Fesseln der Freiheit: Erotischer Roman (German Edition)
Bezeichnung für Gillys Aussehen. Tony riss sich zusammen, um nicht die Nase zu rümpfen, und bot ihr einen Stuhl an. Das Mädchen wich ihrem Blick aus und starrte auf den Boden. Gilly roch nach U-Bahn und altem Frittenfett.
»Da bist du ja endlich wieder. Dein Bruder hat sich Sorgen gemacht, Gilly. Und ich auch.« Tony bemühte sich darum, es nicht wie einen Vorwurf klingen zu lassen. »Was ist denn in dich gefahren?«
»Wissen Sie doch eh«, murmelte sie und starrte jetzt auf ihre Schuhspitzen. »Ich glaub, es is’ besser, wenn ich nach Hause fliege. Aber ich hab kein Geld.«
»Das wirst du nicht tun, Gilly. Du wirst dich jetzt duschen gehen, dich ordentlich anziehen und zurück nach Schottland fahren. Dann bittest du Miss Barrows um Entschuldigung und machst diese Schule zu Ende.«
»Bin ich bescheuert? Das weiß inzwischen jeder da, jede Wette. Ich kann da nich’ mehr hin.«
Gilly war offensichtlich ein Meister darin, auf ihre Schuhe zu starren. »Lass uns reinen Tisch machen, Gilly. Ich nehme an, du sprichst über diesen idiotischen Artikel in diesem noch idiotischeren Magazin? Woher wusstest du überhaupt davon?«
»Lag in meiner Post«, nuschelte sie und drehte den Kopf zur Seite. »Ich dachte erst, das wär’ Absicht von Ihnen gewesen. Dann hab ich noch mal nachgedacht.« Plötzlich ging ein Schaudern durch sie hindurch. Sie schniefte hörbar. »Es war so klar, dass das schiefgeht, echt. Daddy hat das schon vorausgesagt. Er hat gesagt, dass ich bloß nicht auf meinen perversen Bruder hören soll. Dass ich bei ihnen bleiben soll. Dass sie es schon irgendwie schaffen, das Geld für das College aufzutreiben.«
Was sie sonst noch sagte, ging in einem hysterischen Schluchzen unter. Tony betrachtete sie hilflos und konnte doch endlich ein paar Dinge zusammenreimen. Wenn man in seiner Familie so über Mika – Mikael Wertinger, korrigierte sie sich – sprach, dann war klar, wieso Gilly nicht schon viel früher Hilfe von ihm angenommen hatte.
»Dieses rachsüchtige Arschloch«, murmelte sie und ballte die Hände zu Fäusten, um den Zorn auf Jon irgendwie loszuwerden. Es war eine Sache, eine solche Story an die Öffentlichkeit zu geben. Eine ganz andere Sache war es, ein vollkommen unschuldiges Mädchen mit hineinzuziehen.
»Komm her, Gilly, Kleines, das tut mir leid.« Sie überwand ihre Abscheu vor Gillys Aussehen und Geruch, ging um den Schreitisch herum und zog das Mädchen in eine Umarmung. »Ich kümmere mich darum, okay? Ich bin mir fast sicher, dass die das nicht dürfen, dich in die Sache hineinziehen.«
»Davon kann ich mir auch nichts kaufen«, schluchzte sie und schniefte hörbar. »Daddy hatte so recht. Er hat gesagt, dass wir Mika sowieso egal sind. Und dass Mika eine Schande für uns ist. Ich wusste nie, wieso. Aber jetzt weiß ich es. Ich dachte, er hätte sich geändert.«
Aus dem, was Gilly sonst noch so hervorbrachte, reimte Tony sich zusammen, dass Mikas Eltern ihn und seine Schwester wohl mit voller Absicht entzweit hatten. Aus irgendwelchen Gründen hatten sie Angst gehabt, dass Mikas perverse Neigung, wie sie es nannten, der Kleinen Schaden zufügen konnte. Der große Altersunterschied zwischen den Geschwistern hatte ihnen dabei in die Hände gespielt. Irgendwann war Mika dann vom leuchtenden Vorbild zum halb bewunderten, halb verhassten großen Bruder geworden, der Gilly immer vorgehalten wurde. Dass sie sich schließlich durchgesetzt und den Flug nach Schottland gebucht hatte, beruhte mehr oder weniger darauf, dass ihr Vater ihr den Umgang mit ihrem aktuellen Freund verboten hatte.
»Beruhig dich doch, Gilly. Wir finden eine Lösung. Wenn du willst, kannst du die Schule wechseln. Es gibt sicher auch gute Schulen irgendwo, wo man von der Story nichts mitbekommen hat«, flüsterte Tony gegen die tränennasse Wange des Mädchen. Sie schluckte, um ihre eigenen Tränen zurückzuhalten. »Den Weg habe ich nicht, Gilly. Ich muss damit klarkommen. Genau wie dein Bruder. Es ist für niemanden schön, wenn er seine ganzen Geheimnisse in der Öffentlichkeit ausgebreitet sehen muss. Noch dazu solche.«
»Ich mag aber nicht auf irgendeine Schule. Ich mochte es da. Wirklich.«
Dieses Geständnis brach aus Gilly hervor. Sofort schlug das Mädchen sich eine Hand vor den Mund und schüttelte den Kopf. »Aber die wollen mich sicher nicht mehr haben.«
»Wieso sollten sie?« Tony richtete sich auf und strich über die schmutzverklebten, schwarzen Haare. »Gilly, hör mir zu, okay? Ich schicke
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