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Ferien mit Biss

Ferien mit Biss

Titel: Ferien mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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gekommen. Amerikanische Vampire hatten es eingeführt. Es war eine Mischung aus Dinner und Mitternachtsessen. Es begann in der Abenddämmerung und konnte bis in die frühen Morgenstunden dauern. Je nachdem, wie ausdauernd man war und wie viel zu essen es gab. Mihai Tepes ging gerne aus. Er zeigte sich gerne. Vor allem mit seiner wunderschönen Frau. Außerdem genoss er es, mit seiner wunderschönen Frau einmal allein zu sein – so sehr er seine Töchter auch liebte. Mihai und Elvira Tepes hatten den Budnyk also bereits vor dem Abendessen verlassen.
    Nach dem Abendessen flog Tante Karpa mit Woiwo zu ihrer Schwester Slodka. Tante Karpa hatte einen schwarzen Strampler für sie gestrickt. Woiwo liebte Tante Slodka. Ultimo. Tante Slodka sabberte, pupste und schrie, wann es ihr passte. Sie fragte Woiwo nie, wie es in der Schule war. Oder was er werden wollte. Oder woher der Dreck unter seinen Fingernägeln kam. Woiwo fand es cool, eine Tante zu haben, die er unter den Arm klemmen konnte.
    Obwohl Slodka fünfzig Jahre früher als Karpa Tepes geboren wurde, war sie gerade mal elf Monate alt. Schon mit fünf Monaten hatte sich ihr Alterungsprozess verlangsamt. Mit elf Monaten war er ganz zum Stehen gekommen. Slodka würde immer elf Monate bleiben, ihr ganzes Vampirleben lang. Sie machte nicht den Eindruck, als hätte sie damit ein Problem.
    Bei Vampiren war es normal, dass sich der Alterungsprozess irgendwann verlangsamte. Doch meistens geschah das erst viel später, wenn die Vampire ausgewachsen und in der Lage waren, eigene Familien zu gründen.
    Karpa Tepes und der Rest der Familie fanden es hinreißend, immer ein Baby im Haus zu haben. Mindestens einmal die Woche besuchte Tante Karpa ihre Schwester. Meistens kam Woiwo freiwillig mit. So wie heute.
    Vlad Tepes jedoch hatte Verpflichtungen. Er war Kandidat des Blutigen Einheitsflügels. Er musste ins Rodnyk zur Sitzung. Nichts wurde ohne ihn beschlossen.
    So kam es, dass Helene, Silvania und Daka an diesem frühen Abend allein im Budnyk waren. Sie saßen um den Insektentisch im Wohnzimmer. Silvania las in einem dicken Buch. Daka hatte Kopfhörer auf und starrte auf ihre Zehenspitzen. Helene malte sich mit einem Kugelschreiber eine Spinne auf den linken Arm. Den rechten Arm hatte sie nicht gewaschen. Trotzdem war der Strichvampir etwas verblichen.
    Plötzlich schoss eine Fledermaus durch das Wohnzimmer. Sie ließ einen Brief auf den Tisch fallen, flog einen Halbkreis durchs Wohnzimmer und wieder zum Fenster hinaus. Silvania, Daka und Helene starrten der Fledermaus nach. Dann starrten sie auf den Brief.
    »Für Helene«, stand mit dicker schwarzer Schrift darauf.
    Helene sprang auf, schnappte sich den Brief, setzte sich im Schneidersitz zurück auf den Stuhl und faltete den Brief auseinander. Sie begann zu lesen. Ihre Hände zitterten. Ihre Nasenspitze war bläulichblass.
    »Ist er von Murdo?«, fragte Silvania.
    »Gumox!« Daka riss sich die Kopfhörer von den Ohren.
    Helene nickte Silvania zu.
    Daka stand mit einem Ruck auf, flog zur Abhängleine und hängte sich kopfüber daran. Sie verschränkte die Arme und die Füße. Hätte sie gekonnt, hätte sie auch die Ohren verschränkt.
    »Und, was schreibt er?« Silvania sah ihre Freundin erwartungsvoll an.
    »Dass ich eine zensatoi futzi Sängerin und Tänzerin bin.« Helenes Stimme zitterte vor Aufregung.
    Von der Abhängleine kam ein »Pfff«.
    »Und was noch?«, fragte Silvania.
    »Er will mich wiedersehen.«
    Das Abhängseil quietschte.
    »Das ist gut«, fand Silvania. Sie kannte sich in Liebesangelegenheiten aus. Zumindest in der Theorie. »Und wann?«
    »Noch heute Mitternacht.« Helene warf einen Blick auf die Uhr. »Also in weniger als zwei Stunden.« Helenes Ohren glühten. Sie würde Murdo sehen!
    Aus Richtung Abhängseil kam ein Knurren.
    »Schlägt er vor, wo ihr euch treffen sollt?« Silvania war beinahe so aufgeregt wie Helene.
    »Im Wald.«
    »Wie romantisch!« Silvania sah es sofort bildlich vor sich. Eine Waldlichtung. Der Mond über den Baumkronen. Die funkelnden Sterne. Der warme Atem in der Kühle der Nacht.
    Helene faltete den Brief zusammen und steckte ihn in die Hosentasche. Dann ließ sie sich auf dem Stuhl zurückfallen, legte eine Hand aufs Herz und stieß einen lauten Seufzer aus.
    »Rast es schon?« Silvania deutete auf Helenes Herz.
    Helene schüttelte den Kopf. »Es brodelt. Ganz tief hier drin.« Sie zeigte auf ihren Bauch.
    Silvania nickte wissend. »Das ist ein eindeutiges

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