Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln der Unvergaenglichkeit

Fesseln der Unvergaenglichkeit

Titel: Fesseln der Unvergaenglichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Kolb
Vom Netzwerk:
verstehe ich nicht.« Juri zog sein Handy aus der Tasche und sah prüfend auf das Display. »Jetzt mache ich mir Sorgen. Das klingt gar nicht nach Aiyana. Sie hat noch nie ohne Entschuldigung bei einer Probe gefehlt, schon gar nicht, wenn es um eine Probe mit der Gruppe ging. Wo kann sie bloß stecken?«
    »Sie wollte vom Studio gleich zur Subway gehen.«
    Juri zuckte mit den Schultern. »Waren Sie bei ihr zu Hause?«
    Moira schüttelte den Kopf. »Das werde ich als Nächstes tun.« Sie verschwieg ihm, dass Aiyana seit einer Woche bei ihr wohnte.
    »Rufen Sie mich sofort an. Wenn wir sie nicht finden, muss ich sie als vermisst melden. Die Sache gefällt mir nicht.«
    Moira nickte und eilte hinaus. Im Laufen wählte sie Leonardos Nummer.
    Er nahm sofort ab. »Aiyana ist den ganzen Tag nicht zur Probe gekommen«, sagte Moira atemlos.
    »Hat sie überhaupt jemand gesehen?« Leonardos Stimme klang angespannt.
    »Nein. Niemand weiß etwas.«
    »Es ist dieser verdammte Arzt. Er steckt dahinter«, sagte Leonardo wütend, der Zorn schien ihn anzustacheln. »Wir müssen sie finden, ehe er ihr etwas antut.«
    Moira wartete bei der Ampel. »Ich bin unterwegs.«
    Leonardo antwortete nicht. Er hatte bereits aufgelegt. Eine furchtbare Ahnung ergriff sie. Sobald die Ampel auf Grün schaltete, begann sie zu rennen. Der Weg zur Subway Station erschien ihr endlos. Die Rolltreppe glitt quälend langsam in die Tiefe und sie lief an den Menschen vorbei. Die Bank, auf der Leonardo gesessen hatte, war leer. Nur sein Schal lag dort. Moira sah sich fröstelnd um. Er hatte zwar gesagt, sie müssten etwas unternehmen, aber er hatte damit nur sich selbst gemeint. Er war fort.
     
    *
     
    Leonardo wusste nicht, wie er es zum Krankenhaus geschafft hatte. Nach Moiras Anruf und der Gewissheit, dass Aiyana den Tag nicht im Theater verbracht hatte, konnte er seine Wut kaum zügeln. Die Angst trieb ihn an. Doktor Weser erschien ihm wie ein ausgehungerter Löwe, der bereit war, sein Opfer gnadenlos zu verfolgen.
    Der Haupteingang war bereits geschlossen, also ging er zur Notaufnahme und bat den Pförtner, ihn mit Doktor Weser zu verbinden.
    Der Pförtner reichte ihm den Hörer »Soutter, Stationsarzt, was kann ich für Sie tun?« Die freundliche Männerstimme klang vertrauenswürdig.
    Leonardo fragte nach Doktor Weser, aber der operierte gerade, wie der andere Arzt ihm mitteilte. Er fügte hinzu, dass sein Kollege in einer halben Stunde aus dem OP käme und sicher ein paar Minuten Zeit für Leonardo fände, wenn er es so eilig hätte. Leonardo überhörte die unausgesprochene Frage und sagte, er würde gern warten.
    Der Pförtner öffnete ihm die breite Tür und ließ ihn eintreten. Leonardo ging zum Empfangsbereich. Ganz hinten fand er noch einen freien Stuhl. Die Wartenden saßen mit ausdruckslosen Gesichtern auf ihren Sitzen. Seine Beine zitterten. Die Kraft verließ ihn erneut. Leonardo richtete sich auf. Er musste herausfinden, ob der Arzt Aiyana versteckt hielt.
    Vergeblich stemmte er sich gegen die Schwäche, die ihn schleichend überkam und sank in sich zusammen. Niemand beachtete ihn. Die halbe Stunde erschien ihm endlos. Als Doktor Weser kam, atmete er auf.
    »Mr. Visconti, Sie wollten mich sprechen?«
    Leonardo nickte schwach.
    »Sie scheinen in keiner guten Verfassung zu sein.« Doktor Weser sah ihn besorgt an.
    »Wissen Sie, wo Aiyana ist?«
    »Kommen Sie mit in mein Sprechzimmer. Dort werden wir uns in Ruhe unterhalten.«
    »Es ist sehr dringend.«
    »Ich möchte Ihnen gern helfen«, sagte der Arzt beruhigend. Die wartenden Personen musterten sie neugierig.
    Leonardo nickte. Er erhob sich und folgte ihm durch die überfüllten Gänge. Die Krankenschwestern grüßten Doktor Weser ehrfürchtig. Leonardo wich einem leeren Bett aus, ohne seinen Blick von Weser zu nehmen. Der Empfang vor dem Sprechzimmer lag einsam da.
    Der Arzt hielt ihm die Tür auf. »Kommen Sie, Mr. Visconti.«
    Leonardo betrat den Raum. Das Untersuchungszimmer erstaunte ihn. Ein großer Tisch und eine Liege schienen die einzigen Hilfsmittel zu sein, die der Arzt brauchte.
    »Setzen Sie sich.« Leonardo setzte sich auf den braunen Stuhl, der farblich zu dem Kirschholztisch passte.
    »Ich suche Aiyana. Sie ist seit heute Morgen spurlos verschwunden.«
    Doktor Weser setzte sich auf seinen Bürostuhl. »Ich suche sie auch und hatte die Hoffnung, dass ich etwas über Aiyana herausfinden würde, wenn ich Ihnen meine kostbare Zeit widme. Sie sollte heute zu mir ins Krankenhaus

Weitere Kostenlose Bücher