Fesseln des Herzens
er weiterhin wachsam war, fiel ein Teil seiner Anspannung von ihm ab.
»Ich habe wirklich wichtige Nachrichten für dich. Heute Morgen konnte ich dir ja nur wenig sagen. Zum Glück, möchte man meinen.«
»Weshalb zum Glück?«
»Zu der Zeit war Aimee gerade zurückgekehrt. Sie hat uns gewiss belauscht.«
»Und wenn schon«, winkte Nicole ab. »Ich habe nichts gesagt, was mich in Teufels Küche bringen könnte. Gewiss hat sie mich auch nicht erkannt.«
»Schon möglich, deshalb danke ich Gott, dass du nicht mehr von mir wissen wolltest. Dennoch sollten wir die Schäferin im Auge behalten. Sie wird sich sicher fragen, was das alles zu bedeuten hat.«
»Glaubst du wirklich, sie hat so viel Verstand?«
Henry nickte. »O ja, das glaube ich! Diese Frau ist beileibe nicht dumm. Auch wenn sie bloß eine Schäferin ist, hat sie einen hellen Kopf. Sie darf uns auf keinen Fall auf die Schliche kommen.«
Nicole verschloss ihm den Mund mit einer sanften Berührung ihres Fingers. »Das wird sie nicht. Sie hat mit meiner Tochter zu tun, und ich werde ihr ein paar Aufträge geben, die sie beschäftigen. Außerdem ist da noch immer mein Gemahl. Ich nehme nicht an, dass er ihr weiterhin zürnt, oder?«
»Das tut er in der Tat nicht, jedenfalls nicht nach dem, was ich heute gesehen habe, als wir ihr begegneten. Ravencroft hat sogar eine Wolfsjagd angeordnet, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Wahrscheinlich auch, um sie ständig bei sich zu haben.«
»Siehst du, es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung.«
»Die Wolfsjagd eröffnet uns natürlich ungeahnte Möglichkeiten.«
»Inwiefern?«
Henry warf einen prüfenden Blick in die Runde, um sicherzustellen, dass sich ihnen niemand genähert hatte. Dann flüsterte er: »Ich soll mich in ein paar Tagen mit einem Boten von Woodward treffen. Wenn du einverstanden bist, werde ich ihm mitteilen, dass die Wolfsjagd eine günstige Gelegenheit ist, Ravencroft zu töten.«
Nicole sah ihn mit starrer Miene an. Als er schon fürchten wollte, dass sie mit seinem Vorschlag nicht einverstanden war, flammte ihr Lächeln wieder auf.
»Vielleicht sollten wir uns nicht ausschließlich auf Woodward verlassen«, fügte sie hinzu. »Gibt es keine Burschen, die wir dafür bezahlen könnten, den Baron zu erledigen, falls Woodwards Männer versagen?«
»Ich glaube kaum, dass seine eigenen Leute …«
Nicole legte ihm einen Finger auf die Lippen. »Woodwards Leute mögen gut sein, aber das reicht mir nicht. Bedenke, er könnte sein Wort auch zurücknehmen. Ich brauche eine Sicherheit. Wenn du schon auf dem Weg bist, dann schau doch, ob du vielleicht ein paar Männer auftreiben kannst, die für Geld ebenfalls auf meinen Gemahl schießen würden. Du willst doch sicher nicht, dass er den Anschlag überlebt und dann Nachforschungen anstellt?«
Sie blickte Fellows lange an, und schließlich verstand er. Wenn der Baron nicht starb, schwebten sie in der Gefahr, entdeckt zu werden.
»Ich werde mich umhören, wenn nicht hier, dann in den Schenken von Woodwards Dörfern.«
Nicole nickte ihm zu, worauf er sich förmlich verneigte und sie wieder ihren Frauen überließ, die an der Tür zum Bogengang warteten.
Abendrot umhüllte die Burg und ihren Garten, als Aimee der Rose zustrebte, die das Taufgeschenk für die Baroness war. Sie hatte ihren Platz hinter der Burg gefunden, nahe dem Weg, der zur Wäschewiese führte. Der Mann, der sich um den Garten kümmerte, war angehalten worden, ihr nur das klarste Wasser zu geben und sie zu hüten, als wäre sie die Tochter des Barons selbst.
Aimee hatte der Pflanze zwischendurch immer wieder einen Besuch abgestattet, denn als Teil der großen Rose an ihrem Turm war sie auch ein Stück Heimat für die Schäferin.
Als sie den Rosenstock erreicht hatte, sah sie, dass die Rose bereits eine Blüte ausgebildet hatte. Die rosafarbenen Blütenblätter leuchteten über dem satten Grün.
Schon bald werden es mehr sein, dachte Aimee zufrieden und strich sanft über die zarte Knospe. Vielleicht wird sie eines Tages diese Burg einhüllen mit einem Teppich aus Blüten. Es würde ihr gewiss gut zu Gesicht stehen …
Da schreckte ein Geräusch sie aus ihren Gedanken und ließ sie herumwirbeln.
Nicht weit von ihr entfernt schritt der Baron über den Weg. Er hatte seinen Waffenrock abgelegt und gegen ein blaues Wams ausgetauscht.
Er war nicht in Begleitung, was bei Aimee die Frage aufwarf, ob seine Anwesenheit hier bloßer Zufall war.
»Siehst du nach der Rose?«,
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