Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
sachlich.
»Ich werde mir also dabei zusehen können, wie ich mich in ein Wrack verwandle? Ich werde täglich Angst davor haben müssen, dass ein neuer – wie hast du das genannt, Schub? – kommt und ich etwas nicht mehr tun kann, was ich davor noch selbst erledigen konnte? Lisa wird mich langsam verfallen sehen und ich kann gar nichts dagegen tun!« Wütend schlug Lundquist mit der Faust auf den Tisch.
»Nein. So ist es ganz und gar nicht! Du bist dabei nicht zur Untätigkeit verurteilt. Du wirst verdammt nochmal entschlossen gegen eine Verschlechterung ankämpfen, und zwar durch gezieltes Training unter Anleitung eines Physiotherapeuten, und wir werden eine Interferontherapie bei dir durchführen. Damit bringen wir die Krankheit zum Stillstand. Du wirst sehen, wir erreichen eine Remission!«
»Mein Gott! Ich bin Mitte dreißig! Hat mich das Leben nicht schon genug gebeutelt?«
»Es ist heute möglich, eine Therapie so durchzuführen, dass du deinen normalen Lebensrhythmus weitestgehend beibehalten kannst. Wenn du dich etwas beruhigt hast, unterhalten wir uns darüber, wie wir diese Therapie bei dir durchführen werden«, fuhr Dr. Palm fort, ohne auf Lundquists Bemerkung einzugehen.
»Ich verstehe nicht, warum immer mir all diese schrecklichenDinge zustoßen müssen? Reicht es denn immer noch nicht?«, murmelte Lundquist verzweifelt.
Dr. Palm erhob sich und umrundete seinen Schreibtisch. Er stellte sich hinter Lundquist und legte seine Hände auf dessen Schultern. »Wenn es möglich wäre, hätte ich dir gewiss ein paar Päckchen abgenommen. Ich bedaure wirklich sehr, dass immer ich es bin, der dir schlechte Nachrichten überbringen muss. Schon damals war ich es, der zu euch fahren musste, um dir von Annas Unfall zu berichten. Und jetzt das! Es tut mir schrecklich Leid, Sven«, seufzte er, trat dann an das große Fenster, das den Blick in den gepflegten Garten freigab und schwieg.
Lundquist schlug die Hände vors Gesicht und stöhnte. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte zu lamentieren, zu schimpfen und sich selbst zu bedauern – auf der anderen Seite konnte er nur schwer damit umgehen, einer Situation hilflos ausgeliefert zu sein. Mühsam brachte er sich wieder unter Kontrolle. Als er aufstand und zu Dr. Palm ans Fenster trat, zitterten seine Hände noch immer und seine Stimme gehorchte ihm nicht. Er musste mehrfach ansetzen, dann fragte er: »Gut, also, wie geht es nun weiter?«
»Die Interferontherapie ist eine von mehreren Möglichkeiten die Multiple Sklerose zum Stillstand zu zwingen. Es ist nicht wirklich ein Medikament, weißt du?«
Als Lundquist verständnislos den Kopf schüttelte, fuhr er fort: »Es ist im Grunde ein körpereigener Wirkstoff, der ohnehin in unserem Organismus gegen Erkrankungen ankämpft, zum Beispiel gegen Infektionen. Man erhöht die Menge an Interferon in deinem Körper und so kann es die Multiple Sklerose aufhalten.«
»Wirst du die Therapie mit mir durchführen oder muss ich dazu in eine Klinik?« Er hörte, wie seine Stimme schwankte.
»Ich werde dir natürlich weiter zur Verfügung stehen. Als Arzt und als Freund. Ich habe dich durch dein gesamtes bisheriges Leben begleitet, da werde ich dich doch nicht gerade jetzt im Stich lassen.«
»Es wäre mir bestimmt angenehmer von dir behandelt zu werden, als von irgendeinem mir völlig unbekannten Arzt im Klinikum. Aber was für eine Art von Therapie ist das genau? Gehen mir davon auch alle Haare aus?«
»Nein. Da kann ich dich beruhigen. Haarausfall ist eine der Nebenwirkungen bei Chemotherapie und die brauchen wir bei dir nicht durchzuführen. Wir werden eine Interferontherapie ansetzen, das ist etwas ganz anderes. Du wirst dreimal in der Woche eine Spritze bekommen, besser noch, dir selbst geben. In der Klinik wird man deinen Zustand regelmäßig überprüfen. Du meldest dich dort in der Neurologie und der Arzt wird die genaue Dosis für dich berechnen. Er teilt mir seine Untersuchungsergebnisse mit, gibt eine Dosisempfehlung und ich behandle dich weiter. Am besten ist, du lernst, dir die Injektion selbst zu setzen, dann bist du unabhängig. Man spritzt nur subkutan, das heißt direkt unter die Haut. In der Regel ist es nicht schmerzhaft. Du kannst natürlich auch gerne in die Praxis kommen und Doris gibt dir die Spritze. Ganz wie du willst.«
»Nebenwirkungen? Hat es keine?«, wollte Lundquist mit zitternder Stimme wissen.
»Doch. Es kann sein, dass dir übel und schwindlig wird. Manche Patienten klagen über Symptome
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