Fesseln des Herzens
mit einem Gegner zu ringen, der nicht bei der Sache war.
»Nun, es ist so …« Auch Fellows senkte die Waffe und nahm den Helm ab. »Gestern habe ich Nachricht von meinem Vater erhalten.«
»Von deinem Vater?«, fragte Ravencroft. »Hattest du nicht immer ein ziemlich gespanntes Verhältnis zu ihm?«
»Das stimmt. Aber nun liegt er krank darnieder und bittet mich, zu ihm zu kommen. Es ist nicht so, dass ich mich darum reißen würde, ihn zu sehen, aber als guter Christ kann ich ihm diese Bitte nur schwerlich verwehren. Immerhin könnte es sein, dass …« Er brach ab und senkte den Kopf.
Der Baron trat zu ihm und legte ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. »Reite ruhig zu deinem Vater, Henry. Wenn Gott ihn wirklich zu sich holen will, solltest du dich mit ihm versöhnen. Andernfalls gestatte ich dir, Aimee mitzunehmen. Sie wird sicher einiges für ihn tun können.«
Bei diesem Vorschlag durchfuhr es Henry siedend heiß. Alles, nur nicht das!, schoss es ihm durch den Sinn. Doch bevor er seinen Einwand äußern konnte, flog die Tür auf, und Ce-leste stürmte herein.
»Mylord!«, rief sie vollkommen außer Atem. »Eure Tochter ist krank.«
»Was sagst du da?«
»Mary fiebert seit heute Morgen. Aimee stellt gerade eine Arznei für sie her.«
Celeste beobachtete, wie der Baron erbleichte. Augenblicklich ließ er sein Schwert fallen und stürmte zur Tür. Die Kammerfrau blickte besorgt zu Henry, der auf seltsame Weise erleichtert wirkte, dann folgte sie ihrem Herrn.
Als George of Ravencroft die Kinderstube betrat, strömte ihm ein süßer Duft entgegen. Dann fiel sein Blick auf Aimee, die gerade versuchte, seiner Tochter etwas Milch mit einem Leinenlappen einzuflößen.
Der Geschmack schien Mary zu gefallen, denn sie nuckelte an dem Tuch, obwohl ihre Wangen hochrot waren.
»Wie geht es ihr?«, fragte er, während er vor der Hebamme auf die Knie fiel.
Aimee zog den Lappen vorsichtig aus dem Mund des Kindes und tauchte ihn erneut in die süße Milch.
»Das ist schwer zu sagen«, beantwortete sie die Frage des Barons. »Immerhin mag sie die Milch, die ich mit Honig und Thymian gewürzt habe, nachdem sie die Milch der Amme ausgeschlagen hat.«
»Was hat sie deiner Meinung nach?«
»Da ich keine Male auf ihrem Körper entdecken konnte, gehe ich davon aus, dass es sich um eine Erkältung handelt. Was für einen erwachsenen Menschen meist harmlos ist, kann bei einem Kind durch das hohe Fieber allerdings gefährlich werden. Ich werde jedoch alles tun, um das zu verhindern, Mylord.« Aimee blickte auf.
Das Gesicht des Barons wirkte um Jahre gealtert, eine steile Sorgenfalte grub sich zwischen seine Augenbrauen, und er rang sichtlich um Fassung.
Als könnte Mary die Nähe ihres Vaters spüren, stieß sie nun einen kurzes Glucksen aus und sah ihn an. Um wie sonst mit ihren Ärmchen und Beinchen zu strampeln, war sie anscheinend zu schwach. Der Baron streckte die Hand nach der Kleinen aus, und während er sanft ihren Haarschopf berührte, stiegen ihm Tränen in die Augen.
»Tu, was du kannst, Aimee. Ich werde für Mary und dich beten.«
»Sobald sich eine Veränderung abzeichnet, werde ich Euch Bescheid geben, Mylord«, erwiderte Aimee und senkte untertänig die Lider.
Der Blick des Barons ruhte noch einen Moment lang auf ihr und dem Kind, dann erhob er sich und strebte der Tür zu.
»Hast du deiner Herrin ebenfalls Bescheid gegeben?«, fragte die Hebamme im Flüsterton, sobald sich die Tür hinter dem Baron geschlossen hatten.
Celeste nickte heftig. »Ich war zuerst bei ihr, aber es ging ihr nicht gut. Sie lag in ihrem Bett und meinte, dass sie später nach Mary sehen wolle, wenn ihre Kopfschmerzen vorüber sind.«
»Vielleicht sollte ich mich dann auch um sie kümmern«, entgegnete Aimee und gewahrte daraufhin einen seltsamen Ausdruck in Celestes Augen. Hatte die Baronin etwa gar nicht die Absicht, ihre Tochter zu besuchen?
Sie verkniff sich die Frage, die ihr auf der Zunge lag, und wandte sich dem Kind zu, das nun von Müdigkeit übermannt wurde.
»Gebt gut auf die Kleine acht«, ermahnte sie die beiden Frauen, während sie Mary zurück in die Wiege legte. »Ich werde eine Kräutertinktur anrühren, mit der wir ihr die Brust einreiben können. Außerdem setze ich noch ein wenig Thymianhonig an. Sollte sich inzwischen etwas an ihrem Zustand ändern, lasst es mich sofort wissen.«
Celeste und die Amme nickten eifrig, woraufhin Aimee in die Küche zurückkehrte. Auf ihrem Weg meinte sie
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