Fesseln der Sünde
ein hoffnungsloser Traum gewesen, seine Frau zu werden. Nun machte er ihr einen Antrag, doch am liebsten wäre sie davongelaufen und hätte sich die Augen ausgeweint. Denn er wollte sie nur heiraten, um sie zu schützen, nicht weil er sie als Lebensgefährtin, als die Frau in seinem Bett, als die Mutter seiner Kinder haben wollte.
»Du hast gesagt, du würdest nie heiraten. Nie eine Familie haben.« Ihre Lippen fühlten sich an, als wären sie aus Holz. »Hat sich daran etwas geändert?«
»Nein.« Seine Haltung war so steif wie die eines Soldaten bei einer Parade. Seine Stimme war unerbittlich. »Diese Ehe wird nur auf dem Papier stehen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht das, was ich möchte.« Sie schreckte zurück, als sie wieder Mitleid in seinen Augen schimmern sah.
»Das ist alles, was ich dir anbieten kann. Das und die Möglichkeit, ein eigenständiges Leben zu führen, wenn wir deine Stiefbrüder erst mal zur Hölle geschickt haben.«
»Ich möchte mein Leben mit dir verbringen.«
Es war der Aufschrei eines verwöhnten Mädchens, einer verhätschelten Aristokratin, Vaters Liebling. Schon als die Worte über ihre Lippen kamen, schrak sie zusammen. Er bot ihr so viel an und tat es nur für sie. Sie hatte kein Recht an dem Preis, den sie dafür zahlen musste, etwas auszusetzen.
Auch wenn sie wusste, dass dieser Preis sie zerstören würde.
Er seufzte noch einmal und fuhr sich voller Verzweiflung mit der Hand durchs Haar. »Vielleicht ist mein Plan letztendlich doch zum Scheitern verurteilt. Ich kann es nicht ertragen, dir wehzutun.«
Sie starrte blind ins Feuer, während ihre Fantasien eines erfüllten Lebens mit Gideon zu Asche verbrannten. Sie würde zwar ein Leben an seiner Seite führen, aber sie würden einander wie zwei höfliche Fremde begegnen. Die Pflicht würde sie zusammenhalten, nicht gegenseitige Liebe. Sie wollte ihre Enttäuschung am liebsten laut in den Himmel schreien.
Jetzt verstand sie seine entsetzte Reaktion auf ihre Liebeserklärung. Die Ehe mit einer sich nach ihm verzehrenden Frau würde ewige Folter für ihn bedeuten.
Sie zwang sich zu sprechen. »Du hast gesagt, wir haben keine andere Möglichkeit.«
»Wir könnten davonlaufen.«
»Als deine Frau wäre ich sicherer.«
»Wir sprechen hier über dein ganzes Leben.«
»Und über deines.« Er klang gerade so, als hegte er keinerlei Hoffnung auf eigenes Glück. Dieser Gedanke traf sie wie ein Stich ins Herz. »Ich kann dieses Opfer von dir nicht verlangen. Das ist zu viel.«
Sein Gesicht war blass, versteinert, so als sehe er einem Todesurteil entgegen. »Charis, ich bringe hier kein Opfer. Mein Leben ist vorbei, in jeglicher Hinsicht. Lass mich dir helfen.«
Er sprach so ohne Selbstmitleid, dass es ihr den Atem verschlug. Wie konnte er nur solche Dinge sagen? Und wieder wurde ihr bewusst, wie viel sie von dem hier nicht verstand.
Bevor sie auf die grausame Einschätzung seiner Zukunft einen Einwand erheben konnte, fuhr er in einem plötzlich kühlen und geschäftsmäßigen Ton fort. Wahrscheinlich ärgerte er sich darüber, wie viel er in dieser letzten verdrießlichen Äußerung preisgegeben hatte.
»Einer der Männer von hier wird uns mit dem Schiff nach Jersey bringen. Wir können das Paketboot nicht nehmen, da deine Stiefbrüder die Häfen möglicherweise beobachten lassen. Wir werden so schnell wie möglich heiraten, höchstwahrscheinlich binnen eines Tages nach unserer Ankunft. Zwei der Dorfbewohner werden sich als du und ich verkleiden und eine Reise nach Schottland antreten. Sobald du dein Einverständnis gegeben hast, werden sie in einer schnellen Kutsche aufbrechen.«
»Felix und Hubert werden also denken, dass wir nach Gretna durchgebrannt sind«, sagte sie matt. Das Ausmaß an Gideons Planung deutete darauf hin, dass er davon ausgegangen war, sie würde seinem Vorschlag zustimmen. Natürlich würde sie. Was blieb ihr anderes übrig?
Sie streckte den Rücken durch. Er tat das für sie. Sie war es ihm schuldig, keine unnötigen Probleme zu machen.
»Das ist der üblichere Weg, und die List sollte uns eine Atempause verschaffen.« Er hielt inne und schaute, wie sie reagierte. »Wir werden nicht vor deinem einundzwanzigsten Geburtstag von Jersey zurückkehren. Wie es danach weitergehen wird, liegt bei dir. Ich schlage vor, wir wohnen für mindestens ein Jahr unter einem Dach, um den Schein zu wahren.«
»Wie du meinst.« Sie hatte nicht das Recht, sich über seine Großzügigkeit zu ärgern. Sie
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