Ferien mit Biss
Liebeslied gesungen hat.«
Daka drehte den Kopf weg.
»Und seit die beiden diesen wahnsinnig romantischen, aufregenden Flugtanz hingelegt haben«, fuhr Silvania fort.
Daka machte: »Pah!«
»Dakariaaa.« Silvania stippte ihre Schwester mit dem Zeigefinger in die Seite. »Bist du etwa eifersüchtig?« Silvanias Augen funkelten triumphierend. Ihre kleine Schwester. Nie wollte sie etwas von Liebe wissen. Immer machte sie sich über Silvania lustig. Liebe war bäh und albern und käsig. Doch jetzt hatte es sie erwischt. Oder?
»Spinnst du? Eifersüchtig?« Daka schüttelte vehement den Kopf. »T-o-t-a-l-e-r Gumox!«
»Ach. Und wieso bist du dann so unterirdisch mies drauf?«
»Ich bin nicht –" Daka seufzte. »Na schön. Dann bin ich eben mies drauf. Ein bisschen. Aber doch nur, weil Krypton Krax MEINE Lieblingsband ist. ICH kenne jede Liedzeile auswendig. ICH habe jeden Artikel über sie ausgeschnitten. ICH habe jeden Song auf meinem MP3-Spieler. ICH bin der größte Krypton Krax-Fan überhaupt. MICH hätte Murdo auf die Bühne holen sollen, nicht ...«
»Helene?«, rief Silvania.
Helene hüpfte von einem Ast auf die Bühne. »Redet ihr gerade von Murdo?«
Silvania hatte den Eindruck, Helenes Augen strahlten so blau wie noch nie.
»Es war sooooo cool mit ihm!«, fuhr Helene fort. »Wie er mich auf die Bühne geholt hat! Und wie ich dann mit ihm getanzt habe!«
»Sah total albern aus«, brummte Daka. »Menschen können nicht flugtanzen.«
Silvania warf ihrer Schwester einen strafenden Blick zu. Helene hatte Dakas Bemerkung offenbar sowieso nicht mitbekommen.
»Und dann im Backtree«, fuhr Helene fort, »hat er mir noch seinen allerneusten Song vorgesungen.«
»WAS?« Daka schüttelte fassungslos den Kopf.
»Hört sich richtig gut an«, fand Silvania. Sie liebte romantische Geschichten.
Daka fand, es hörte sich grausam an. Sie hielt sich kurzentschlossen die Ohren zu. Aber die Neugierde zwang sie dazu, die Finger immer wieder aus den Ohren zu ziehen.
»Und Murdo ...« Helene holte tief Luft. »Er ist so wunderbar unheimlich. Guckt mal, er hat mir zum Andenken sogar etwas auf den Arm gemalt.« Helene hielt ihren Freundinnen den rechten Arm hin.
Silvania beugte sich interessiert darüber. Daka schielte aus den Augenwinkeln auf den Arm.
»Ein Strichvampir!«, sagte Silvania.
Helene nickte. »Das soll Murdo sein. Damit ich ihn nicht vergesse, hat er gesagt.« Helene grinste ihren Freundinnen zu. »Als ob ich das noch könnte!«
Silvania lächelte zurück.
Daka sah Helene entgeistert an. Sie räusperte sich. »Tja, tolle Geschichte. Aber das war's dann wohl. Garantiert siehst du Murdo nie wieder.«
»Doch«, erwiderte Helene. »Na ja, vielleicht. Er hat versprochen, dass er sich bei mir meldet, solange ich noch in Bistrien bin.«
»HÄ? Das ist doch total bescheuert.« Daka verschränkte die Arme noch fester.
Helene sah sie erstaunt an. »Wieso?«
»Na, weil ... weil Murdo gar keine Zeit für so etwas hat. Er ist Sänger von Krypton Krax! Er muss sich um seine anderen Fans kümmern.«
Helene musterte Daka einen Moment. Was war ihr denn für eine Fledermaus über die Leber geflogen?
Silvania hakte sich links bei Daka und rechts bei Helene ein. »Wir werden ja sehen, ob Murdo sich meldet. Jetzt ist Nationalfeiernacht. Los, ich lad euch auf eine Blutzuckerwatte ein.«
Milchkuh
H elene konnte den ganzen Tag kaum schlafen. Die Nationalfeiernacht hatte zu viele Eindrücke hinterlassen. Und Murdo. Der Sänger von Krypton Krax. Sobald sie die Augen schloss, sah sie seine orangefarbenen Pupillen vor sich. Und dann begann sofort ein Feuer in ihr zu lodern. Ganz tief in ihrem Inneren.
Murdo war anders als alle Jungen in Helenes Klasse. Murdo war anders als alle Jungen, denen Helene jemals begegnet war. Vielleicht lag es daran, dass Murdo kein Junge war. Murdo war ein Vampir. Bei dem Gedanken daran rieselte ein wohliger Schauer über Helenes Rücken.
Beim Abendessen brachte Helene keinen Bissen herunter. Sie hatte das Gefühl, ihre Kehle wäre vor lauter Gefühlen verstopft.
Auch Daka aß kaum etwas. Doch das fiel nur Silvania auf. Noch nicht einmal Frau Tepes bemerkte es. Sie hätte übersinnliche Fähigkeiten benötigt, um es zu bemerken. Sie saß nicht mit dem Rest der Familie um den Abendbrottisch, sondern mit ihrem Mann im edlen Restaurant des Hotels ›Vier Fleischmahlzeiten‹. Mihai Tepes hatte seine Frau zum Dinmid eingeladen.
Das Dinmid war erst seit ein paar Jahren in Bistrien in Mode
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