Fesseln der Leidenschaft
war. »Sie ist sehr wortgewaltig.«
»Du hast nur ein kleines Beispiel vernommen.«
»Weißt du eigentlich, was sie damit meinte, daß Rothwell sich ein Vermögen ergaunert?«
»Sie behauptet, sie sei nie mit ihm verlobt gewesen.«
»Hast du nicht auch an Rothwells Ansprüchen bezweifelt?«
»Das zählt nicht«, erwiderte Ranulf störrisch. »Wir werden nicht dafür bezahlt aufzudecken, wer welche Rechte besitzt.«
»Doch … Bei Gott, Ranulf! Erkennst du nicht, was das bedeutet? Wenn der alte Mann kein Anrecht auf sie hat, warum gibst du sie ihm dann? Du hast sie. Warum behältst du sie nicht für dich?«
»Hüte deine Zunge!« rief Ranulf entsetzt. »Ich möchte keine Lady zur Frau – und am wenigsten diese!«
»Auch nicht, um Clydon zu bekommen?«
Für den Bruchteil einer Sekunde zögerte Ranulf, doch das war auch alles. »Nicht einmal, wenn sie mir das ganze Königreich böte.«
»Clydon ist ebenso schön«, bemerkte Walter mit einem Grinsen. Dafür erntete er einen finsteren Blick, ehe Ranulf seinem Pferd die Sporen gab. Er wollte von diesem Thema nichts mehr hören.
Doch in Walters Gehirn hatte der Gedanke Wurzeln geschlagen, und er drehte sich um, da er mit Master Scot, dem Anführer von Rothwells Männern, reden wollte. Er lenkte sein Pferd neben den zu Fuß gehenden Mann. »Woher wußte Ihr Lord von Roger de Champeneys Tod, Meister Scot?«
»Es stand in einem Brief seines Neffen – desjenigen, der den König auf seinem Kreuzzug begleitete. Ich hörte den Namen, als die Botschaft gerade eingetroffen war.«
»Hatten Sie jemals von der Verlobung mit Reina de Champeney etwas gehört?«
»Es gab nie eine Verlobung«, antwortete der Mann verächtlich. »Lord Rothwell verkündete nur seine Meinung, wie leicht das Mädchen zu fangen sei, da ihr Lehensherr noch im Heiligen Land weilt.«
»Finden Sie nicht, daß Sie das eher hätten erwähnen sollen?« fragte Walter irritiert. Er hatte keine so eindeutige Auskunft erwartet, sondern Ranulf nur weitere Zweifel unterbreiten wollen.
Meister Scot zuckte die Schultern. »Die Angelegenheiten der Barone gehen mich nichts an. Und ich fand es auch nicht wichtig, nachdem Sie Ihr Geld für die Lady schon bekommen haben.«
»Ah, aber Sie müssen wissen, daß Sir Ranulf bisher noch keine Bezahlung angenommen hat.«
Meister Scot blieb überrascht stehen. »Warum bringen wir dann so ein unschuldiges, junges Ding zu einem Teufel wie Lord Rothwell?«
»Das ist eine gute Frage«, erwiderte Walter. Er ritt an die Seite des Vorratskarrens, in dem das ›unschuldige, junge Ding‹ hin und her geschüttelt wurde, weil Ranulf der Ungehorsamen ein Pferd verweigerte. »Ich dachte, Sie hätten gern ein wenig Gesellschaft, meine Lady.«
Sie schenkte ihm nur einen kurzen, kalten Blick, ehe sie in die andere Richtung schaute. »Nicht von einem seiner Freunde. Danke.«
Walter war betroffen, doch er versuchte es noch einmal. »Es stimmt, daß mit Ranulf nicht leicht umzugehen ist, wenn man seine Art nicht kennt, aber verglichen mit Ihrem Verlobten wird er Ihnen als ein Heiliger erscheinen.«
»Wohl kaum, de Breaute.«
Walter zuckte die Schultern und schwieg, doch er ritt weiter neben ihr her. Er hoffte auf ihre Neugier. Natürlich war es möglich, daß Reina schon über Rothwell Bescheid wußte und daher keine Fragen stellen würde.
Aber seine List funktionierte. Schließlich sah die junge Frau ihn wieder an. Diesmal war ihr Gesichtsausdruck nicht so frostig, wenn auch nicht ausgesprochen freundlich. »Sind Sie diesem … diesem feigen Lord schon einmal begegnet, der mein Erbe stehlen will?«
Walter mußte ein Lächeln über die Wahl ihrer Worte unterdrücken. »Ja, ich bin ihm begegnet. Aber verraten sie mir etwas, Demoiselle. Wenn er nicht Ihr Verlobter ist, wer ist es dann?«
Sie blickte in ihren Schoß und antwortete lange nicht. Walter dachte schon, sie würde seine Frage übergehen, doch dann hörte er etwas, was er nicht erwartet hatte.
»Ich habe keinen Verlobten.«
»Soll das heißen, daß der Graf von Shefford Sie als sein Mündel behalten will?«
»Nein, ich habe seinen Segen zu heiraten, und meine Hochzeit wäre innerhalb von einer Woche fällig gewesen, wenn Sie und Ihre Freunde das nicht verhindert hätten.«
Sie beherrschte ihren Groll recht gut, und ihre Stimme klang nur ein wenig bitter, doch Walter begriff nichts. »Wie kann das sein? Wenn Shefford Ihnen einen Mann schickt, hat er einen Vertrag für Sie geschlossen, und dieser Mann ist Ihr
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