Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
wie bei einer starken Grippe, also Gliederschmerzen, Temperaturen und so weiter. Gegen das Fieber bekommst du Paracetamol, gegendie Übelkeit gibt es ebenfalls sehr wirksame Medikamente. Und die Beschwerden halten nicht lange an. Meist spritzt man das Beta-Interferon abends, dann sind die Nebenwirkungen bei vielen Patienten am nächsten Morgen schon überstanden. Nun sei nicht so deprimiert! Wir kriegen sie in Remission, du wirst schon sehen!«, versuchte Dr. Palm seinen Patienten zu beruhigen.
»Und wie lange muss ich dieses Interferon denn spritzen? Bis die Krankheit zum Stillstand kommt, oder länger?«
»Das wird vom Verlauf abhängen, genau wie die Dosis. Mach dich auf eine langfristige Therapie gefasst.«
»Aber ich kann doch während der Therapie arbeiten gehen, oder?«
»Ja. Ich sehe eigentlich keinen Grund, warum das nicht möglich sein sollte. Es hängt natürlich schon davon ab, wie stark bei dir Nebenwirkungen auftreten und wie du dich insgesamt fühlst. Du musst nicht grundsätzlich zu Hause bleiben.«
»Und wenn der nächste Schub kommt«, begann Lundquist zögernd und mit unsicherer Stimme, »was wird sich dann verschlechtern? Werde ich zuerst blind?«
»Das kann ich dir nicht mit Sicherheit sagen, aber üblicherweise wird zuerst der Gang schlechter, schwerfälliger. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass du gleich einen Rollstuhl brauchst. Für morgen habe ich einen Termin für dich bei Prof. Baum in der Neurologie vereinbart, es steht alles hier auf dem Zettel.« Dr. Palm schob ihm ein kleines grünes Blatt zu, auf dem er den Namen des Arztes, die Abteilung im Klinikum und die Uhrzeit, 17.45 Uhr, handschriftlich notiert hatte.
Zögernd griff Lundquist danach und drehte den Zettel nachdenklich zwischen den Fingern umher.
»Was wird er mit mir machen?«, wollte er dann wissen.
»Er untersucht dich, testet die Nervenfunktion und versucht festzustellen, wie stark einzelne Bereiche geschädigt wurden und welche Auswirkungen das für die Impulsweiterleitung hat. Danach legt er die Interferondosis für dich fest. Wir beginnen sofort mit der Behandlung!«
Dr. Palm seufzte, als er seinen Freund betrachtete, der mit geschlossenen Augen auf dem Stuhl neben dem Schreibtisch saß. Es stimmte schon, dachte er, Sven Lundquist hatte in letzter Zeit nicht gerade viel Glück gehabt. Vor gerade einem Jahr hatte Dr. Palm ihm in einer stürmischen Nacht mitteilen müssen, dass seine Frau Anna bei einem Verkehrsunfall getötet worden war. Ein Lastwagen hatte die Vorfahrt missachtet und war über ihren Kleinwagen einfach hinweggerollt. Sie starb noch an der Unfallstelle. Kaum begann er sich von diesem Schock zu erholen, kam der Nächste. Kein Wunder, dass sein Freund sein Schicksal als ungerecht empfand.
Deprimiert fuhr Lundquist durch den Regen nach Hause. Dr. Palm hatte versucht ihm Mut zu machen und ihm die Adresse einer Selbsthilfegruppe in Göteborg gegeben, an die er sich wenden konnte. Er seufzte. Wie sollte er das Lisa erklären? Wenn die Krankheit sich weiter ausbreitete, würde seine Mutter immer mehr Raum in seinem Leben beanspruchen, und er müsste sich immer weiter in Abhängigkeit von ihr begeben. Er schüttelte sich bei dem Gedanken. Blieb nur zu hoffen, dass Dr. Palm die Erkrankung tatsächlich in Remission bringen konnte!
Das unangenehm disharmonische Klingelgeräusch seines Mobiltelefons riss ihn aus seinen trübsinnigen Überlegungen.
»Lundquist«, meldete er sich.
»Hi, hi, Lars hier. Na, hat der Arzt ein Zaubermittel gegen deine Kopfschmerzen gehabt?«
»Hi, nein, leider nicht. Habt ihr schon was über die Patterssons?« Er bemühte sich konzentriert um einen lockeren Tonfall.
»Ja. Und stell dir vor, die Frau hat Recht gehabt. Alle Verwandten erfreuen sich offenbar bester Gesundheit. Unsere italienischen Kollegen können ihre Familie im Moment nicht finden. Die Albertinis sind auf Europarundreise und werden erst in vierzehn Tagen zurückerwartet. Die Verwandten wissen nicht, wo sie sich zurzeit genau aufhalten, sie melden sich nur hin und wieder telefonisch, um zu verkünden, dass es ihnen gut geht.«
»Kein Handy?«
»Nein. Sie wollten im Urlaub ihre Ruhe haben. Deshalb haben sie ihr Handy gar nicht erst mitgenommen.«
»Verständlich. Dann müssen wir eben warten, bis sie wieder zu Hause sind oder sie ihren Standort durchgeben«, seufzte Lundquist.
»Die Kollegen aus Deutschland haben auch schon ein erstes Ergebnis gefaxt. Eine Familie Neumann aus Cuxhaven hat in Hilmarströms
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