Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
Vom Netzwerk:
sterben, als dich zu enttäuschen. Der Wunsch, in deinen und den Augen der Welt perfekt zu sein, war stärker als er. Er hätte dir niemals sagen können, dass er die Armee verlassen wollte.»
    Schweigend nahm der General diesen Bericht über den Tod seines Sohnes auf.
    «Und du machst genau das Gegenteil», sagte er schließlich. «Du stellst sicher, dass niemand etwas von dir erwartet, damit du keine Angst zu haben brauchst, uns zu enttäuschen.»
    Scott senkte den Kopf.
    «Es tut mir leid, Großvater. Aber ich kann ihm nicht verzeihen, dass er sich aus Angst darüber, was andere über ihn sagen könnten, hat töten lassen. Meinetwegen hätte er sein Leben nicht dafür aufs Spiel setzen müssen. Er wäre der Gleiche geblieben. Welche Bedeutung hätte es jetzt, dass jemand ihn einen Feigling nennt?»
    «Für ihn hätte es eine Bedeutung gehabt», gab sein Großvater zurück. Jetzt erst verstand er vieles von dem, was seinen Sohn gequält hatte. «Vielleicht wirst du es eines Tages begreifen.»
    «Nein, Großvater. Das werde ich nie begreifen.»
    Ihr Spaziergang hatte sie zum Schießstand geführt.
    So oft er konnte, kam Richard zum Üben her. Er trainierte gern allein. Und auch heute war er der Einzige. Scott und sein Großvater näherten sich genau in dem Augenblick, als Richard abdrückte und das Schwarze nur um eine Daumenbreite verfehlte.
    «Ein guter Schuss, junger Mann!», lobte ihn der General.
    «Danke», antwortete Richard und drehte sich zu dem Uniformierten in Scotts Begleitung um. Sofort als er die Sterne am Uniformrock des Unbekannten entdeckte, nahm Richard Haltung an.
    «Großvater, das ist Richard Reemick. Richard, darf ich dir meinen Großvater vorstellen, General Sanders.»
    Bei der Nennung dieses Namens hielt Richard den Atem an und stellte sich noch etwas gerader hin. Belustigt bemerkte Scott die Überraschung seines Freundes. «Sanders ist der Familienname meiner Mutter», erklärte er.
    «General Sanders, es ist mir eine Ehre …», stotterte Richard, als er sich plötzlich dieser Legende gegenübersah.
    Jeder Mann, der an einer amerikanischen Militärakademie studierte, kannte den Namen von General Sanders. Als Sanders kaum älter als zwanzig gewesen war, hatten seine gewagten militärischen Manöver im Krieg von 1812 den Vereinigten Staaten zum Sieg gegen die Engländer verholfen.
    «Stehen Sie bequem, junger Mann.»
    Richard lockerte seine Haltung. «Ich wusste nicht, dass Scott Ihr Enkel ist», brachte er heraus.
    «Nun, er scheint unsere Verwandtschaft nicht häufig zu erwähnen. Ich nehme an, dass es ihm das Leben etwas leichter macht. Sind Sie aus dem Süden?»
    «Virginia, Sir.»
    «Eine wunderschöne Gegend», seufzte der General nostalgisch. «Die Wiege vieler guter Schützen.»
    «Richard ist der Klassenbeste», teilte Scott ihm mit.
    «Besser als du?»
    «Niemand ist besser als ich, Großvater.»
    Der alte General lachte.
    «Was denken Sie, Mr. Reemick? Glauben Sie, dass mein Enkel ein guter Schütze ist?»
    Die Frage kam überraschend für Richard. Er musste irgendetwas Löbliches sagen, wollte aber nicht lügen.
    «Ich glaube, dass er seit seiner Ankunft hier sehr viel besser geworden ist.»
    General Sanders schien mit der Antwort des jungen Mannes zufrieden zu sein.
    «Rücksichtsvoll, aber ehrlich. Sie gefallen mir, Mr. Reemick», sagte er und nahm eine der beiden Pistolen, die Richard schon geladen auf einer Ablage bereithielt. «Darf ich?»
    «Aber natürlich, Sir.»
    «Zeigst du mir, wie du dich verbessert hast, Scott?»
    Scott blieb nichts anderes übrig, als die Waffe zu nehmen, die sein Großvater ihm hinhielt. In diesem Moment wünschte Richard, nicht so ein Großmaul gewesen zu sein. Unfreiwillig hatte er seinen Freund bloßgestellt, der es im letzten Jahr keineswegs geschafft hatte, sich zu verbessern, und der das Ziel unweigerlich um mindestens zwanzig Zentimeter verfehlte. Gemeinsam mit dem kurzsichtigen Arnold kam ihm die zweifelhafte Ehre zuteil, der schlechteste Schütze des Kurses zu sein.
    Die Zielscheibe befand sich in einer Entfernung von zwanzig Schritten.
    Nachdem Scott sich vergewissert hatte, dass die Pistole geladen war, wog er die Waffe in seiner Hand und bereitete sich auf den Schuss vor. Aber bevor er den Abzug betätigte, unterbrach der General seinen Enkel.
    «Wollen wir die Distanz nicht ein bisschen erhöhen?»
    Der alte General ist wohl schon etwas vertrottelt, dachte Richard, während er dabei zusah, wie Scott sich auf die Position begab, die

Weitere Kostenlose Bücher