Fesseln der Erinnerung
Angst und Entsetzen zum Zerreißen gespannt.
Er stand auf und ging ins Badezimmer, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen.
Die letzten Traumfetzen wurden fortgespült, und er konnte wieder klar denken. Die Verbindung ließ sich nicht wegdiskutieren – Sophia, eine J-Mediale, hatte ihn berührt … und er hatte einen Traum gehabt, in dem er sehr klein war, höchstens drei. Noch nie zuvor hatte er sich an etwas aus dieser Zeit erinnert.
Er wusste, welche Folgen ein weiterer Kontakt zu Sophia Russo haben würde – aber wenn es um sie ging, war Rückzug nicht das Bedürfnis, das er spürte.
Als Sophia ihn am nächsten Morgen abholte, um mit ihm zusammen zu Nikita zu fahren, bat Max sie herein. Schatten lagen unter ihren Augen, und unter ihren sonst so weichen Wangen zeichneten sich die Knochen ab. „Harte Nacht?“, fragte er leise.
„Ich müsste eigentlich besser als jeder andere wissen, dass Erinnerungen niemals ganz verschwinden“, sagte sie und spiegelte damit seine Gedanken, „aber es scheint, als könnte selbst ich noch eines anderen belehrt werden.“
Sehr langsam, um sie nicht zu erschrecken, griff er nach einer ihrer Haarlocken. Sie wurde unnatürlich starr, hielt ihn aber nicht davon ab. „Erinnerungen sind nicht immer schrecklich“, sagte er, das war für sie beide gedacht. „Jedes Mal, wenn ich dein Shampoo rieche, werde ich mich an dein weiches Haar erinnern. Warte mal, das ist Vanille und –“ Er atmete tief und genüsslich ein. „– der Duft einer Blume?“
Überraschenderweise antwortete sie. „Ich wasche mich mit Lavendelseife.“ Dann hob sie selbst die Hand, zögerte.
Er neigte einladend den Kopf, sein Herz schlug hart gegen die Rippen. Langsam, Max, sagte er sich, verdammt noch mal. Lass es langsam angehen. Er wartete darauf, dass ihre Finger durch sein Haar strichen, aber sie tat es nicht … sondern berührte seinen Mund.
Er konnte ein Zittern nicht unterdrücken. Das Kunstleder ihres Handschuhs fühlte sich warm an, der Druck war fast nicht wahrnehmbar – und hielt ihn dennoch in seinem Bann, ein Sklave ihrer Wünsche.
„Das wird eine schöne Erinnerung sein“, flüsterte sie und fuhr mit den Fingerspitzen die Konturen seiner Lippen nach.
Der Gedanke, sich lustvollen Gefühlen hinzugeben, war verführerisch, aber heute Morgen hatten Albträume in ihren Augen gestanden. „Erzähl mir von deinen Träumen.“
„Du hast gesagt, deine Mutter hätte dich gehasst“, sagte sie, doch die harten Worte wurden verdrängt durch ihr zartes Streichen über seine Unterlippe, als sei sie fasziniert von dieser Berührung. „Meine hat mich völlig abgelehnt.“
Das Bedürfnis, sie in die Arme zu nehmen, wurde so übermächtig, dass jeder Muskel seines Körpers schmerzte und die leichte Berührung auf seinen Lippen Öl ins Feuer goss. „Warum?“ Der Polizist in ihm wusste, dass diese Information wichtig war, den Schlüssel zu einem Verständnis ihrer Persönlichkeit bot.
„Ich war nicht perfekt.“ Sie ließ die Hand sinken und trat einen Schritt zurück. „Wir sollten jetzt zu Nikita fahren.“
Nicht perfekt. Wut schoss wie eine heiße Flamme in ihm hoch, trotzdem neigte er den Kopf zustimmend, er wusste nicht, ob er es bei einer tröstenden Berührung belassen konnte – denn am liebsten hätte er sie an sich gepresst und ihr gezeigt, dass er sie keinesfalls für nicht perfekt hielt.
Sie schwiegen, bis sie im Wagen saßen und auf dem Weg zu Nikita waren. „Ich weiß über Nikita Duncan nur, was die Medien berichtet haben“, sagte er, als sie sich in den morgendlichen Verkehr einreihten. „Sie wirkt wie eine gerissene Geschäftsfrau, die über Leichen geht.“
„Stimmt.“ Sophia spürte, wie sich ihr Körper entspannte, als ihr klar wurde, dass Max nicht vorhatte, sie dazu zu drängen, den nächsten Schritt eines nicht vorgesehenen und nicht vorhersehbaren Tanzes zu wagen. Der Teil von ihr, der eine schmerzhafte Ewigkeit auf ihn gewartet hatte, wollte das Ganze beschleunigen, aber Tatsache war nun einmal, dass sie nicht mehr verarbeiten konnte, als das, was sie bereits getan hatten. Noch nicht. „Nikita scheint auch eine der wenigen hochrangigen Medialen zu sein, die wirklich global denken – soweit ich weiß, ist sie das einzige Ratsmitglied, das eine enge Verbindung zu Gestaltwandlern hat.“
„Ich habe gehört, dass Anthony Kyriakus immer noch Vorhersageaufträge an seine Tochter Faith vergibt.“
Sophia nickte, sie hatte ebenfalls die Vorgänge um Faith
Weitere Kostenlose Bücher