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Fesseln der Unvergaenglichkeit

Fesseln der Unvergaenglichkeit

Titel: Fesseln der Unvergaenglichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Kolb
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hatten.
    »Wow!« Conchitta kam näher und betrachtete ehrfürchtig die roten Rosen. Über ihr hellbraunes Gesicht, das fast den gleichen Farbton hatte wie Aiyanas, glitt ein wissendes Lächeln. »Sind die von Viorel?« Sie beugte sich über den Strauß und sog den Duft ein. »Du bist seine heimliche Liebe.« Verschwörerisch hob sie eine Hand in die Luft. »Von mir erfährt niemand was, versprochen.«
    Sie strich mit ihren Fingern über das weiße Kostüm aus dem zweiten Akt, bevor sie es vom Hänger nahm. »Die Schneiderei hat den Reißverschluss erneuert, der gestern gerissen ist. Wir müssen sehen, ob es dir passt«
    Aiyana stieg behutsam in den Traum aus weißem Tüll.
    »Entschuldigung, aber ich bin überwältigt.« Conchitta bewunderte sie mit feuchten Augen. Sie wischte energisch die Tränen weg und stellte sich hinter Aiyana. Mit geübtem Griff prüfte sie den Verschluss. »Das sind die magischen Momente im Theater, wenn die Darstellerin perfekt in ihre Rolle passt.« Sie nahm Aiyana das Kleid ab und hängte es an seinen Platz. »Darum arbeite ich so gern hier. Aber ich lasse dich jetzt lieber allein, damit du dich konzentrieren kannst.« Sie spuckte Aiyana ihr »toi, toi, toi« über die Schulter, schob ihren rundlichen Körper Richtung Ausgang und verließ den Raum.
    Aiyana betrachtete die geschlossene Tür. Conchitta hatte ihr Mut gemacht. Voller Elan nahm sie die Karte, die neben den Rosen lag, und küsste sie dreimal. Aberglaube war etwas für Angsthasen, aber heute Abend brauchte sie jede Hilfe, die sie bekommen konnte. Sie berührte die Blumen und dachte an Viorel. Die Proben hatten sie zusammengeschweißt. Er hatte sich wie eine Raupe von einem verschlossenen Mitarbeiter in einen liebevollen Kollegen verwandelt.
    Sie lächelte, sie gönnte ihm sein Glück. Eines Abends saßen sie vor dem Theater unter dem Sternenhimmel, als es plötzlich aus Viorel herausbrach. Er hatte die Nacht davor mit Olli seine Homosexualität entdeckt. Das hatte sein Leben umgekrempelt und seine Gefühle wie einen gestauten Bach aus seinem Korsett befreit.
    Wenn Viorel von der Liebe sprach, klang es ehrfurchtsvoll, als hätte er ein Wunder erlebt.
    Aiyana betrachtete trotzig ihr Spiegelbild. Ihre große Liebe war der Tanz. Sie vermisste nichts. Der linke Mundwinkel zitterte leicht, ein Zeichen, dass sie log. Sie schnitt eine Grimasse. »Fast nichts.« Eine Durchsage aus dem Lautsprecher riss sie aus ihren Gedanken. »Eine Stunde bis Vorstellungsbeginn.«
    Sie setzte sich auf den Stuhl, nahm energisch den Schwamm und verteilte die dicke Camouflage auf ihrem Gesicht, als die Tür krachend aufflog. Ella betrat die Garderobe und sah sich um. »Eines Tages das mir gehören.« Sie stieß die Wörter im Staccato hervor. Ihre Stimme klang eine Oktave zu tief. Die kalten blauen Augen fixierten Aiyana wie ein Tsunami, der unbarmherzig auf sein Opfer zurollt.
    Die Härchen auf ihren Armen stellten sich auf. Ella war unberechenbar. In ihrer mexikanischen Seele hatte sich der Hass seit Jahren gegen jeden verfestigt, der bessere Rollen tanzte als sie. Aiyana versuchte, den eisigen Augen auszuweichen. S ie tanzte heute Abend Solo, nicht Ella, obwohl diese seit fünf Jahren hier arbeitete und Aiyana erst seit einem. In Ellas Augen eine Ungerechtigkeit, die keine Entschuldigung mildern konnte.
    Ella starrte das weiße Kostüm des zweiten Akts an, stürzte sich darauf und zerrte es grob von der Stange. »Das sein für mich eigentlich. Ich sein perfekte Giselle.« Sie drückte das Kleid an ihren Körper und blickte Aiyana auffordernd an.
    Die Taille des weißen Tülls war viel zu schmal für Ellas kräftigen Körper. Aiyana schnellte empor, riss ihr das Kleid aus der Hand und stieß sie Richtung Tür. »Raus!«
    Ella wich erschrocken zurück. »Du wirst bereuen das.« Sie zog die Tür krachend hinter sich zu.
    Aiyana hängte das Kleid zurück und nagte an ihrer Lippe. Die Drohung schwebte in der Luft, kroch eisig über ihren Rücken. War sie zu grob gewesen? Im Grunde tat Ella ihr leid, doch sie konnte nicht zulassen, dass sie in ihrer Eifersucht das Kostüm ruinierte. Ella kämpfte wie ein Gladiator für ihre Rollen, sie würde auch vor Intrigen nicht zurückschrecken. Aiyana setzte sich wieder und bürstete energisch ihr halblanges Haar. Juri hatte sie als Solistin ausgewählt, er würde über sie wachen. Im American Ballett Theater herrschte der russische Choreograf als unbesiegbarer Monarch. Es gab niemanden, der sich seinen Befehlen

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