Fesseln des Schicksals (German Edition)
rechtfertigte sich Arnold. «Aber ihr wisst ja, was für ein Dickkopf er ist.» Im Unterschied zu seinen Mitstudenten hatte Arnold noch das gleiche bartlose und kindliche Gesicht wie vor vier Jahren. Er senkte den Kopf.
Das stimmte natürlich, dachte Richard bei sich. Klaus würde sich niemals von Arnold vorschreiben lassen, was er zu tun oder zu lassen hatte.
«Nicht einmal mir wäre es eingefallen, eine Frau auf das Gelände mitzubringen», lachte Scott, der sich prächtig zu amüsieren schien. «Sein Gehirn ist kleiner als das einer Ratte.»
«Scott, es ist jetzt genug», rief Richard. «Es ist jetzt keine Zeit für Scherze. Wenn sie ihn finden, fliegt er.»
«Nun, das hätte er sich überlegen sollen, bevor er dieser Frau ins Netz gegangen ist.»
Richard griff nach seiner Jacke und ging zur Tür.
«Darf man erfahren, was du vorhast?», fragte Scott.
«Ich werde ihn suchen.»
«Hast du den Verstand verloren?», schimpfte Scott. «Wenn sie uns erwischen, werden wir ebenfalls hinausgeworfen.»
«Irgendjemand muss ihm helfen.»
«Er verdient das nicht», antwortete Scott sehr ernst.
«Und du, Arnold, kommst du?» Aber der junge Mann aus Pennsylvania machte keinerlei Anstalten, ihm zu folgen.
«Ich dachte, du wärst sein Freund?»
«Es tut mir leid. Ich kann nicht riskieren, von der Schule zu fliegen.»
«Verstehe.» Richard verschwand allein aus dem Zimmer. Eine Sekunde später hatte Scott ihn eingeholt.
Klaus lag halbnackt mit einer Frau im Stroh. Scott erkannte Pauline, die sich blitzschnell den Oberkörper bedeckte und ihre Sachen zusammenraffte, als sie merkte, dass man sie entdeckt hatte. Dann rannte sie so eilig aus dem Schuppen, dass ihr ein paar Kleidungsstücke herunterfielen. Niemand versuchte, sie aufzuhalten. Klaus stand sofort auf und nahm Haltung an. Im ersten Moment war ihm vor Schreck der Atem weggeblieben. Jetzt, da er sah, dass die Eindringlinge nur seine Zimmergenossen waren, bückte er sich und zog wütend sein Hemd wieder an.
«Was wollt ihr hier?», fragte er und starrte Scott drohend an.
Richard ließ sich von seinem Tonfall nicht aus der Ruhe bringen. «Was glaubst du denn, was wir hier wollen? Wir versuchen zu verhindern, dass du deine Zukunft ruinierst.»
Klaus klopfte sich das Stroh von den Kleidern und knöpfte die Hosenträger an.
«Ich brauche weder deine Hilfe noch die deines feigen Freundes.»
«Gut. Wir gehen schon», mischte Scott sich ein.
«Genau. Hau ab, verdammter Feigling.»
«Es reicht, Klaus», warnte Richard ihn ernst. «Scott ist gekommen, um dir zu helfen.»
«Lass ihn in Frieden, Richard. Er wird schon wissen, was er tut, schlau, wie er ist.»
«Misch du dich da nicht ein, verfluchter Yankee.»
«Lass uns gehen, Richard. Sollen sie ihn doch erwischen», sagte Scott und zog seinen Freund am Arm. «Du hast getan, was du konntest. Wegen dieses Dummkopfs willst du doch wohl nicht deinen Abschluss riskieren.»
«Ja, hau schon ab, du Feigling», beschimpfte Klaus ihn wieder.
Langsam tat es Richard leid, Scott mitgeschleppt zu haben. Noch immer legte Klaus ihm gegenüber einen offenkundigen Hass an den Tag, und die Tatsache, dass gerade der Mensch, den er so verachtete, ihn in dieser peinlichen Situation erwischt hatte, machte die Sache nicht einfacher.
«Es kümmert mich nicht im Geringsten, was du von mir denkst», antwortete Scott. «Aber glaub nicht, dass ich die Chance, nach Harvard zurückzukehren, aufs Spiel setze, um einem undankbaren Idioten zu helfen, der seine Hosen nicht oben lassen kann. Richard, ich gehe. Du kannst tun, was du willst.»
Mit diesen Worten drehte er sich um und steuerte auf die Tür zu.
Klaus wurde rot im Gesicht. «Hey, verdammter Yankee! Dreh mir gefälligst nicht den Rücken zu!» Aber Scott kümmerte sich nicht mehr um ihn.
Da Scott sich außerhalb der Reichweite seiner Fäuste befand, packte Klaus eine Öllampe und machte Anstalten, sie zu werfen.
Richard stürzte auf ihn zu. «Bist du verrückt geworden?», schrie er und versuchte, ihm die Lampe zu entreißen. Aber Klaus war außer sich. Nichts konnte ihn mehr aufhalten. Wütend schubste er Richard zur Seite, der sich im Fallen den Kopf an einem Balken stieß und benommen liegen blieb. Dann holte er Schwung und warf die Lampe nach Scott, der sich, durch die Schreie gewarnt, umgedreht hatte und dem Geschoss gerade noch ausweichen konnte.
Scheppernd fiel die Lampe auf den Boden und zerbrach in tausend Teile. Das auslaufende Öl fing sofort Feuer, und im trockenen
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