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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sie weich auf seine Schultern und rahmten sein markantes Gesicht ein. Er erinnerte mich an einen grimmigen Renaissance-Engel.
    »War es der Erzengel Michael, der Adam und Eva aus dem Garten Eden vertrieb?« fragte ich, während ich seine Strümpfe herunterzog.
    Er lachte leise. »Komme ich dir so vor - wie ein Tugendwächter? Und Fergus ist die böse Schlange?« Er zog mich hoch. »Steh
auf Sassenach, du sollst nicht auf den Knien liegen und mich bedienen.«
    »Du hast heute einiges durchgemacht«, erwiderte ich. »Auch wenn du niemanden hast töten müssen.« Auf seinen Händen waren große Brandblasen, und auf seiner Wange sah man immer noch Rußspuren.
    »Mhm.« Ich wollte seinen Hosenbund öffnen, doch er hielt meine Hände fest und legte seine Wange auf meinen Scheitel.
    »Ich war nicht ganz ehrlich zu dem Jungen, weißt du.«
    »Nicht? Ich fand, daß du wunderbar mit ihm umgegangen bist. Nach dem Gespräch ging es ihm zumindest besser.«
    »Aye, das hoffe ich. Und vielleicht hilft ja das Beten - wenigstens kann es nicht schaden. Aber ich habe ihm nicht alles gesagt.«
    »Was gibt es denn noch zu sagen?« Ich küßte ihn sanft auf die Lippen. Er roch nach Rauch und Schweiß.
    »Was ein Mann noch öfter tut, wenn ihm nach dem Töten das Herz schwer ist - er geht zu einer Frau, Sassenach«, antwortete er leise. »Zu seiner eigenen, wenn er kann, zu einer anderen, wenn es sein muß. Denn sie kann ihn heilen.«
    Ich fingerte an den Schnüren herum, die seinen Hosenschlitz zusammenhielten, bis sie mit einem Ruck nachgaben.
    »Hast du ihn deshalb mit der zweiten Mary gehen lassen?«
    Er zuckte die Achseln und zog die Hose aus. »Ich konnte ihn nicht aufhalten. Ich glaube, es war vielleicht doch richtig, so jung er auch ist.« Er lächelte mich schief an. »Wenigstens wird er sich heute nacht nicht um diesen Seemann grämen.«
    »Das glaube ich auch. Und wie steht’s mit dir?« Ich zog mein Hemd über den Kopf.
    »Ich?« Er starrte mich mit hochgezogenen Brauen an.
    Ich blickte an ihm vorbei auf das Bett.
    »Ja. Du hast zwar niemanden getötet, aber willst du… mmmpf?« Ich sah ihn fragend an.
    Er lächelte, und jede Ähnlichkeit mit Michael, dem strengen Tugendwächter, war dahin.
    »Ich denke schon«, sagte er. »Aber du gehst sanft mit mir um, aye?«

29
    Das letzte Opfer von Culloden
    Am nächsten Morgen zogen Jamie und Ian los zur Beichte, und auch ich machte mich auf. Zunächst kaufte ich bei einem Händler an der Straße einen großen Weidenkorb. Es war an der Zeit, daß ich mich wieder mit einem Vorrat von Arzneien eindeckte. Nach den Ereignissen des vergangenen Tages befürchtete ich, daß ich sie schon bald benötigen würde.
    Haughs Apotheke hatte die englische Besatzung, den schottischen Aufstand und den Fall der Stuarts gänzlich unbeschadet überstanden, und mein Herz klopfte vor Freude, als ich durch die Tür trat und den vertrauten Duft nach Hirschhornsalz und Pfefferminze, Mandelöl und Anis einsog.
    Der Mann hinter der Ladentheke war offenbar der Sohn des Mannes, mit dem ich einst zu tun gehabt hatte. Vor zwanzig Jahren war ich Stammkundin in diesem Geschäft gewesen und hatte mich hier mit Heilmitteln und hin und wieder auch mit interessanten militärischen Nachrichten versorgt.
    Der junge Haugh kannte mich natürlich nicht, aber er machte sich gewissenhaft an die Arbeit und durchforstete die säuberlich aufgereihten Gefäße auf seinen Regalen nach den Kräutern, die ich wollte. Viele waren allgemein gebräuchlich, aber einige Namen auf meiner Liste brachten den jungen Mann in Verlegenheit.
    In dem Geschäft befand sich noch ein weiterer Kunde, der ungeduldig vor dem Ladentisch auf und ab schritt, an dem auf Bestellung Stärkungsmittel zubereitet und Präparate zermahlen wurden. Nach einer Weile trat er an die Theke.
    »Wie lange noch?« schnauzte er Mr. Haughs Rücken an.
    »Das kann ich nicht sagen, Reverend«, entschuldigte sich der Apotheker. »Louisa sagt, es müßte gekocht werden.«

    Der Kunde, hochgewachsen, schmal und ganz in Schwarz gekleidet, schnaubte nur verächtlich und nahm seine Wanderung wieder auf. Der Mann kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, wo ich ihn schon einmal gesehen hatte.
    Mr. Haugh beäugte zweifelnd die Liste, die ich ihm gegeben hatte. »Eisenhut«, murmelte er. »Eisenhut. Was mag das wohl sein?«
    »Zum einen ist es ein Gift«, erklärte ich. Mr. Haugh starrte mich mit offenem Munde an.
    »Es ist aber auch ein

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