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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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dem Wasserkessel, tauchte seinen Dolch in das kochende Wasser und schwenkte ihn darin herum, bevor er ihn trockenwischte.
    »Warum machst du das, Jamie?« Jenny starrte ihn an. Einige Strähnen hatten sich aus ihrem Haarband gelöst, und es versetzte ihm einen Stich, als er in dem Dunkelbraun vereinzelte silberne Haare schimmern sah.
    »Ach«, sagte er mit übertriebener Gleichgültigkeit, »das hat Claire mir beigebracht. Sie hat gesagt, man soll ein Messer mit kochendem Wasser abwaschen, bevor man Fleisch damit schneidet.«
    Jennys fragenden Blick spürte er mehr, als daß er ihn sah. Sie hatten nur ein einziges Mal von Claire gesprochen, damals, als er halbtot und fast bewußtlos aus Culloden zurückgebracht worden war.
    »Sie ist fort«, hatte er erklärt und den Kopf abgewandt. »Erwähne ihren Namen nie wieder.« Jenny hatte seinen Wunsch befolgt. Auch er hatte Claires Namen nie wieder in den Mund genommen. Warum er es heute tat, wußte er nicht, aber vielleicht lag es an seinen Träumen.
    Sie kamen oft, immer in anderer Form, und stets ließen sie ihn mit dem beunruhigenden Gefühl zurück, Claire sei ihm so nahe gewesen,
daß er sie hätte berühren können, bevor sie entschwand. Manchmal war er beim Aufwachen überzeugt, daß ihr Geruch an ihm haftete, moschusartig und kräftig, gewürzt mit dem scharfen, frischen Duft nach Blättern und Kräutern. Und mehr als einmal hatte er in den Träumen seinen Samen vergossen, was ihn leicht beunruhigte. Um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, wies Jamie auf Jennys Bauch.
    »Wann ist es denn soweit?« fragte er. »Du siehst aus wie einer von diesen Pilzen, die man nur ansticht, und puff, ist die Luft raus.«
    »Ach ja? Wenn es mit einem Puff doch nur getan wäre!« Sie bog den Rücken durch, so daß sich ihr Bauch beängstigend vorwölbte, und rieb sich das Kreuz. Jamie trat zurück an die Wand, um ihr Platz zu machen. »Was deine Frage betrifft, es kann jederzeit losgehen. Genau weiß ich es nicht.« Sie nahm einen Becher und maß aus einem besorgniserregend leeren Sack Mehl ab.
    »Schicke jemanden zur Höhle, wenn du Wehen hast«, sagte er plötzlich. »Ich komme, ganz gleich, was mit den Rotröcken ist.«
    Jenny hielt inne und starrte ihn an.
    »Du? Warum denn?«
    »Na, weil Ian nicht da ist.« Er nahm eins der gehäuteten Kaninchen und schnitt geübt einen Schenkel ab. Dann löste er das Fleisch vom Knochen.
    »Der wäre mir auch keine große Hilfe«, entgegnete Jenny. »Seinen Teil hat er vor neun Monaten erledigt.« Sie zog die Nase kraus und griff nach der Butterdose.
    »Mmmpf.« Zum Weiterarbeiten ließ er sich auf einen Schemel sinken, so daß er ihren Bauch in Augenhöhe vor sich hatte. Als ihre Schürze verrutschte, sah er, daß das Baby in ihrem Leib strampelte. Er konnte nicht anders, er mußte die Hand ausstrecken und Jenny sanft über den Bauch streichen.
    »Schick Fergus zu mir, wenn deine Zeit gekommen ist«, wiederholte er.
    Jenny sah ihn entnervt an und schob seine Hand mit dem Löffel fort. »Hab’ ich dir nicht gerade eben gesagt, daß ich dich nicht brauchen kann? Um Himmels willen, ich habe schließlich schon Sorgen genug - das Haus voller Leute, für die das Essen nicht reicht, Ian im Gefängnis und überall Rotröcke, die mir in die Fenster
spähen, kaum daß ich mich umdrehe. Soll ich auch noch Angst haben, daß man dir auf die Spur kommt?«
    »Um mich brauchst du dich nicht zu sorgen. Ich passe schon auf mich auf.« Bei diesen Worten richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf das Vorderbein, das er gerade bearbeitete.
    »Dann sieh dich vor und bleib in den Bergen.« Sie blickte ihn über den Rand der Schüssel hinweg an. »Ich habe schon sechs Kinder geboren. Meinst du nicht, ich weiß allmählich, wie das geht?«
    »Du mußt aber auch immer das letzte Wort haben, was?«
    »Genau«, entgegnete sie. »Also, du bleibst in der Höhle!«
    »Ich komme!«
    Jenny kniff die Augen zusammen und fixierte ihn streng. »Du bist wirklich der größte Dickkopf zwischen Lallybroch und Aberdeen!«
    Ein breites Lächeln zog über Jamies Gesicht.
    »Vielleicht«, erwiderte er. Dann strich er ihr über den runden Bauch. »Vielleicht aber auch nicht. Ich komme. Schick Fergus, wenn es soweit ist.«
     
    Drei Tage später, gegen Morgengrauen, stolperte Fergus keuchend den Abhang zur Höhle hoch. Da er in der Dunkelheit den Pfad verfehlt hatte, machte er so viel Lärm, daß Jamie ihn kommen hörte, lange bevor er den Eingang erreicht hatte.
    »Mylord…«,

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