Fesseln der Erinnerung
stimmt auch.“ Er war wie eine schützende Wand für ihren Verstand, hielt alles von ihr fern.
„Sehr gut.“
Doch es tauchte noch ein anderer Gedanke in ihr auf. „Ich kann doch nicht mein Leben lang deine Hand halten.“ Ihre Finger klammerten sich an ihn. „Meine telepathischen Schilde … ich kann mich nicht genug konzentrieren, um sie auszuprobieren. Sie können die Betäubung und Bonner keinesfalls unbeschadet überstanden haben.“
Sein Gesicht nahm einen grimmigen Ausdruck an. „Du wirst doch jetzt nicht aufgeben?“
„Nein“, sagte sie und meinte es auch so. Er gehörte zu ihr wie kein anderer. Und der Detective, der seinen Schmerz und seine Narben so gut zu verbergen wusste, brauchte sie. „Ich werde dich nicht aufgeben.“
Seine Augen leuchteten auf. „Tapferes Mädchen.“
Er sah sie so liebevoll an, dass sie wusste, er hätte sie nur zu gerne geküsst, wäre am liebsten so sehr mit ihr verschmolzen, dass nichts auf der Welt sie mehr hätte trennen können. Sie musste ihre ganze Kraft zusammennehmen, um ihn nicht genau darum zu bitten. Denn wenn Max sie berührte, wurde sie lebendig, menschlich. „Ich muss dir etwas sagen“, flüsterte sie.
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Sag mir nur, wann wir heiraten.“
Sie fühlte sich auf einmal wieder ganz benommen, aber diesmal war es anders, wie ein Tanz, der sie atemlos machte. „Ich war einmal Zeugin in einem Fall, in dem der Staatsanwalt die Videoaufnahme einer griechischen Hochzeit gezeigt hat.“ Weil der Angeklagte dort in Gesellschaft der Frau gesehen worden war, die er eine Stunde später ausgeweidet hatte, doch sie wollte sich jetzt nicht mit diesen dunklen Erinnerungen abgeben, sondern – „An einem bestimmten Punkt haben alle ihre Teller auf den Boden geworfen.“
Max lachte, und das kleine Grübchen, das sie so liebte, erschien auf seinem Gesicht. „Wenn du auf unserer Hochzeit Teller auf den Boden werfen willst, Baby, dann kaufe ich dir einen ganzen Korb voll.“
„Will ich gar nicht.“ Aber sie wollte in sein Lachen einstimmen, ihm mit den Fingern sanft über die Lippen fahren. „Ich glaube, mir würde es gefallen, in unserem gemeinsamen Heim zu heiraten.“
Etwas Wildes und sehr Männliches tauchte in Max’ Blick auf. „Dann werden wir es genauso machen.“
Da die Gegenmittel bemerkenswert schnell wirkten, wollte Max Sophia so bald wie möglich mit nach Hause nehmen, damit sie sich in Ruhe auskurieren konnte, doch der M-Mediale weigerte sich, sie gehen zu lassen. „Schauen Sie doch“, blaffte Max, seine Geduld hing nur noch an einem seidenen Faden. „Bis auf ein paar Kratzer und blaue Flecken fehlt ihr körperlich nichts, und die Nebenwirkungen des Betäubungsmittels sind beinahe völlig abgeklungen.“ Doch wenn nicht alles in ihm danach verlangt hätte, sie in seinen Armen zu halten, hätte er nie erwogen, sie mitzunehmen. „Warum sollte sie denn dann noch hierbleiben?“
Der M-Mediale sah Sophia an. „Das möchte ich mit Ms Russo unter vier Augen besprechen.“
„Sie ist meine Partnerin.“ Es würde noch sehr viel Zeit vergehen, bis Max Sophia wieder allein lassen würde. „Und der letzte Anschlag auf sie wurde auch an einem sogenannten sicheren Ort verübt.“
„Lassen Sie ihre Hand los“, sagte der Arzt.
Max drückte Sophias Hand noch fester. „Sind Sie wahnsinnig?“
„Nein.“
Sophia sah erst den M-Medialen und dann Max an. „Bitte ganz langsam“, sagte sie. „Ich werde Bescheid sagen, wenn ich merke, dass es problematisch wird.“
Sein Beschützerinstinkt rebellierte. „Sophie.“
„Ich muss es wissen.“ Ihr Blick sagte mehr als tausend Worte.
Schweiß lief ihm den Rücken runter, als er langsam seinen Griff lockerte und schließlich nur noch ihre Fingerspitzen sich berührten – dann unterbrach Sophia auch diesen Kontakt. Bei dem geringsten Anzeichen von Schwierigkeiten hätte er sofort nach ihrem Handgelenk gegriffen, aber sie sah ihn nur an und wandte sich dann dem M-Medialen zu. „Das hätte mein Tod sein müssen. Die Stimmen müssten meinen Kopf überfluten – aber ich höre nicht einmal ein Flüstern.“ Die Gedankensplitter, die ihren Verstand gepeinigt hatten, als sie das erste Mal aufgewacht war, wurden zurückgehalten, ihr Kopf war so klar wie eine Bergquelle.
„Genauso ist es.“ Der M-Mediale senkte das elektronische Krankenblatt. „Ich habe mir Ihre Akte angesehen, Ihre Schilde waren in einem besorgniserregenden Zustand – Sie standen sogar auf der Liste für
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