Ferien mit Biss
Saikatotänzerinnen war, war ihm das besonders peinlich.
Helene sah fasziniert auf die Bühne. Der Schlagzeuger war ein einziges, pinkfarbenes Knäuel, so sehr schüttelte er den Kopf im Rhythmus. Der Orgelspieler hing mit den Beinen an einem Ast und haute kopfüber in die Tasten. Der Ast wackelte. Der Vampir an der Bassgitarre war der Einzige, der ganz ruhig auf der Bühne stand. Er hatte einen großen Hut auf, eine große Sonnenbrille und große, spitze Schuhe an. Immer, wenn er eine Saite zupfte, schob er das Kinn kurz vor. Das war die einzige Bewegung. Es sah rattencool aus.
Neben dem Bassisten flog ein Vampirmädchen im Zickzack hin und her. Sie stand nie still. In den Händen hielt sie einen länglichen Holzkasten. Über seine Mitte waren vier Saiten gespannt, dicht daneben waren zwei Löcher, die die Form einer Fledermaus hatten.
Helene beugte sich nach unten zu Bogdan. »Was spielt denn das Mädchen für ein Instrument?«
»Einen Windheuler. Sie Saiten werden durch Luftbewegungen zum Klingen gebracht. Der Windheulerspieler muss sich deswegen immer bewegen«, erklärte Bogdan.
Helene beobachtete das Mädchen auf der Bühne. Sie stand wirklich nie still. Windheuler spielen musste sehr anstrengend sein.
Rechts vom Sänger flog ein Vampir in Rückenlage. Er hielt einen großen, unförmigen weißen Stock in den Händen und blies hinein. »Und was pustet der da?«, fragte Helene.
»Das ist Bato«, antwortete Daka, die gerade bei einer Drehung vorbeigeflogen kam. »Er spielt Knochpete. Und zwar absolut boibine.«
»Die Knochpete ist ein altes vampwanisches Blasinstrument. Sie wird aus Knochen gefertigt«, erklärte Bogdan.
»Und der da gerade das Looping macht, das ist Murdo. Der beste Sänger der Welt«, fügte Daka hinzu. Sie grinste kurz, dann drehte sie sich mit einem Satz um und hüpfte, warf den Kopf vor und zurück und sang lautstark mit: »RAPEDOSCH BOSCH MOI MOI MELO!« Das war der neueste Song von Krypton Krax.
Daka schloss einen Moment die Augen. Sie ließ die Musik durch ihren Körper strömen. Es prickelte wie eine zu heiße Dusche. Wie Sonnenlicht auf ihrer blassen Haut. Gefährlich gut.
Helene ließ sich von Dakas Begeisterung anstecken. Sie begann auf Bogdans Schultern zu hüpfen. Dabei riss sie die Arme in die Höhe, wackelte mit dem ganzen Oberkörper und schwenkte die langen blonden Haare im Kreis.
Bogdan schwenkte auch. Nach rechts. Nach links. Nach vorne. Und zurück. Er hatte Mühe, sich in der Luft zu halten. Sein Gesicht war nicht mehr blass. Es war lila vor Anstrengung.
Silvania musterte ihren Schlammkastenfreund aus den Augenwinkeln. Das Lila stand ihm gut, fand sie. Sie sah zu Helene. Sie seufzte. Noch ein Krypton Krax- Fan . Wie hatte es Daka geschafft, Helene so schnell anzustecken?
»Datiboi, Datiboi, Datiboi!«, rief Murdo in dem Moment mit seiner tollen tiefen, rauen Stimme ins Mikrofon.
Die Zuschauer kreischten.
Murdo nutzte die Pause und nahm einen Schluck aus seiner Trinkflasche. Ein Tropfen Blut rann ihm aus dem Mundwinkel. Er leckte ihn blitzschnell mit seiner langen, spitzen, bläulichen Zunge ab.
»HÄNGT IHR ALLE GUT AB?«, rief Murdo ins Mikro.
Die Menge grölte zustimmend.
»HABT IHR'S ALLE SCHÖN MUFFIG?«, rief Murdo.
Die Vampire stießen Freudenschreie aus.
»Wollt ihr es so FINSTER, dass sich eure ECKZÄHNE VERBIEGEN?«, fragte Murdo.
Die Zuschauer pfiffen und jubelten. Ja, das wollten sie.
»Jetzt wird's so modrig weich, dass eure Knochen zu Pudding werden«, versprach Murdo. »Ein Liebeslied.«
Durch die Zuhörermenge ging ein entzückter Aufschrei.
»Ein Duett«, fuhr Murdo fort. »Ich brauche eine Partnerin.« Er hob von der Bühne ab und ließ den Blick über das Publikum schweifen.
Fünf Vampirmädchen flogen sofort in Ohnmacht. Drei waren kurz davor. Eine fächerte sich mit der flachen Hand Luft zu. Eine andere starrte Murdo erwartungsvoll an.
Wie auf einem Trampolin hüpfte Daka unablässig in die Höhe. »ICH!«, rief sie. »Nimm MICH!« Beinahe hätte sie Murdo umgehüpft.
Doch er beachtete sie nicht. Zielstrebig flog er auf ein Mädchen zu. Es hatte lange blonde Haare. Es hatte strahlend blaue Augen. Es saß auf Bogdans Schultern.
Es waren nicht die Haare, die Murdo anzogen. Es waren auch nicht die Augen. Es war der Geruch. Murdo hielt Helene die Hand hin. Er forderte sie mit einer Kopfbewegung auf, mit ihm zur Bühne zu fliegen.
Helene starrte Murdo mit großen Augen an.
»Das geht nicht«, wandte Bogdan ein. »Sie kann nicht
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