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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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schimmernde Haut. Plötzlich drückte er ihr einen flüchtigen Kuss auf die Nasenspitze und schob sie in die Ecke der Sitzbank, in die sie sich verkroch und ihn mit großen Augen ansah.
    Vor dem kleinen Haus am Fluss sprang Heath aus der Equipage, umfing Lucys Taille mit seinen großen Händen und hob sie aus dem Wagen. Sobald sie auf dem Kiesweg stand, versuchte Lucy mit einer anmutigen Drehung des Oberkörpers, die schwere, raschelnde Seidenschleppe ihrer Robe zu ordnen, Heath aber nahm die Hände nicht von ihrer Mitte. Lucy sah ihm in die Augen, die mitternachtsblau im dunklen Gesicht schimmerten. Er zog sie an sich und zwang sie, sich auf Zehenspitzen zu stellen. Ihre Körper schmiegten sich eng aneinander. Lucy schloss die Augen, fühlte die Wärme seiner Lippen auf den ihren in warmen, schnellen Küssen. Benommen lehnte sie sich an ihn, als die Küsse aufhörten und Heath ihr eine Locke aus der Stirn strich. »Geh nach oben. Ich versorge das Pferd«, murmelte er. »Ich komme gleich nach.«
    Lucy nickte, dann löste sie sich von ihm und betrat das Haus, ohne einen Blick über die Schulter zu werfen. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, hob sie die Hand an die Lippen, die sich weich und geschwollen anfühlten. Während sie die Treppe hinaufstieg, tobten widersprüchliche Empfindungen in ihr. Sie war aufgewühlt und ängstlich, zugleich auch erleichtert, dass das Warten endlich ein Ende hatte und sie sich nicht länger mit Fragen quälen musste, auf die ihr niemand Antwort geben konnte. Endlich, endlich würde es geschehen und sie wusste, dass es richtig war.
    Mit flatternden Händen schlug sie das Bett auf und drehte den Docht der Lampe herunter, bis sie einen schwachen warmen Schein verbreitete. Heath würde nicht lange auf sich warten lassen und diesmal sollte alles anders sein als in der unseligen Hochzeitsnacht. Sie zerrte an den Verschlüssen ihres Kleids, warf die Schuhe von sich und zog Kämme und Nadeln aus ihrem Haar – alles irgendwie gleichzeitig. Wieso musste ein Kleid so schrecklich viele Knöpfe haben? Sie streifte den gerüschten Seidenunterrock ab, der sich auf dem Fußboden wie eine weiße Wolke bauschte, und stieg aus der Krinoline, an der die wattierte Tournüre befestigt war. Das ovale Drahtgestell klappte über der Seidenwolke zusammen. Noch immer flogen Haarnadeln durchs Zimmer. Wo war nur die Haarbürste? Sie hüpfte auf einem Bein und dann auf dem anderen, um Strumpfbänder und Strümpfe abzustreifen.
    In Korsett und Spitzenunterhosen eilte sie zum Spiegel und zog den Kamm durchs Haar, bis ihre kastanienfarbenen Locken schimmernd über die Schultern wallten. »Gütiger Himmel, gütiger Himmel«, murmelte sie, als die Uhr auf dem Kaminsims schneller zu ticken schien. Heath würde jede Minute hier sein. Sie musste noch ihr Korsett loswerden und das dauerte seine Zeit. Es war aus weißem, gestärktem Leinen gefertigt, mit Fischbeinstäbchen verstärkt und vorne mit Bändern verschnürt. Normalerweise schnürte sie sich selbst, doch an diesem Morgen war ihr in der Eile die Schleife zu einem Knoten durchgerutscht. Nun zupfte sie verbissen mit den Fingernägeln an dem harten kleinen Knoten, der keine Anstalten machte, sich zu lösen. Tränen der Wut stiegen ihr in die Augen, als sie Heath’ Schritte auf der Treppe hörte. »Ich bin noch nicht fertig!«, rief sie mit viel zu hoher Stimme.
    »In Ordnung. Ich wasche mich so lange.«
    Lucy stemmte die Hände in ihre geschnürte Taille und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Dann zerrte sie erneut an dem hartnäckigen Knoten, bis sie es endgültig aufgab und eine Nagelschere suchte. Sie zog die Schublade ihrer Frisierkommode so heftig auf, dass der Inhalt völlig durcheinander geriet, und kramte verzweifelt darin herum. Sie fand alles, nur keine Schere.
    »Suchst du etwas Bestimmtes?«
    Sie fuhr atemlos herum, ihre Augen glitzerten vor Nervosität und Verzweiflung. Heath stand vor ihr in einem dunkelblauen seidenen Morgenmantel, ruhig und gelassen und leicht amüsiert über ihre Erregung. »Mach bitte keine Witze«, tadelte sie spitz.
    »Ich habe nicht die Absicht.«
    Sie nahm ihre hastige Suche in der Schublade wieder auf und zuckte zusammen, als sie seine Hand auf ihrer nackten Schulter spürte. »Was suchst du denn?«, fragte er leise. Lucy gab ihre Bemühungen seufzend auf. Es war dumm von ihr, sich über die verknoteten Bänder eines Korsetts in solche Erregung hineinzusteigern.
    »Ich … ach, ich wusste, dass etwas schief gehen

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