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Fern wie Sommerwind

Fern wie Sommerwind

Titel: Fern wie Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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Casting-Shows debattieren.
    Du an meiner Stelle machst also echt viele Überstunden, weil du erstens das Geld gut gebrauchen kannst und zweitens die Touristen nicht gehen, obwohl auf dem Schild doch Geöffnet bis 21 Uhr steht. Und dann, später, wenn der Touristenstrom abreißt, wenn nicht mehr so viel zu tun ist und du endlich Zeit findest, an den Strand runter zu gehen, dann ist da nix mehr los. Keine schönen Miezen im Bikini, nur noch die Hartgesottenen, die sich abhärten für den Winter, die Kurgäste, solche mit Krampfadern an den Beinen, wenn du verstehst, was ich meine. Ich an deiner Stelle würde also den Mund nicht ganz so voll nehmen, weil du einfach mal keine Ahnung hast!« Dario beendet seine Ansprache und drückt frustriert seine Zigarette im Ascher aus.
    »Oh Mann, das ist echt kacke.« Rocco tätschelt ihm die Schulter.
    »So sieht’s mal aus, Collega!« Dario beugt sich vor und sammelt unser Besteck zusammen.
    »Ich verstehe.« Rocco überlegt ganz krampfhaft, was er darauf noch sagen kann, aber Dario springt schon auf, beendet seine Pause, klopft auf den Tisch und eilt in seine kleine Bude zu dem Pizzaofen.
    »Mann. Wer hätte das gedacht.« Rocco kommt immer noch nicht drüber hinweg.
    »Lass gut sein«, beruhigt ihn Martin, aber die Stimmung bleibt gedrückt.
    Ruth und ich lösen zusammen noch ein Kreuzworträtsel, mehr kann man vom Abend nicht erwarten. Zwei Mal schiele ich noch zu Martin rüber, aber das Zeitlupenlächeln lässt sich nicht mehr zurückholen. Vielleicht war das alles nur Einbildung. Zeitlupe gibt’s ja nur in Filmen.
    »Hey, hört zu, wollen wir nicht morgen alle unsere Ware tauschen?«, schlägt Ruth vor und kritzelt schon unsere Namen auf die Rätselseite.
    »Wozu?«, fragt James wieder mit diesem vorwurfsvollen Ton, ohne von seinem Handy aufzublicken.
    »Na einfach so. Ich würde gern mal sehen, wie es sich anfühlt, Popcorn zu verkaufen.«
    »Oh Mann.« Jetzt sieht er doch mal hoch und präsentiert Ruth ein verständnisloses Gesicht.
    »Sei kein Spielverderber!« Ruth lächelt ihr süßestes Lächeln.
    »Kannst mein Popcorn haben, wenn ich Noras Drachen bekomme«, steigt Martin auf die Idee ein.
    Ich zucke mit den Schultern. »Warum nicht.«
    »Dann kriegt sie mein Eis und ich deinen Kaffee«, sagt Rocco zu Ruth und überlegt, ob das so aufgeht.
    »Und ich?«, protestiert James plötzlich.
    »Du behältst dein Popcorn. Das ist so, wenn man Spielverderber ist.« Ruth triumphiert.
    James winkt schließlich nur ab, irgendwie sind ihm unsere Spielchen zu blöd. Eigentlich komisch, dass er trotzdem mit uns abhängen mag. Ich habe ihn ja langsam im Verdacht, dass er hier nur eine Rolle spielt, eine von solchen, die ich gestern in den Müll geschmissen habe. Hinter seinem Handy wähnt er sich in Sicherheit, aber irgendwie müssen wir den auch noch knacken.
    Um Punkt 21 Uhr springt Rocco vom Stuhl auf und beginnt, alle Gäste höflich darauf aufmerksam zu machen, dass der Laden jetzt schließt und dass sie schön nach Hause gehen mögen oder zum Sonnenuntergang an den Strand, aber dass sie doch mal zusehen sollen, den armen Mann hinter der Theke seinen wohlverdienten Feierabend machen zu lassen. Etwas überrumpelt verlassen die Gäste das Lokal. Einige kauen noch. Dario traut seinen Augen nicht. Rocco rennt von Tisch zu Tisch und stapelt die Teller aufeinander, legt sie vorsichtig in den Geschirrwagen.
    »Nichts zu danken Kumpel!«, ruft Rocco lässig zu Dario hinüber und tippt sich an den Kopf.
    »Mann, ist das peinlich«, grinst Ruth, und James rollt zur Bestätigung mit den Augen.
    »Aber auch echt schrecklich süß«, finde ich.
    Wir verlassen das Lokal und schlendern noch eine Weile umher. Schlendern ist hier sowieso die Hauptbeschäftigung von allen.
    Schlender hier, schlender dort, kein Ziel, höchstens mal die Softeisbude, schlender weiter, schleck das Eis, schüttle Sand aus den Sandalen. Atme tief ein und wieder aus, lausche den Wellen, hebe kleine Bernsteinchen vom Strand auf, damit sie in der Hand glitzern, klettere auf den Bademeisterturm und lass dir dort die Haare vom Wind verwehen! Füttere die Möwen im Flug mit Brotkrumen, spiele in den Dünen Verstecken, setz dir Strohhüte auf den Kopf, lass die Brause auf deiner Zunge prickeln.
    Tagein, tagaus!
    Aber wir müssen arbeiten am nächsten Tag. Wie besprochen tauschen wir unsere Waren und James mault wieder etwas von »Arschkarte«.
    Ich trage jetzt die Eistruhe und fluche innerlich, warum ich mich auf diesen

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