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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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warf Noah einen wütenden Blick zu, den dieser einfach übersah.
    Die Kutsche war in der Nähe von Delow stecken geblieben, der Plantage der Reemicks. Zwar konnte man das Herrenhaus von diesem Punkt aus nicht sehen, aber nicht weit entfernt floss der Blossom Creek, ein hübscher kleiner Bach, umgeben von üppigen Linden mit weißer Rinde, der zum Land der Reemicks gehörte. Während Noah sich um die Kutsche kümmerte, unternahmen Charlotte und Hortensia einen kurzen Spaziergang bis zum Bachlauf.
    «Wir werden zu spät kommen», schimpfte Charlotte und trat wütend gegen einen Kieselstein.
    «Noah wird sich beeilen.»
    Als sie am Bach angelangt waren, raffte Charlotte ihren Rock bis zu den Knien, wobei sie ihre gestärkten Spitzenunterröcke sehen ließ, und stieg auf einen flachen Stein am Ufer.
    «Wusstest du, dass auch eine von Richards Schwestern kommt? Vielleicht begleitet Richard sie. Ich bin so aufgeregt!»
    «Selbst wenn er nicht kommt, vergiss nicht, dass du ihn sehr bald treffen wirst», sagte ihre Schwester.
    «Ich weiß nicht, ob ich so lange warten kann», jammerte Charlotte und sprang jetzt auf einen rundlichen Stein, der einen kurzen Schritt vom Ufer entfernt aus dem Wasser ragte.
    «Aber es sind doch nur noch zwei Tage bis zum Ball!»
    «Zwei Tage», seufzte Charlotte.
    Plötzlich verrutschte der Stein, und Charlotte breitete ihre Arme aus, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
    «Pass auf!», warnte Hortensia sie. «Tu mir den Gefallen und komm zum Ufer zurück, sonst fällst du noch ins Wasser.»
    Charlotte vergewisserte sich, dass der Stein wieder fest auf dem Grund des Baches ruhte, und drehte sich zu Hortensia um.
    «Ich werde nicht fallen», erklärte sie beleidigt und versuchte jetzt einen kleinen Fels zu erreichen, der in der Mitte des Baches lag. Aber genau in dem Moment, in dem Charlotte sich abstieß, kippte der Stein unter ihrem Fuß noch einmal zur Seite.
    Hortensia schlug sich die Hände vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken, während sie mit ansehen musste, wie Charlotte vergeblich mit den Armen ruderte und eine Sekunde später mit einem platschenden Geräusch im Bach landete.
    Zum Glück war das Wasser nur knietief, und Charlotte streckte sofort wieder prustend den Kopf hervor. Als Hortensia das Gesicht ihrer Schwester auftauchen sah, atmete sie erleichtert auf.
    «Geht es dir gut?»
    «Hervorragend», antwortete Charlotte verächtlich und schob das Kinn in die Höhe.
    Charlotte brachte es fertig, sich umzudrehen, aber als sie sich nun auf ihren Reifrock setzte, wurden die Stahlbänder der Konstruktion mitsamt dem Rock nach oben gedrückt und legten die weißen Spitzenunterröcke frei. Charlotte kümmerte sich nicht weiter darum. Sie blieb erst einmal in Ruhe inmitten des Bächleins sitzen und strich sich mit ihrer schmutzigen Hand ein paar Haarsträhnen, die ihr vor die Augen gefallen waren, hinter die Ohren.
    Es kostete ihre Schwester große Mühe, nicht laut herauszulachen, als Charlottes Finger breite Schlammspuren auf ihren Wangen hinterließen.
    «Brauchst du Hilfe?», fragte sie, das Lachen weiter unterdrückend.
    «Ich schaff das schon allein.»
    Charlotte unternahm einen ersten Versuch aufzustehen, aber die unzähligen Stoffschichten ihrer Röcke hatten so viel Wasser aufgesaugt, dass das Kleid sich in einen schweren Panzer verwandelt hatte. Da Charlotte nicht mit diesem Ballast gerechnet hatte, verlor sie erneut das Gleichgewicht und landete schimpfend im Wasser.
    Da erschien wie durch Zauberei eine behandschuhte Hand vor ihr. Charlotte musste sich ein wenig nach hinten lehnen, um den Mann, zu dem sie gehörte, betrachten zu können. Er war jung, groß, und er stand mit einem Bein fest am Ufer und mit dem anderen auf dem Stein, von dem Charlotte vor wenigen Minuten abgerutscht war. Er trug keinen Hut. Sein Haar war dunkel und wirkte zerzaust, obwohl es eigentlich ziemlich kurz war. Der Anzug war von einem verwaschenen Grau und die Stiefel, von gutem Schnitt und aus weichem schwarzen Leder, waren schon verschiedene Male geflickt worden. Von ihrer unbequemen Lage aus versuchte sie, die Züge des Unbekannten zu erkennen, aber das weißliche Sonnenlicht, das von der Oberfläche des Baches reflektiert wurde, verwandelte das Gesicht des jungen Mannes in eine unförmige strahlende Kugel. Gerade wollte Charlotte die Hand ergreifen, als eine einsame Wolke die Sonne verdeckte und das Lichtschild vor dem Gesicht ihres Retters verschwinden ließ. Der Unbekannte lachte über

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