Fesseln der Leidenschaft
angespannte Lage entschärfte.
»Nicht, daß es dich etwas anginge, Richard, doch Ranulf bekam vor langer Zeit etwas von mir, als er sein zehntes Lebensjahr erreichte; es ist also kein Teil von Lyonsford mehr. Der rechtliche Abschluß wurde vom König bestätigt, in dem Sinn, daß der Besitz zu Ranulfs fünfundzwanzigstem Geburtstag auf ihn übergehen sollte. Es handelt sich nicht um eine Stadt wie Warhurst, sondern nur um ein kleines Gut, aber ich weiß genau, daß Ranulf zufrieden sein wird.«
»Wird?« Richard lachte höhnisch. »Du hast es ihm also nicht einmal gesagt?«
Reina hätte dem jungen Lord einen Tritt versetzen mögen. Gütiger Himmel, hatte sie ihn wirklich heiraten wollen, diesen geldgierigen, nachtragenden Jammerlappen? Mehr und mehr erkannte sie, wie recht der Gefangene gehabt hatte.
Sie flüsterte Ranulf zu, der hinter ihr stand: »Er hat Ihnen von Elisabeth erzählt – etwa auch von diesem Erbe?« Er antwortete nicht und zwang sie dadurch, sich umzudrehen und ihn anzuschauen. Seine Miene verriet genug. »Also nicht«, zischte Reina.
Sie verspürte erneut einen unbilligen Ärger über Ranulfs Vater. Richard hatte Warhurst als Achtzehnjähriger geschenkt bekommen und konnte damit machen, was er wollte, Ranulf hatte viel weniger erhalten und es nicht einmal erfahren. Er konnte es erst übernehmen, wenn er fünfundzwanzig Jahre alt war. Nicht, daß er es jetzt benötigt hätte, aber welche Denkungsart zwang ihn zu warten? Er hätte es früher gebrauchen können, um eine Familie zu gründen … dann wäre sie, Reina, ihm nicht begegnet. Himmel, worüber ärgerte sie sich denn? Hughs Gründe, welche immer es gewesen sein mochten, hatten ihr Vorteile gebracht, wenn nicht Ranulf.
Doch Ranulf sollte nun keine weiteren Überraschungen mehr erleben. Sie war nachlässig gewesen und hatte die Kontrolle über das Gespräch verloren. Hugh bemerkte Ranulfs ablehnende Reaktion und kam näher, so nahe, daß Reina beinahe zwischen den beiden Männern eingeklemmt wurde.
»Du nimmst mir das übel?« fragte Hugh vorsichtig seinen Sohn Ranulf. »Davor hat man mich damals gewarnt, aber ich hatte meine Gründe. Ich wollte nicht, daß du mit deinem Erbe zufrieden sein und nicht mehr weiterstreben würdest. Du warst mir so ähnlich, Ranulf. Ich wollte zuerst sehen, wie du allein zurechtkämst.« Er strahlte, und Ranulf konnte den Stolz von seinem Gesicht ablesen, den Reina schon früher bemerkt hatte. »Ich möchte sagen, daß du deinen Weg hervorragend gemacht hast. Farring Cross ist unwichtig geworden.«
»Farring Cross!« Ranulf atmete zuerst laut ein, dann brach er in Gelächter aus.
Hugh lachte ebenfalls. »De Millers hatte es verflucht schwer, dir zu verheimlichen, daß er dort nur der Verwalter war. Es war ihm recht unangenehm, daß du dein Eigentum kaufen wolltest. Er dachte, du würdest ihn ermorden, als er gezwungen war, den Preis für den Besitz wieder zu erhöhen, um dich vom Kauf abzuhalten. Aber ich erlaubte ihm nicht, dir die Wahrheit zu sagen.«
Reina quetschte sich zwischen den beiden Männern hindurch und schüttelte den Kopf über diese Ironie. Richard verstand natürlich nicht, was die anderen so komisch fanden.
»Du hast versucht, dieses Farring Cross zu kaufen?« fragte er seinen Bruder.
»Ja.«
»Dann muß es mehr Reichtum beinhalten, als unser Vater durchblicken ließ.«
»Nicht mehr Reichtum – es befindet sich nur in einem ausgezeichneten Zustand und entsprach meinen damaligen Vorstellungen«, meinte Ranulf gelassen, doch plötzlich veränderte sich sein Verhalten, und seine Stimme wurde spöttisch. »Im Gegensatz zu dir gelüstete es mich nicht nach einem Besitz von den Ausmaßen und der Macht, die, sagen wir … Clydon darstellt.«
Reina bemerkte Richards deutliche Unsicherheit bei dieser Anspielung. Sie wollte ihrem Gatten gratulieren, doch vorher interessierte es sie, welche weiteren Reaktionen sie Richard noch entlocken konnte.
»Oh, Sie armer Mensch«, sagte sie zu Ranulf, »Welches Pech, daß Sie schließlich doch mit so einem Riesenbesitztum belastet worden sind.«
»Welchem Besitztum?« fragte Richard schnell.
»Sehen Sie, Lord Hugh«, tadelte Reina sanft, »Sie hätten die beiden einander vorstellen sollen, wie ich es vorgeschlagen habe; dann wüßte Richard schon, daß sein Bruder Herr von Clydon ist.« Sie wandte sich an Richard, dessen Gesicht vor Wut feuerrot angelaufen war. »Wir haben vor knapp zwei Wochen geheiratet.«
»Aber er ist ein Bastard!« brüllte
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