunde? Noch nie hatten sie Johann und Niklas so niedergeschlagen und so finster gesehen. Und Pelle erst! Er saß noch immer am Frühstückstisch, kreidebleich im Gesicht, und neben ihm saß Malin. Sie hatte den Arm um Pelle gelegt, und sie war auch ganz blaß. Es war alles grauenhaft und unerträglich, und dann kam dieses versnobte Mädchen und schrie herum, daß man einen Bungalow bauen wolle. Kein Wunder, daß
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