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Ferne Verwandte

Ferne Verwandte

Titel: Ferne Verwandte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaetano Cappelli
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seines Lebens die Wunden. Abgesehen davon, dass es unter den Italienern ganz schön viele Mafiosi gibt und die Mafia für die Hochfinanz eine wahre Pest ist - also Achtung, mit wem du verkehrst! Ich habe Jahre gebraucht, um mir jeden Verdacht vom Hals zu schaffen, und ich dulde keinen falschen Schritt, ist das klar?«
    »Ja, Zio Richard, zumal du ja weißt, dass es in unserer Gegend gar keine Mafia gibt.«
    »Natürlich, natürlich, aber trotzdem Vorsicht … Außerdem ist der Blick in die Vergangenheit reine Energieverschwendung. Worauf es ankommt, ist, Geld zu verdienen. Daher halt alles von dir fern, was dich an dieses verdammte Land erinnert: Heimweh ist ein Räuber, der dich überfällt, sobald du ihm die Gelegenheit dazu bietest. Wenn du Musik hören willst, hör Jazz, wenn du Sport treiben willst, spiel Golf, wenn du dir einen Kompagnon suchen musst, nimm einen Amerikaner, wenn du heiraten willst, heirate eine Amerikanerin …« Das hätte mir natürlich gefallen - schade, dass Cybills Herz schon einem anderen gehörte. »Auch bei dir bin ich mir unschlüssig gewesen … Charles hat mir zwar versichert, dass du auf Draht bist, aber kann ich mich auf Charles verlassen? Er ist der Mensch, der mir auf der Welt am wichtigsten ist, und ich dürfte es nicht sagen: Aber er ist ein Intellektueller, einer, der über den Wolken schwebt … vom Übrigen ganz zu schweigen.« Er sah mich forschend an, um festzustellen, ob ich um das Übrige wusste.
    Ich verzog keine Miene - hatte er nicht gesagt, dass man mit der Ehrlichkeit knausern musste?
    »Da wir uns verstanden haben, merk dir eines: Mach ihn dir niemals und aus keinem Grund zum Feind, weil ich das nicht dulden würde«, fügte er hinzu.
    »Wenn ich hier bin, habe ich das nur Charles zu verdanken. Er ist wie ein Bruder für mich«, erwiderte ich und legte treuherzig die Hand aufs Herz - ich dachte in diesem Augenblick an Jennifer und daran, dass ich nicht einmal mehr ihren Namen hören wollte.

    »Bravo, und gib acht, dass du das nicht vergisst … Trotzdem, auf Charles verlasse ich mich nicht, und du kennst den Grund sehr wohl, auch wenn du das Gegenteil vortäuschst«, grinste er heuchlerisch. »Als ich das erste Mal mit dir geredet habe« - er kicherte vor sich hin - »habe ich mir gesagt: Das ist nicht der übliche Italiener, der von Amerika träumt und kein einziges Wort Amerikanisch kann. Und heute hast du mir zudem bestätigt, dass du etwas auf dem Kasten hast. Jetzt befolge nur meine Ratschläge, und du wirst so reich, wie du dir das nicht einmal im Traum vorstellen kannst. Zuallererst: werde Amerikaner.«
    Das ist wirklich eine fixe Idee von ihm, sagte ich mir. Unterdessen waren wir bei den Hors-d’œuvres, wie sie hier hießen, angelangt und hatten schon die erste Flasche geleert. Er bestellte eine zweite und beugte den Kopf über den Teller. Tatsächlich hielt er den Kopf viel zu tief - wie ich im Vergleich mit dem feinen Publikum um uns herum feststellte - und verputzte das Gericht in wenigen Minuten, und das kam mir, der hartnäckigen Verleugnung seiner Heimat zum Trotz, doch sehr italienisch vor. Als er dann, gesättigt, wieder auftauchte, um erneut in seine Rolle als Führer auf dem schwierigen Weg zum Erfolg zu schlüpfen, glaubte ich aufgrund der Herzlichkeit, mit der er mit mir redete, dass er seit Jahren auf nichts anderes gewartet hatte.
    »Nimm mich, zum Beispiel«, sagte er. »Ich bin bestimmt nicht arm wie eine Kirchenmaus hier angekommen wie die meisten unserer Landsleute damals, doch seinerzeit war es ein ernsthaftes Problem, wenn man einen italienischen Namen hatte. Wollten sie feststellen, ob sie jemandem vertrauen konnten, fragten sie dich, ob du ein gebrauchtes Auto von ihm kaufen würdest: Das ist so eine Redensart. Fang also nicht gleich nach deiner Ankunft an, mit Gebrauchtwagen zu handeln«, prustete er. »Offensichtlich hat niemand beim Italiener gebrauchte Autos gekauft, auch keine neuen, nebenbei bemerkt, denn selbst darin habe ich mich versucht … Ich lasse mich aber nicht entmutigen, dafür bin ich nicht der Typ«, beteuerte er stolz. »Ich habe also die Branche gewechselt, aber es
waren drei Jahre vergangen, und ich hatte nichts auf die Reihe gebracht. Das einzige vorteilhafte Geschäft, wenn man nicht so tief sinken und den Gastwirt spielen wollte, schien die Mafia zu bieten, aber dafür war ich nicht so weit gereist. Ich hatte in der Zwischenzeit eine kleine Knopffabrik aufgemacht. Qualitätsware: Mein Perlmutt war das beste,

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