Fesseln der Leidenschaft
schön – oder würde es einmal sein, wenn sich die knabenhafte Hübschheit seines Gesichtes in einem Reifeprozeß gewandelt haben würde.
Ranulf hatte bemerkt, wie Lady Reina die Hand auf die Schulter des Jungen gelegt hatte, als sie ihm in der Halle ihre Befehle erteilte. Die Geste war auffällig, weil es nicht zum Normalen gehörte, daß eine Dame ihren Diener berührte. Ranulf hatte auch ihren Satz gehört: »Dann kannst du nach mir sehen.« Was das heißen sollte, wußte er nicht, aber der Bursche lag ihr offenbar irgendwie am Herzen. Demnach würde er auch ihr Vertrauen genießen, und alles Wissenswerte über ihre Person würde ihm bekannt sein. Er mußte sich auch auf ihren Befehl hin hier aufhalten, und das konnte nur bedeuten, daß die Hausherrin Informationen über Ranulf haben wollte. Der Junge hatte aber bisher noch keine Fragen gestellt, sondern lediglich Ranulf Auskunft über Clydon gegeben.
Ranulf stieg nackt in die große, runde Wanne. Als er sich setzte, ließ das Gewicht seines Körpers das Wasser bis zu seiner Brust steigen. Er bemerkte nicht, wie Theo jede seiner Bewegungen mit erwartungsvoll funkelnden Augen verfolgte.
Theodric war entzückt und verängstigt zugleich. Er hatte noch nie einen so schönen oder riesenhaften Körper gesehen. Jeder Muskel verriet eiserne Kraft. Arme wie diese konnten mühelos Knochen brechen. Lange, lange Beine, ein schmaler, wundervoll geschwungener Po, ein endloser breiter Rücken, und alles in goldene Haut verpackt und felsenhart. Theo konnte getötet werden. Er mußte das Risiko eingehen. Doch er wußte nicht, wie er mit so einem Mann verfahren sollte.
Er hatte die Kleidung des Ritters weggelegt. Seine Finger hatten dabei auf dem Stoff geruht – gerade so lange, wie es möglich war, ohne Anstoß zu erregen, doch der Riese hatte nichts bemerkt und den Jungen nicht einmal angesehen, während er Fragen stellte. Theo antwortete mechanisch, denn seine Gedanken kreisten nur um eines. Gewöhnlich mußte er sich nicht so auffällig benehmen. Es genügte ein schwüler Blick, doch offensichtlich nicht bei diesem Mann, dessen ganzes Interesse Clydon zu gelten schien – bisher.
»Wie alt ist sie, deine Herrin?«
Theo sah, wie der Ritter nach dem Waschlappen und der Seife griff, die auf einem Schemel neben der Wanne lagen, und kam ihm zuvor. »Erlauben Sie mir, Sie zu waschen, mein Lord.«
Ranulf zuckte mit den Schultern, obwohl er nicht erwartet hatte, daß die Hilfe des Jungen so weit gehen würde. Doch Lanzo und Kenric schrubbten ihm oft den Rücken, deshalb beugte er sich vor, vergaß jedoch nicht seine Frage.
»Deine Herrin?«
Theo seifte den Waschlappen ein und zögerte zu antworten sowie den Riesen zu berühren. »Warum fragen Sie?«
»Weil ich keine Brüste, keine Hüften, überhaupt keine Kurven entdeckt habe, die mir das Raten erleichtert hätten. Ist sie noch ein Kind?«
Theo hätte beleidigt sein können, weil ein Fremder die Brüste, die Hüften und Kurven seiner Herrin erwähnte, doch er grinste nur, und Ranulf sah es nicht. Reina war tatsächlich nicht so kurvenreich wie die meisten Frauen, doch was sie besaß, hatte die richtigen Maße. Reina war eben nur extrem winzig. Wer sie nicht unbekleidet sehen durfte, konnte nicht ahnen, wie tadellos ihre Beine geformt waren, und daß sie den entzückendsten kleinen Po besaß, ein anmutig gewölbtes Hinterteil, so glatt wie Seide. Ihre Brüste mochten keine Handvoll ergeben, doch sie standen nach oben, mit großen Brustwarzen, die einem Mann den Mund wäßrig machen konnten – jedenfalls den meisten Männern.
Theo mußte sich anstrengen, einen selbstgefälligen Ton zu vermeiden, als er antwortete, denn er kannte die schönen Seiten seiner Herrin, die dieser Ritter niemals kennenlernen würde. »Meine Lady ist schon seit vielen Jahren kein Kind mehr. Sie erscheint zwar nicht so, aber sie ist eine erwachsene Frau.«
Ranulf stellte fest, daß seine Frage bezüglich des Alters nicht direkt beantwortet worden war. Wenn der Junge nicht über die Dame sprechen wollte, würde sich das nun zeigen.
»Wenn ihre Kinderjahre so weit zurückliegen, warum ist sie dann nicht verheiratet?«
Theo fuhr liebkosend mit dem Waschlappen über die goldene Haut. Es fiel ihm schwer nachzudenken, während dieser schöne, muskulöse Rücken unter seiner Hand lag.
»Sie war verlobt, doch der Mann starb vor zwei Jahren.«
»Doch sie verlobte sich wieder?«
Theo furchte die Stirn und bemühte sich um Konzentration. Das war jetzt
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