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Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
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lächelte . . . der Verräter.
    »Meine Gnädige«, warf ich dazwischen, »Sie dürften über unser Ferienheim denn doch nicht genug informiert sein. Wir meinen es ernst.«
    »Ja, gerade, daß Sie es ernst meinen, ist ja das Gute«, erwiderte sie. »Ein Witz, der nicht ernst gemeint ist, ist gar kein Witz.«
    »Das ist eine sehr kluge Sentenz«, stimmte der verräterische Stefenson bei. Ich war empört. So ein Mann, der pfiffiger war als der Pfiffigste, blieb an der Leimrute eines blonden Zopfes sofort kleben. Als der Herrgott das Weib schuf, hat sich der Teufel sicher gefreut.
    Aber neben mir die kleine braune Anneliese gefiel mir doch sehr gut. Sie war freundlich, es lag viel Güte auf ihrem Gesicht, und es blinkerte auch in ihren großen Augen das schöne Lichtlein harmlosen Schalks. Während Stefenson und Eva Bunkert eine lärmende, von vielem Gelächter unterbrochene Unterhaltung führten, sprach ich leise mit Anneliese von ihrem und meinem Leben, und es kam ein stilles Behagen über mich in der schlichten Bauernstube.
    »Sie meinen es wohl gut mit diesem Ehepaare Barthel?« fragte ich.
    »Es sind ehrliche und auch ganz lustige Leute.«
    »Glauben Sie, daß es recht wäre, wenn wir sie für uns gewännen?«
    »Ich werde ihnen gut Zureden, daß sie Ihr Angebot annehmen. Es wird gewiß beide Teile nicht reuen.«
    »Ich danke Ihnen!«
    »Also, hören Sie, Herr Mister Barthel«, lachte unterdes Eva
    Bunkert; »wenn Sie das Angebot von Mister Stefenson abweisen wollten, wären Sie, mit Respekt gesagt, ein Riesenochse. So ein Glück schneit Ihnen nie wieder ins Haus.« Emil Barthel zuckte verlegen die Schultern.
    »Ich möcht’ ja; aber die Mutter sagt . . .«
    »Gar nischt sagt sie«, fuhr Frau Barthel dazwischen, »aber er - er hat die Herren, ehe die Fräuleins kamen, direkt rausschmeißen wollen.«
    Emil Barthel schwur, daß das nie in seiner Absicht gelegen habe, und es gab einen ehelichen Streit.
    Mitten in den Auseinandersetzungen erschien ein altes Weib. »Jees, jees«, jammerte es, »die Emma hat su viel Hitze und klagt immer mehr über a Hals.«
    Emma war die zwölfjährige Tochter Barthels. Ich erfuhr, daß das Kind über Halsschmerzen geklagt habe, und der Schäfer, ein heilkundiger Mann, Hoffmannstropfen, Heringslauge und Speckpflaster verordnet hatte. Die Hoffmannstropfen hatte Barthel heute aus der Stadt geholt.
    »Ich bitte Sie, sehen Sie mal nach dem Kinde«, bat mich Anneliese, »es sind bereits drei Diphtheriefälle im Dorfe vorgekommen, und einen Arzt haben wir hier nicht.«
    So ging ich mit ihr und den Barthelleuten nach einem Oberstüblein, wo das Kind in hohem Fieber lag.
    Diphtherie! Keine Zeit mehr zu verlieren. Ich gab ein paar vorläufige Verhaltungsmaßregeln und schrieb einige Worte an einen Kollegen im nächsten Orte, da ich ja die Behandlung nicht selbst übernehmen konnte. Ein Radler fuhr mit der Botschaft los. Das Mädel ist dann auch gerettet worden, und Barthel hat nachträglich drei Mark Strafe zahlen müssen, weil er dem Schäfer, der die Heringslauge und das Speckpflaster verordnete, einige Ohrfeigen als Honorar ausgezahlt hat.
    Als wir damals nach der Barthelschen Wohnstube zurückkehrten, fanden wir Stefenson und die schöne Eva in angeregtester Unterhaltung. Für das erkrankte Kind hatte sie einige bedauernde Worte, dann lachte sie wieder. Eva hatte mit Stefenson verabredet, daß sie mit Anneliese gleich nach der Eröffnung unserer Kuranstalt im Mai als Feriengast bei uns einziehen wollte. Annelieses vertretungsweise Schulmeisterei, sagte sie, gehe bloß bis ersten April, und daß sie selbst kein Engagement an einer Oper kriege, sei vorläufig sicher, also könnten sie beide kommen.
    »Und Ihr Vater?« fragte ich.
    »Ach, mein Vater darf natürlich davon nichts wissen, der ist ja wütend auf Sie. Dem schicke ich durch Mittelspersonen Briefe von irgendwoher, daß er meint, ich sei wer weiß wo. Und bei Ihnen werde ich die Grünzeugfrau Emilie Knautschke sein.«
    Ich beschloß, dieses Mädchen, das in die ernste Männerfreundschaft zwischen Stefenson und mir einen so lauten Lachton mischte und unsere große Idee zur Hanswurstiade herabstimmte, unschädlich zu machen.
    Wie ich das tun sollte, wußte ich nicht.
    Aber ich hatte Glück. Die Tür öffnete sich, und ein dünnes Sümmchen zirpte herein:
    »Pappa, wie lange bleibst du denn? Ich muß immerfort allein in dem dummen Gasthaus sitzen.«
    Luise war es, die wir im Wirtshaus zurückgelassen hatten. Stefenson sprang auf und

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