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Fesseln der Leidenschaft

Fesseln der Leidenschaft

Titel: Fesseln der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Gestalt, wurde gemunkelt, er zöge einen Jungen im Bett einer Frau vor. Es gab eben Männer, die mochten beides, und Männer, die mochten nur das eine oder andere. In der Kirche wurde so oft darüber gepredigt, daß Ranulf die weit verbreitete Praxis dieser Perversion kannte. Doch er hatte nie zuvor eine derartige Annäherung erlebt. Kein Mann hatte das je gewagt. Dieser mädchenhafte Theo war vom Glück begünstigt, daß Ranulf ihn nicht in Stücke gerissen hatte.

7

    Reina benützte selten den Badeschemel, der für sie in die Mitte der mit Tüchern ausgeschlagenen Wanne gestellt wurde. Auch heute setzte sie sich nicht darauf. Sie spürte das Bedürfnis, tief in dem heißen Wasser zu versinken, um ihren schmerzenden Muskeln Entspannung zu verschaffen. Da sie so klein war, brauchte sie nicht sehr viel Wasser. Ihr Bad enthielt Myrrhenöl, dessen köstliche, exotische Süße sie beruhigte. Es war ihr Lieblingsduft, seitdem sie das Öl in der Wagenladung voller Schätze entdeckt hatte, die von ihrem Vater nach Hause gesendet worden waren.
    Beim Öffnen der Tür richtete Reina sich auf. Wenda hatte bereits den Rest des heißen Wassers hereingebracht, das über dem Herd im Zimmer des Lords erhitzt worden war. Als Reina Theodric erkannte, ließ sie sich wieder zurücksinken. Sie hörte, wie er Wenda fortschickte, und wunderte sich, daß er schon da war. Dann wartete sie auf seinen Bericht. Eine Vorahnung sagte ihr, daß ihr dieser Bericht nicht gefallen würde, deshalb hatte sie auch keine Eile, ihn zu vernehmen.
    Sie hatte bereits mit ihrem Tafelmeister gesprochen und war sicher, daß unten alles beinahe normal ablaufen würde, doch sie wußte, daß sie nicht in ihrem Zimmer verweilen durfte, wenn Gäste zu betreuen waren. Doch hier war der einzige Platz, an dem sie Ruhe hatte, und die benötigte sie im Moment. Außer Theo oder Wenda durfte niemand ohne Erlaubnis dieses Zimmer betreten, und wenn Reina sich hier aufhielt, was nicht zu oft vorkam, wußte jeder, daß sie nicht gestört werden wollte. Diese Regelungen waren wegen Theo getroffen worden. Reinas Damen war bekannt, daß er ihre Herrin bediente, doch nicht, in welcher Eigenschaft. Es war auch kein Geheimnis, daß er sich nicht für Frauen interessierte – dafür zeigte er seine Vorliebe viel zu augenfällig. Doch die meisten der Damen waren noch zu jung, um die Situation zu verstehen, sollten sie zufällig hereinkommen, wie jetzt, und Theo im Zimmer vorfinden, während ihre Herrin badete.
    Theos Zwillingsschwester Ethelinda war seit Reinas zwölftem Lebensjahr ihre persönliche Bedienstete gewesen. Daß die Zwillinge beinahe unzertrennlich waren, hatte Reina veranlaßt, sich auch an Theos Gegenwart in ihren Räumen zu gewöhnen. Zuerst hatte der Junge Arbeiten verrichtet, die für männliche Bedienstete bestimmt waren. Doch bald hatte er, wenn Ethelinda unabkömmlich war, einige Pflichten seiner Schwester übernommen. Seine Berührung war sanfter, deshalb mochte Reina es lieber, von ihm gekämmt und frisiert zu werden. Er hielt ihre Kleidung sauberer, ebenso wie ihr Zimmer, denn Schmutz stieß ihn ab.
    Als er vierzehn war, verliebte er sich zum erstenmal. Obwohl es Reina schockierte, daß seine Liebe einem anderen Mann galt, gewöhnte sie sich bald auch daran. Und schließlich verhüllte sie ihre Nacktheit nicht mehr, wenn er unerwartet ihr Zimmer betrat. Für sie war er einfach Theo, zwar ein Junge, aber kein auf irgendeine Art bedrohliches männliches Wesen. Als Ethelinda kurz nach Roger de Champeneys Aufbruch ins Heilige Land bei einem tragischen Unfall starb, erschien es nur natürlich, daß Theo ihre Stelle einnahm.
    Reina hatte ihn bereits liebgewonnen, wie sie auch seiner Schwester zugetan gewesen war. In ihrem Kummer über Ethelindas Verlust trösteten sie sich gegenseitig und kamen sich dadurch noch näher. Zwischen ihnen entstand eine Bindung. Theo war nicht nur Reinas Diener, sondern auch ihr Freund, und deshalb konnte er sich Freiheiten bei ihr herausnehmen wie kein anderer. Ihr Vater hätte das nicht gestattet, wie überhaupt kein Mann das verstanden hätte; deshalb wußte auch nur Wenda, daß Theo Reinas ›persönliche Bedienstete‹ war, daß er sie badete und ankleidete und sich um ihre Bedürfnisse kümmerte.
    Dieses Geheimnis zu wahren war nötig gewesen, weil Reina jünger war als Theo, und weil ihre noch jüngeren Damen vor jedem ungebührlichen Einfluß geschützt werden mußten. Doch nun beanspruchte Reina gewisse Rechte für sich selbst

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