Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln der Leidenschaft

Fesseln der Leidenschaft

Titel: Fesseln der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
Vom Netzwerk:
vielen Fragen, die den neuen Herrn betrafen, und zögerte die Rückkehr hinaus. Das geschah aus reiner Feigheit – das beschönigte Reina nicht vor sich selbst. Sie war feige genug, ihre Gäste für den Rest des Tages allein zu lassen, ohne einen Hauch von Gewissensbissen zu verspüren.
    Wer sollte sie deshalb verurteilen? Das Essen war spät aufgetragen worden, weil sie sich nur zögernd in die Halle zurückbegeben hatte. Jedesmal, wenn Ranulfs Blick auf ihr geruht hatte, war ihr von neuem die Röte ins Gesicht gestiegen, da Reina wußte, daß ihr Mann sie insgeheim auslachte. Sie glaubte, die Demütigung niemals überwinden zu können, daß sie einen sehr wesentlichen Teil ihrer Kleidung nicht vermißt hatte. Doch er hatte es gewußt, dieser Teufel, dieser Ausbund an geschmacklosem Humor!
    Sie war baldmöglichst geflohen und zögerte auch jetzt noch zurückzukehren. Sie konnte nur hoffen, daß ihr Mann weggegangen war, daß Simon ihrem Wunsch entsprochen und Ranulf mit sich genommen hatte.
    Sie sah, daß Aylmer sie beobachtete, als sie am Fuß der Treppe des Vorgebäudes vom Pferd stieg und einem Stallburschen die Zügel reichte. Daß der Junge nicht, wie gewöhnlich, auf sie zulief, um sie zu begrüßen, erinnerte sie daran, daß sie sich lange nicht um ihn gekümmert hatte – tatsächlich nicht mehr seit de Rocheforts Angriff. Allerdings hatte sie viele ihrer Pflichten den anderen Damen übertragen, um mehr Zeit für ihre Gäste zu haben.
    Der Junge saß mit dem Rücken zur Wand auf der Seite eines Vorratsschuppens. Als er merkte, daß sie ihn gesehen hatte, drehte er den Kopf weg. Da wußte sie, daß wirklich etwas nicht stimmte. Anstatt Aylmer zu sich zu rufen, ging sie langsam über den Hof, denn sie war immer noch nicht in Eile, obwohl die ersten Tropfen fielen. Nun bemerkte sie, daß der Junge Gesellschaft hatte. Lady Ella lag zusammengerollt in seinem Schoß.
    Reina erwähnte die Katze nicht, sondern fragte: »Gehst du mir aus dem weg, Aylmer?«
    Er sah sie nicht an. »Sie waren beschäftigt, meine Herrin.«
    »Stimmt.«
    Reina hockte sich neben ihn. Die schmale, überhängende Dachkante bot keinen Schutz vor dem Regen, also achtete die junge Frau – ebenso wie das Kind – nicht auf die Nässe. Warum allerdings die Katze nicht davonlief, schien ein Rätsel. Das Vieh war ebenso dumm wie häßlich.
    Reina sagte forschend: »Denkst du, daß sich durch meine Heirat etwas ändert?«
    »Ändert sich denn nichts?«
    Er sah sie immer noch nicht an, doch er konnte seine düstere Stimmung nicht geheimhalten. Reina wußte nicht, was ihn quälte, doch sie hatte eine Idee.
    »Bald geht alles wieder seinen normalen Gang«, versicherte sie. »Der einzige Unterschied besteht darin, daß Clydon wieder einen Herrn hat und mehr Männer uns beschützen. Findest du nicht, daß das gut für uns ist?«
    »Wir kamen prima zurecht … «
    »Nein, Aylmer, du weißt, daß das nicht stimmt. Sag mir jetzt, warum du hier draußen sitzt, wenn du in der Küche sein solltest, um beim Waffelbacken zu helfen.«
    »Er kam in die Küche«, flüsterte das Kind.
    »Er? Oh, er – so?«
    »Ich rannte weg, und deshalb wird Aldrich mich auspeitschen, vor allem, weil er für die übrigen Gäste noch extra Waffeln backen muß.«
    »Ich werde mit Aldrich reden«, sagte Reina. Dabei dachte sie, daß sie Aldrichs Ohren statt seiner Waffeln zum morgigen Mittagessen würde servieren lassen, falls sie herausfand, daß er den Jungen geschlagen hatte. »Aber du weißt, Aylmer, daß es verkehrt war wegzulaufen … « Sie hielt inne, denn sie hatte ja dasselbe getan.
    »Lassen wir das. Manchmal hat man einen guten Grund, für eine Weile zu verschwinden. Warum bist du davongerannt?«
    »Warum?« Er blickte sie nun voller Erstaunen an, als müsse ihr die Antwort klar sein. »Ich … ich wollte nicht, daß der Lord mich sieht. Ich hatte Angst, er würde mich wegschicken, wenn er meinen Fuß entdeckt.«
    Reina stöhnte innerlich. Sie wollte die Arme um den Jungen legen und ihm versichern, das würde nie geschehen, doch wie konnte sie das? Er hatte recht. Manche Menschen reagierten verachtenswert auf Krüppel, als bedeuteten sie eine Bedrohung ihrer Unsterblichkeit, und Reina kannte Ranulf nicht gut genug, um in seinem Sinn zu sprechen.
    Sie entschied sich für Logik und konnte nur hoffen, daß diese sich bewahrheitete. »Wenn er dich wegschicken würde, Aylmer, dann hieße das, er würde dich fürchten. Ich habe aber immer gehört, daß Riesen nichts und

Weitere Kostenlose Bücher