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Fesseln der Gewalt 1

Fesseln der Gewalt 1

Titel: Fesseln der Gewalt 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rigor Mortis , France Carol
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handelte. War es leider nicht, jedoch wünschte ich es mir immer wieder. Erschöpft ließ ich mich zurückfallen und versuchte wieder einzuschlafen. Es war vergebens, weshalb ich schließlich aufstand. Der Wecker zeigte vier Uhr und ich beschloss, dass es Zeit war, Oliver Druck zu machen. Ich setzte mich an den Computer und tippte Anweisungen. Das Geld sollte auf ein Konto in der Schweiz überwiesen werden. Die Drohung, dass jeder Tag Verzögerung für seinen Sohn unendliches Leid bedeutete, hängte ich noch daran. Ebenso, dass er selbstverständlich die Polizei aus dem Spiel lassen sollte, also all das übliche Geschwätz in solchen Briefen. Erst jetzt fiel mir ein, dass man in der Regel immer ein Lebenszeichen von den Opfern verlangte. Leise schlich ich mich mit einer Taschenlampe und einer Kamera in den Keller. Vinzent schlief tief und fest, seine Gesichtszüge waren entspannt. Seine Lippen schienen mich locken zu wollen … eilig schoss ich einige Fotos. Das musste einfach reichen und so verschwand ich wieder nach oben.
    Ich legte die Fotos in den Umschlag und fuhr zu Olivers Haus, schob ihn unter der Tür hindurch und verschwand gleich wieder. Dieses Mal wartete ich nicht, um die Reaktion zu beobachten, es machte keinen Sinn.
    Ich hielt beim Bäcker und besorgte Brötchen, dann fuhr ich heim und bereitete das Frühstück zu. Eine ungewöhnliche Vorfreude machte sich in mir breit, als ich das Tablett nahm und nach unten ging.
     
    ***
     
    Ruhelos versuchte ich eine Position zu finden, in der mich meine Verletzungen nicht allzu sehr schmerzten. Am gestrigen Tag hatte Servan mich beinahe liebevoll gepflegt. Es hatte keine weiteren Misshandlungen gegeben, fast schien ihm sein Ausraster mit dem Stock leid zu tun. Dennoch war mir bewusst, dass ich besser daran tat, dem Frieden nicht zu trauen.
    E in weiteres Gespräch kam ebenfalls nicht zustanden, denn es machte eher den Anschein, als ob mein Peiniger mir aus dem Weg ging. Ob er wohl ein schlechtes Gewissen hatte? Kaum vorzustellen, dennoch ließ ihn seine Fürsorge menschlicher wirken, genauso wie die furchtbaren Schilderungen über seine Vergangenheit. Nicht, dass damit die brutale Behandlung mir gegenüber entschuldigt wäre, aber die Beweggründe waren durchaus nachvollziehbar.
    Ich hatte mir in den vergangenen Stunden versucht vorzustellen, wie sich ein zwölf jähriger Junge wohl fühlen musste, wenn er immer wieder sexuell missbraucht wurde und das mit dem Wissen, dass seine Mutter davon Kenntnis hatte. Übelkeit war in mir aufgestiegen und nur mit Aufbietung aller Kraft hatte ich mich davon abhalten können, meinen Mageninhalt auf den Boden zu kotzen. Die Erkenntnis, dass mein eigener Vater ein Vergewaltiger und Kinderschänder war, traf mich tief und war kaum zu fassen. Ich schwankte zwischen Unglauben und Verachtung gegenüber meinem Erzeuger, musste jedoch feststellen, dass ich die Aussage meines Entführers immer mehr für möglich hielt.
    Während Servans Erzählungen waren mi r zudem all die verschiedenen Gefühle aufgefallen, die sich in seinem Gesicht widergespiegelt hatten. Obwohl diese Ereignisse bereits lange Zeit zurücklagen, dominierten Wut, Abscheu und Schmerz sein Antlitz.
    Nach stundenlang em Nachdenken wurde mir eines bewusst: Auch wenn ich kein Mitleid für den großen, starken Mann, der mich auf so grausame Weise misshandelt hatte, aufbringen konnte, so doch für den Jungen, welcher er einmal gewesen war. Dieser schien immer noch tief in Servan zu stecken und sich dort in seinem Schmerz zu krümmen.
    Wenn ich hier raus wollte , war dies auch der richtige Punkt, an dem ich den anderen packen konnte. Ich musste nicht den wütenden Mann um Gnade, die diesem selbst nie zuteilwurde, anbetteln, sondern das verstoßene und ungeliebte Kind in ihm.
     
    Als Servan das nächste Mal zu mir hinabstieg, um mich mit Essen zu versorgen, richtete ich entschlossen das Wort an ihn.
    „Servan?“
    Außer einem Blick erntete ich keine Antwort, weshalb ich noch einmal meinen Mut zusammennahm und mich erneut an ihn wandte.
    „Hat dich je ein Mensch liebevoll in die Arme genommen?“ Ich hielt den Atem an, denn seine Reaktion auf meine Frage war nicht vorauszusehen.
    Lange sah mich der andere durchdringend an, bis er schließlich abfällig sagte: „Wofür sollte das gut sein?“
    „Um Wärme und Geborgenheit zu empfangen“, antwortete ich und wartete abermals gespannt auf Servans Reaktion.
    „Zum Ficken brauche ich nicht in die Arme genommen zu werden,

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