Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
prüfenden Blick hinein. Perfekt!
Während er mit der linken Hand einige der Decken ausräumte, hielt er mit der anderen den erkaltenden Körper umklammert, wobei er ständig darum bemüht war, nicht zu viel Druck mit den Fingern auszuüben, um keine Marken zu hinterlassen. Dass seine Fingerabdrücke vielleicht später an ihrem Körper gefunden werden würden, wäre ohnehin zu erwarten. Schließlich pflegte er seine Mutter schon ewig. Ewig!
Er ließ das Wort in seinem Inneren nachhallen.
E-W-I-G!
Doch nun war es damit auf ewig vorbei!
E-W-I-G!
Das klang ausgesprochen gut, fand er und seine Stimmung hellte sich zusehends auf.
Er zog die Unterlage glatt und ließ den Leichnam vorsichtig hineingleiten. Bevor er möglichst fusselarme Tücher auswählte, um sie damit abzudecken, warf er ihr einen letzten hasserfüllten Blick zu.
Nach getaner Arbeit schloss er zufrieden den Deckel.
Liebevoll fuhr er mit dem Finger über die kunstvollen Intarsien.
»Fast wie ein edler Sarg. Ich hoffe, du weißt das zu schätzen! Und das lass dir gesagt sein, dies hier ist überhaupt eine äußerst kostspielige Unterkunft. Du weißt ja selbst, wie viel Gunnar als Miete dafür einstreicht!«, er lachte höhnisch auf. »Nicht, dass wir uns das nicht auch mal hätten leisten können, in so einem Haus Urlaub zu machen. Überhaupt mal Urlaub zu machen. Aber du hast ja immer das Geld »zusammenhalten« müssen. Gerade so, als ob wir Hungerzeiten ins Auge blicken würden! Allen Spaß hast du aus meinem Leben verbannt! Du hattest den Tod schon viel früher verdient!«
So vorsichtig wie er eingedrungen war, verließ er das Haus auch wieder. Er war sicher, dass niemand merken würde, dass ein Unbefugter das Ferienhäuschen betreten hatte. Typisch für Gunnar, dachte er grinsend, irgendein Fenster oder eine Tür übersah der alte Schussel immer!
Als er sich noch einmal umdrehte und einen letzten Blick über die Schulter warf, konnte er seine ausgelassene Stimmung nur noch mit Mühe verbergen. Auf dem Rückweg zu seinem Haus summte er sogar leise vor sich hin.
Das Telefon neben seinem Bett schrillte laut und gebieterisch.
Für einen kurzen Moment hatte Sven Lundquist Schwierigkeiten sich zu orientieren, dann hob er hastig ab und meldete sich. Am anderen Ende der Leitung begrüßte ihn die freundliche Stimme des Weckautomaten, die ihm einen guten Morgen wünschte und ihn daran erinnerte, dass er um 7 Uhr geweckt werden wollte. Lundquist bedankte sich artig und amüsierte sich über sich selbst. Wie viele der anderen Gäste mochten wohl wie er freundlich dem Automaten antworten? Ein besonderer Gag wäre ja, wenn der Programmierer die Reaktion der Gäste schon berücksichtigt und eine entsprechende Antwort eingegeben hätte. Das würde die Geweckten gehörig verblüffen!
Schwer ließ er sich auf sein Kissen zurückfallen. Schade, dass er nur zum Arbeiten nach Deutschland gekommen war. Und dann auch noch wegen eines solch unübersichtlichen Falles!
Er schüttelte sich.
Kurze Zeit später trieb ihn der Gedanke an den Termin mit den deutschen Kollegen aus dem Bett. Er lauschte in sich hinein und stellte fest, dass Übelkeit und Gliederschmerzen weitgehend verschwunden waren. So müsste er sich wenigstens nicht den ganzen Tag Duelle mit seinem widerspenstigen Magen liefern.
Das Gesicht, auf das er im Spiegel traf, war ungesund bleich, durchscheinend, hohläugig und sah unausgeschlafen aus.
Er sah schnell wieder weg.
Den Anblick würden die anderen ertragen müssen, nicht er.
Kaum hatte er seine Schuhe angezogen und war drauf und dran den Raum zu verlassen, klingelte das Telefon erneut.
»Hi, Guten Morgen. Hier ist Britta«, meldete sich eine noch leicht angekratzte Stimme.
»Hi, auch guten Morgen! Ist was passiert?«
»Noch nicht, aber das kommt schon noch! Ich nehme nicht an, dass du schwedische Zeitungen bekommen kannst, oder?«, fragte sie.
»Keine Ahnung. Ehrlich gesagt habe ich es gar nicht erst probiert. Zu müde. Haben wir wieder mal eine schlechte Presse?«, fragte er in scherzhaftem Ton zurück.
»Schlechte Presse! So kann man das auch nennen. Dr. Kramp wütet durchs ganze Haus. Schwört, unsere ganze Abteilung aufzulösen und den ein oder anderen bei lebendigem Leib über dem offenen Feuer zu rösten. Dabei, glauben wir, hat er speziell an dich gedacht!«, berichtete Britta weiter, doch Lundquist war der ernsthafte Unterton nicht entgangen.
Die Situation war offensichtlich deutlich eskaliert.
»Na, dann muss es ja wirklich
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