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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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tiefen Falten um Mund und Augen und die dunklen Ringe unter seinen Augen leicht zu erklären.
    Ich trommelte mit dem Finger auf den Ladentisch und überlegte. »Ich weiß es nicht. Dazu müßte ich die Patientin sehen.«
    Der Geistliche fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Vielleicht… wären Sie bereit, sie zu besuchen? Es ist nicht weit«, fügte er recht steif hinzu. Eine Bitte auszusprechen fiel ihm nicht leicht, aber die Dringlichkeit seines Anliegens blieb mir trotz seiner steifen Haltung nicht verborgen.
    »Im Augenblick geht es nicht«, beschied ich ihm. »Ich muß meinen Mann treffen. Aber vielleicht heute nachmittag…«
    »Zwei Uhr«, erwiderte er prompt. »Henderson’s, in der Carrubber’s Close. Campbell ist mein Name, Reverend Archibald Campbell.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, wurde der Vorhang zwischen Laden und Hinterzimmer beiseite geschoben. Mr. Haugh erschien mit zwei Fläschchen in der Hand und reichte jedem von uns eins.
    Der Reverend beäugte das seine mißtrauisch, während er in seiner Tasche nach einer Münze suchte.
    »Gut, hier ist Ihr Geld«, sagte er unhöflich und warf es auf die Theke. »Wollen wir hoffen, daß Sie mir das Richtige gegeben haben, nicht das Gift der Dame.«
    Wieder raschelte der Vorhang, und eine Frau sah dem Geistlichen nach, der gerade durch die Tür schritt.
    »Du meine Güte«, bemerkte sie. »Einen halben Penny für eine Stunde Arbeit, und dann noch unverschämt werden! Der Herrgott hätte sich einen Besseren aussuchen können, mehr fällt mir zu so etwas nicht mehr ein!«

    »Kennen Sie ihn?« fragte ich. Vielleicht wußte sie ja Näheres über die leidende Frau.
    »Ich will nicht behaupten, daß ich ihn gut kenne.« Louisa starrte mich mit unverhohlener Neugier an. »Es ist ein Geistlicher der Freikirche, steht immer an der Ecke bei Market Cross und schwadroniert, erzählt den Leuten, daß es ganz gleich ist, wie sie sich aufführen, für ihr Seelenheil brauchen sie nur mit Jesus zu ringen - als wäre unser Herrgott ein Ringkämpfer!« Sie schnaubte verächtlich und bekreuzigte sich.
    »Aber vielleicht gehören Sie ja auch zur Freikirche, Madam, ich wollte Sie natürlich nicht beleidigen, wenn es so ist.«
    »Nein, ich bin auch Katholikin, äh, Papistin«, versicherte ich ihr. »Ich habe mich nur gefragt, ob Sie etwas über die Frau des Reverend und ihr Leiden wissen.«
    Louisa schüttelte den Kopf und wandte sich einem neuen Kunden zu.
    »Nein, ich habe die Dame noch nie gesehen. Aber ganz gleich, was sie plagt«, fügte sie stirnrunzelnd hinzu, »ich bin sicher, daß das Zusammenleben mit ihm es nicht besser macht.«
     
    Das Wetter war frostig, aber klar, und im Pfarreigarten erinnerte nur noch ein leichter Rauchgeruch an das Feuer. Jamie und ich saßen auf einer Bank an der Mauer, genossen die milde Wintersonne und warteten darauf, daß Ian seine Beichte beendete.
    »Hast du Ian den Unsinn erzählt, den er gestern seinem Sohn aufgetischt hat? Ich meine, wo ich angeblich die ganze Zeit gewesen bin?«
    »Aye«, sagte er. »Ian ist viel zu schlau, um mir die Geschichte abzunehmen, aber sie klingt plausibel, und als guter Freund besteht er nicht auf der Wahrheit.«
    »Vermutlich werden sich die meisten damit zufriedengeben«, stimmte ich zu. »Aber hättest du das nicht auch Sir Percival erzählen sollen, statt ihn glauben zu lassen, wir wären frisch verheiratet?«
    Er schüttelte entschieden den Kopf. »Ach nein. Zum einen hat Sir Percival keine Ahnung, wie ich wirklich heiße, obwohl er bestimmt weiß, daß Malcolm nicht mein wahrer Name ist. Aber ich will vermeiden, daß er mich mit Culloden in Verbindung bringt.
Und zum anderen würde die Geschichte, die ich Ian erzählt habe, viel mehr Gerede verursachen, als die Neuigkeit, daß der Drucker geheiratet hat.«
    »Die hohe Kunst des Lügens beherrschst du jedenfalls besser als ich.«
    Seine Mundwinkel zuckten.
    »Mit etwas Übung wirst du auch noch Fortschritte machen, Sassenach«, sagte er. »Wenn du es eine Zeitlang mit mir ausgehalten hast, spinnst du genauso leicht Seide aus deinem Arsch wie Sch-, ähm, wie Küß-die-Hand.«
    Ich lachte schallend.
    »Da möchte ich dir mal zuschauen«, sagte ich.
    »Das hast du doch schon.« Er stand auf und versuchte, über die Mauer hinweg in den Pfarreigarten zu schauen.
    »Jung Ian braucht ganz schön lange«, bemerkte er und setzte sich wieder. »Wie kann ein fünfzehnjähriger Junge so viel zu beichten haben?«
    »Nach dem Tag und der Nacht, die er

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