Fesseln der Leidenschaft
stabilen Kurs gebracht hatte.
Lady Ella lag nun zusammengerollt zu ihren Füßen neben dem Kamin. Sie war nicht beleidigt, weil sie ihr Schlafquartier hatte aufgeben müssen. Jedenfalls verhielt sie sich so freundlich wie immer, wenn Ranulf nicht in der Nähe war. Doch seine Stimme weckte sie. Sofort lief sie auf ihn zu und sprang in seine Arme. Typisch! Ranulf durfte auf keinen Fall merken, daß sie friedlich zu Füßen irgendeiner anderen Person gelegen hatte.
Reina überlegte, ob Ranulf sich in Gegenwart seines Vaters zwanglos genug fühlte, um ihm die Katze vorzustellen. Vermutlich würde er ihren Namen gar nicht erwähnen. Als die Männer näher kamen, sprachen sie aber über Katzen.
»Nein«, sagte Hugh, »ich habe mich im Lauf der Jahre an sie gewöhnt. Meine Frau besitzt drei, die sie sogar in unser Zimmer läßt. Ich habe oft versucht, die Tiere hinauszuwerfen, aber ohne Erfolg.«
»Meine Lady könnte dir sagen, wie man sie loswird, denn sie schaffte das bei meiner ganz schnell.«
»Ah, aber was bei ihr geht, würde bei mir nicht gehen. Hast du denn noch nicht bemerkt, daß wir Männer zwar das entscheidende Sagen haben, aber daß unsere Damen fast bei jedem Streit gewinnen und schließlich das bekommen, was sie wollen?«
»Hüte deine Zunge«, gab Ranulf zurück, aber seine violetten Augen lachten. »Ich erwarte, in diesem Haushalt wenigstens bei der Hälfte der Streitfälle den Sieg davonzutragen – so oder so.«
Reina errötete, als die Männer sie erreichten. Das war keine Diskussion, die sie hören oder in die sie verwickelt werden wollte.
»Hatten Sie einen angenehmen Ritt, meine Herren?«
»Ja, sehr«, erwiderte Hugh. »Obwohl ich bekennen muß, daß ich hoffte, ein paar Gebiete zu finden, wo meine Ratschläge für Verbesserungen nötig gewesen wären. Statt dessen lernte ich einiges, das ich bei meinen eigenen Ländereien einführen möchte. Mein Kompliment, Lady. Clydon ist so prächtig wie sein Ruf.«
»Das verdankt es meinem Vater, nicht mir«, antwortete Reina. »In seinem Herzen war er ein Landwirt, und er liebte die freie Natur.«
»Und seine Tochter ist zu bescheiden«, fügte Ranulf hinzu. »Sie hat den ganzen Besitz so gut im Griff, daß für mich wenig zu tun bleibt, abgesehen von seiner Verteidigung.«
»Schmälern Sie die Wichtigkeit dieser Rolle nicht, mein Lord. Nur ein einziger Angriff genügt, um die Früchte jahrelanger harter Arbeit in Schutt und Asche zu legen.«
Hugh grinste. »Sie hat dich hier, Ranulf. Kein Besitz kann lange gedeihen ohne einen Herrn, der ihn zu beschützen in der Lage ist. Ich bin überzeugt, daß die Lady das in Betracht zog, ehe sie sich gestattete, deinem Charme zu erliegen.«
Ranulf lachte schallend, und auch Reina lächelte. »Dann haben Sie ihm von unserer ungewöhnlichen Eheschließung erzählt?«
»Es gelang ihm, mir ein paar Einzelheiten zu entreißen«, bekannte Ranulf, während er Lady Ella auf die Bank neben der Feuerstelle setzte.
»Ich kann mir gut vorstellen, welche«, schnaubte Reina, doch in Wirklichkeit war sie belustigt. »Aber kommen Sie, ruhen Sie sich aus.« Sie erhob sich und schenkte jedem einen Becher Wein ein. Den einen reichte sie Hugh und sagte: »Ich möchte meine Pflichten nicht weiterhin vernachlässigen, mein Lord. Ich habe ein Zimmer für Sie herrichten lassen, in dem Sie sich vor dem Abendessen erfrischen können, wenn Sie wollen. Theodric wird Ihnen den Weg zeigen, wenn Sie … «
»Theodric wird nichts tun«, unterbrach Ranulf sie scharf. »Lady, das werden Sie doch nicht wagen.«
»Was nicht wagen?« fragte Reina mit süßer Stimme. »Eadwina wartet darauf, Ihrem Vater zu helfen. Theo wird ihm nur den Weg zum östlichen Turm zeigen.«
»Oh«, war alles, was Ranulf sagte.
»Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte Hugh.
»Doch, absolut«, versicherte Reina. Sie hob ihren eigenen Weinpokal hoch und bedachte ihren Mann mit einem schwachen Lächeln. »Und jetzt möchte ich einen Toast ausbringen: auf einen Neubeginn … « Sie machte eine Pause, und ihr Lächeln wirkte plötzlich zutiefst befriedigt. Sie konnte es nicht ändern. » … der nur einen winzigen Anstoß benötigte.«
Hugh lachte leise, aber Ranulf lachte nicht. Dann erklang eine neue Stimme, die Reina sowie ihren Schwiegervater auffahren ließ.
»Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Das ist aber eine Überraschung, Richard«, sagte Hugh, und er war tatsächlich überrascht, unangenehm unter den waltenden Umständen. »Ich glaube, Sie sind gut
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