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Fessel Mich

Fessel Mich

Titel: Fessel Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Wolff
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die Handschellen daran hinderten. Auf dem Weg hierher hatte ich die Dinger fast vergessen, weil ich die Hand locker neben dem Schaltknüppel abgelegt hatte, von dem Rick seine Hand gar nicht runter genommen hatte. Jetzt machten sie sich klimpernd wieder bemerkbar.
    »Diesmal darfst du klettern«, bestimmte ich schlicht und wollte mich hastig aus dem Wagen schwingen, aber Rick hielt störrisch dagegen.
    »Von wegen.«
    »Du kannst das viel schneller als ich! Außerdem sind es deine Handschellen. Wozu brauchst du überhaupt welche?«
    Rick unterdrückte ein Lachen. »Die Frage ist doch wohl hoffentlich nicht ernst gemeint.«
    Unfairerweise wurde mir schon wieder viel zu warm. »Benutzt… man dafür normalerweise nicht welche mit… Plüsch?«, faselte ich reichlich sinnfrei daher, weil ich mir durch peinliches Schweigen keine noch größere Blöße geben wollte. In dem Moment allerdings, als Rick auflachte, hätte ich sehr gerne meinen linken Arm dafür gegeben, diesen Satz wieder zurücknehmen zu können. Mist. Schweigen ist manchmal eben doch Gold.
    Dann lehnte Rick sich plötzlich wieder zu mir rüber. »Na los, steh’ schon auf. Ich klettere.«
    Irritiert blinkte ich ihn an. »Was?«
    »Du bist wirklich schwerhörig, weißt du das?«
    Nein, ich war nur abgelenkt gewesen von seinen wunderschönen, goldbraunen Augen direkt vor meiner Nase. Das erschwerte das Hören ein wenig. Und das räumliche Sehen. Und das Denken. Ganz bestimmt das Denken. Außerdem… war er gerade etwa nett?
    »Florian?«
    Oh, herrje, wie er meinen Namen aussprach!
    »Möchtest du doch lieber klettern?«
    »Nein.«
    Um nicht noch mehr wie ein Vollidiot rüberzukommen, kletterte ich endlich langsam aus dem Auto heraus und ließ Rick immer genug Zeit, hinterher zu kommen, bis wir beide ohne größere Unfälle nebeneinander auf der Straße standen. Rick holte noch seine Tasche von der Rückbank und schloss dann den Wagen ab.
    Während wir auf ein dreistöckiges, rotes Backsteinhaus zugingen, blieb mir Zeit genug, noch einmal die Gegend zu sondieren. Ich hätte definitiv nicht gedacht, dass Rick zur Sorte Vorstadtmensch gehörte. Oder Stadtrandmensch. Es war kein einziger Passant auf den Straßen unterwegs und unheimlich still. Hier wurden mit der Dämmerung eindeutig die Bürgersteige hochgeklappt.
    »Wohnst du noch bei deinen Eltern?« Das schien mir eine vernünftige Erklärung für die Wohngegend zu sein.
    »Nein.« Er zögerte nur minimal, ehe er fortfuhr: »Meine Eltern sind beide tot.«
    Ach du –!
    »Oh.« Was Sinnfreieres war mir beim besten Willen nicht eingefallen. »Das… das tut mir Leid.«
    Rick zuckte in einer ziemlich gleichgültigen Geste mit den Schultern. »Das muss es nicht. Meine Mutter starb vor fünfzehn Jahren, mein Vater vor drei. Ich bin also sozusagen darüber hinweg.«
    »Trotzdem«, murmelte ich ein wenig betreten. Zielsicher das Fettnäpfchen gesucht und gefunden. Nicht, dass ich die Beziehung zu meinen Eltern als besonders familiär einstufen würde, aber es würde mir doch etwas ausmachen, wenn beide nicht mehr da gewesen wären.
    »Krieg’ dich wieder ein. Das Verhältnis zu meinem Vater hatte sich in den letzten Jahren reichlich abgekühlt. Außerdem war es abzusehen, dass er bald…« Rick presste die Lippen zusammen, als wollte er sich daran hindern, zu viel auszuplaudern. »Wie steht’s mit deinen Eltern?« Er ließ seinen Blick kurz über mich hinwegwandern und dabei hob er in einer eindeutigen Art und Weise die Augenbrauen. Offensichtlich hatte er bereits eine Schublade für mich gefunden, denn er schoss hervorragend ins Blaue hinein. »Ärzte oder Anwälte?«
    »Chef eines Pharmakonzerns.«
    Rick nickte selbstzufrieden, als sich die grobe Richtung der gesellschaftlichen Schicht bestätigt hatte, und schloss dann die Haustür auf.
    Ich hätte ihn gerne gefragt, warum er das so herabwertete oder warum er unbedingt vom Thema ablenken musste. Allerdings ließ er mir keine Gelegenheit dazu, weil er mich die Treppe bis in den dritten Stock hoch triezte und dabei wieder auf meine nicht wirklich vorhandene, körperliche Fitness herumritt. Ich ignorierte ihn stumpf, weil ich mich nicht wie ein Kleinkind mit ihm zanken wollte und obendrein die Absicht dahinter erkannte: Offensichtlich wollte er nicht, dass ich ihn weiter ausfragte.
    Stattdessen ließ ich meinen Blick im Hausflur umherschweifen und stellte dabei fest, dass auf jeder Etage nur eine Wohnung zu sein schien. Mann, dann musste Rick ja bestimmt an die

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