Fesseln des Herzens
uns begleiten!«, fügte der Baron unvermittelt hinzu und wischte damit ihren aufkeimenden Gedanken hinfort. »Zumindest bis zum Waldrand, denn das Jagen sollte uns Männern überlassen bleiben.«
Aimee wollte erst einwenden, dass sie selbst schon mehrfach mit einem Wolf gekämpft hatte, da hörte sie Henry Fellows sagen: »Mylord, findet Ihr das ratsam? Aimee mag vielleicht gut auf einem Pferd sitzen und tapfer sein, aber wenn die Wölfe aus dem Wald laufen und sie angreifen …«
»Ich weiß sehr wohl, wie es ist, wenn ein Wolf angreift«, entgegnete Aimee entschlossen. »Und ich habe auch schon einige in die Flucht geschlagen. Mit meinem Hirtenstock kann ich natürlich keinen von ihnen töten, aber es hat mich auch noch nie einer gebissen.«
»Da hörst du es, Henry!«, entgegnete der Baron lachend. »Sie hat Courage! Zudem gedenke ich, die Wölfe zu schießen, bevor sie aus dem Wald kommen. Aimee könnte inzwischen alles für eine Siegesfeier vorbereiten.«
Fellows senkte nun untertänig den Kopf. »Wie Ihr wünscht, Mylord.«
»Was sagst du dazu, Aimee?«
»Ich würde mich sehr freuen.«
»Gut, dann schlage ich vor, dass die Jagd nach dem Gerichtstag in einer Woche stattfinden soll. Bis dahin soll der Jagdmeister den Hunden nur noch wenig zu fressen geben.«
Fellows war anzusehen, dass er noch ein paar Einwände hatte, doch er sprach sie nicht mehr aus. Stattdessen verneigte er sich und entgegnete: »Ich werde die entsprechenden Vorkehrungen treffen.«
»Gut, dann lass uns nun auf den Turnierplatz gehen. Mein Arm strotzt heute vor Kraft, du solltest dich vorsehen.«
Das Lächeln, mit dem er Aimee bei diesen Worten bedachte, war unverschämt wie noch nie.
Die Schäferin erwiderte es mit pochendem Herzen.
Fellows hetzte über den Hof und dann in Richtung Bogengang. Er war sich der Gefahr, in die er sich begab, durchaus bewusst. Trotzdem: Er musste sofort mit Nicole sprechen! Sie sollte wissen, was Woodward zu ihrem Vorschlag gesagt hat-te – und sie sollte auch von den neuesten Entwicklungen erfahren.
Als die Baronin sich auf ihren täglichen Spaziergang durch den Bogengang begab, trat er ihr entgegen.
Die Nacht mit ihm schien sie verändert zu haben. Eine zarte Röte spielte auf ihren Wangen, und ihre Augen hatten den alten Glanz wiedergefunden. Sie trug ein dunkelrotes Kleid, das wunderbar zu ihren langen schwarzen Flechten passte, die unter einem zarten Schleier verborgen waren. Ein goldener Reif hielt das Gebilde auf ihrem Kopf. In ihrer Hand trug sie eine Rosenblüte, offenbar war sie bereits im Garten gewesen oder hatte eine Magd geschickt, die ihr die Blume gebracht hatte.
Die Anmut, mit der sie die Blüte vors Gesicht hob und den süßen Duft einsog, ließ ein qualvolles Brennen durch Henrys Lenden ziehen. Nur zu gern wollte er sie noch einmal nehmen, wie damals! Das alles wird geschehen, wenn Ravencroft erst einmal tot ist, dachte er bei sich und vernahm die Stimme seines Gewissens nur noch leise. Die Aussicht, Nicole ganz zu besitzen, erfasste ihn immer mehr, wie ein Rausch, von dem er nicht mehr loskam. Doch vielleicht war dieses Ziel näher, als sie beide dachten?
Während das Getuschel der Mägde an sein Ohr drang, verneigte er sich tief und sagte: »Mylady, verzeiht, wenn ich Euch bei Eurem Spaziergang störe, aber ich muss Euch dringend sprechen.«
Nicole lächelte ihn an, und in ihren Augen tanzte der Schalk. Sie hätte seiner Bitte sogleich stattgeben können, stattdessen zog sie es vor, noch ein wenig mit ihm zu spielen.
»In welcher Angelegenheit denn?«, fragte sie, obwohl sie genau wusste, dass er ihr den wahren Grund nicht vor ihren Begleiterinnen offenbaren durfte.
»Es geht um Euren Gemahl. Er schickt mich, um Euch etwas auszurichten.«
»Mein Gemahl schickt neuerdings einen Boten? Warum sucht er mich nicht selbst auf?«
Nicole bereitete es offenbar diebisches Vergnügen, ihn so in die Enge zu treiben.
»Er ist im Moment beschäftigt, und die Nachricht ist von größter Dringlichkeit.«
Einen kurzen Moment lang überlegte die Baronin, ob sie das Spiel noch weiter treiben sollte, aber dann entschied sie sich, Henry zu erlösen.
»Lasst mich allein«, sagte sie zu Celeste und den anderen Frauen, die daraufhin knicksten und von dannen zogen.
Als sie verschwunden waren, wandte sie sich Henry zu. »Es verlangt schon einige Kühnheit, mir in Anwesenheit meiner Kammerfrau und der Zofen entgegenzutreten und mir ein Gespräch abzuringen.«
Fellows lächelte. Obwohl
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