Fesseln der Erinnerung
beruhigen, während Max kurz mit Faith sprach. Er klappte das Handy zu und befahl ihr, auszusteigen. Sie schwiegen, bis sie in einiger Entfernung von dem harmlos aussehenden Wagen standen.
„Ich werde ein Bombenkommando rufen“, sagte Max. Das tat er mit ihrem Handy, denn sein Akku war leer. „In fünf Minuten sind sie hier, Topleute.“
„So schnell?“ Sie musste sich auf den praktischen Aspekt konzentrieren … nicht darauf, dass Max beinahe gestorben wäre.
Max legte ihr die Hand auf den Rücken, und ihr wurde klar, wie sehr sie seine Berührung in den vergangenen zwei Tagen vermisst hatte. Niemand hatte ihr je gesagt, dass Berührung abhängig machen konnte, und wenn sie wegfiel, ein solch starkes Verlangen, einen solch großen inneren Schmerz auslösen konnte.
„Sie sind in dem Polizeirevier stationiert, das wir als Basis benutzt haben.“ Als der Polizeiwagen ins Parkhaus fuhr, ließ er sie los. „Trotzdem ist das verdammt schnell.“
Zwei Männer und eine Frau stiegen aus, alle trugen Schutzkleidung. „Was ist los?“, fragte die Frau.
„Wir wurden von einer V-Medialen gewarnt – “, erklärte Max.
„Von einer Hellsichtigen?“ Die Frau pfiff durch die Zähne. „ Mir war nicht klar, dass sie auch für Privatpersonen Vorhersagen machen – ich dachte, es gehe nur um Geschäfte.“
„Es war Faith NightStar“, sagte Max. „Sie gehört zu den DarkRiver-Leoparden. Hat gesehen, wie der Wagen explodierte, als ich den Motor anließ.“
„Hm. Nach dem heutigen Stand der Technik muss die Zündung der Bombe auf dem Anlasser programmiert sein.“ Sie war mit ihrer Ausrüstung schon auf dem Weg zum Wagen. „Sie sollten das Parkhaus lieber verlassen, da Sie keine Schutzkleidung tragen.“
Max wies mit dem Kopf zur Ausfahrt. „Wir warten draußen.“
„Ich melde mich, sobald wir etwas gefunden haben.“
Faith ging unruhig in dem in angenehmes Licht getauchten Raum auf und ab, der ihr Büro in der heimischen Höhle war, und rieb sich mit den Händen über die Arme.
„Ist dir kalt, Liebste?“
Vaughn stand im Türrahmen. Der Jaguar hatte weißen Staub im Gesicht, einen Riss im T-Shirt und sah so fantastisch aus, dass sie immer noch nicht ganz glauben konnte, dass er ihr Gefährte war. „Nein.“ Doch sie warf sich in seine Arme. „Halt mich fest.“
„Hehe.“ Er legte seine starken, warmen Arme um sie, in einer Hand den Meißel, mit dem er gerade an einer Skulptur gearbeitet hatte. „Ich dachte, dem Polizisten und der J-Medialen geht es gut?“
„Tut es auch.“ Sie zog mit dem Finger eine Linie durch den Staub auf seinem Arm. „Aber ich habe immer noch diese Vorahnung, dass etwas Schlimmes bevorsteht.“ Die unklaren Vorahnungen waren ihr noch mehr zuwider als die dunklen Visionen. Denn bei Letzteren konnte sie wenigstens etwas Konkretes benennen, gegen das man kämpfen oder dem man ausweichen konnte. „Es ist ein Gefühl – das sich auf jemanden bezieht, der mir wichtig ist.“
„Was ist mit den Übungen, mit denen du die Kontrolle über deine Fähigkeiten verbessern willst?“
Sie nickte und glitt mit den Händen unter sein T-Shirt auf den warmen Rücken. „Ich kann den Schleier nicht fortreißen. Und es ist etwas wirklich Schreckliches, Vaughn.“ Eisige Kälte breitete sich in ihrem Körper aus. „Wenn ich es nun nicht aufhalten kann?“ Wenn sie jemanden verlor, den sie liebte?
Vaughn küsste ihre Augenbrauen. „Das haben wir doch schon besprochen. Du wirst verrückt, wenn du für alles Böse die Verantwortung übernimmst, das du nicht verhindern kannst.“ Seine Stimme war sanft, aber unnachgiebig. „Heute hast du zwei Leben gerettet. Das solltest du feiern.“
Sie hob den Kopf und sah in seine goldenen Augen – sah eine Dschungelkatze, die zu einem Mensch geworden war – und zum Zentrum ihres Universum. „Das fällt mir schwer.“ Zum Teil war das der Grund dafür, warum so viele V-Mediale in der Vergangenheit verrückt geworden waren – das Bedürfnis, jedes Leben zu retten, alle Sorgen zu vermeiden, konnte die Unachtsamen verschlingen, die nicht aufpassten.
„Aber du hast ja mich.“ Seine Lippen auf ihrem Mund, die beschützende Umarmung, wenn er sie an sich drückte. „Mal sehen, ob wir es schaffen, dich in bessere Laune zu versetzen.“ Der Jaguar schnurrte, als er ihr die Kleider auszog. „Es wird schon klappen, wenn du dich mehr entspannst.“
Ihr wurde leichter ums Herz. Ja, sie brauchte ihn. Sehr! Er konnte spielen, lachen, und alles Dunkle wurde
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