Fesseln des Schicksals (German Edition)
war versperrt. Dann probierte er eine der Glastüren, die von der Veranda ins Esszimmer führten, und hatte endlich Glück.
Gerade als er sich vorsichtig hineingeschlichen hatte, drückte ihm jemand die Mündung eines Gewehrs in die Seite.
«Da haben wir ja den Dritten!», rief David aus.
Noah wagte kaum zu atmen. Auf keinen Fall wollte er seinem Vater einen Grund geben abzudrücken.
«Vorwärts!», befahl David und stieß ihm das Gewehr in den Rücken. Noah gehorchte.
Charlotte und Hortensia standen wie angewurzelt im Empfangszimmer. Als Noah sich neben sie stellte, trat David ein paar Schritte zurück und setzte sich auf einen Sessel. Dabei behielt er sie die ganze Zeit über im Visier.
«Ihr seid entweder sehr mutig oder sehr dumm», sagte er, während die drei auf das Gewehr starrten.
«Ich hatte noch gar keine Gelegenheit, dich zu begrüßen, Tochter. Ich freue mich, dich zu sehen, Charlotte.»
Charlotte wollte sich wütend auf ihn stürzen, aber Hortensia hielt sie zurück.
«Leider kann ich von mir nicht das Gleiche behaupten, Vater.»
David lächelte kalt. Seine Tochter konnte noch nicht einmal den Mund halten, wenn sie mit einer Waffe bedroht wurde.
«Du bist wie deine Mutter. Es war klar, dass du wegen dieser Negerin herkommen würdest.»
Entsetzt nahm Charlotte die Verachtung wahr, mit der ihr Vater über Hortensia sprach.
«Ich habe versucht, dich gut zu erziehen, aber wie ich sehe, haben meine Bemühungen nicht gefruchtet.»
«Zum Glück bin ich rechtzeitig aufgewacht, Vater. Du hast mich lange Zeit getäuscht. Und ich hatte sogar diesen Unsinn geglaubt, dass die Sklaven so anders wären als wir. Aber die Ereignisse der letzten Monate haben mir die Augen geöffnet. Eigentlich verdanke ich es dir, dass ich die Dinge nun etwas anders sehe.»
«Ich verstehe dich nicht, Charlotte. Warum hast du sie vorgezogen?», sagte er und deutete auf Hortensia. «Wir sind uns so ähnlich. Wir haben uns so gut verstanden. Wir hätten zusammenbleiben können. Aber du hast dich für sie entschieden. Wegen einer verfluchten Sklavin hast du dich mit mir überworfen!» David war wütend.
«Und ich würde es wieder tun», antwortete Charlotte und sah ihrem Vater fest in die Augen. «Da du uns so sehr verachtest, brauchst du dir keine Sorgen zu machen», sagte Charlotte und achtete nicht auf die stillen Gesten ihrer Geschwister, die sie zur Zurückhaltung mahnten. «Du wirst uns nie wieder sehen. Diese Nacht verschwinden wir für immer aus deinem Leben. Stell dir einfach vor, wir hätten niemals existiert.»
«Ich fürchte, du irrst dich, Charlotte. Die da wird morgen Oberst Dugan heiraten, und ihr zwei werdet dorthin zurückgebracht, von wo ihr geflohen seid.»
«Nein, Vater. Hortensia wird diesen Mann nicht heiraten, und du wirst uns gehen lassen.»
«Du hast doch den Verstand verloren.»
«Du wirst nichts dagegen tun können, Vater. Denn sonst werde ich dafür sorgen, dass Ross Dugan erfährt, dass du ihn mit der Tochter einer Sklavin verheiraten wolltest. Glaubst du, dass er dir das verzeihen würde? Und was werden die Nachbarn sagen?»
David erstarrte.
«Du hast mich einmal hereingelegt, aber diesmal wird dir das nicht gelingen. Inzwischen habe ich begriffen, dass du viel mehr Angst davor hast als ich, dass die Nachbarn die Wahrheit erfahren. Wir gehen jetzt.»
Charlotte packte Noah und Hortensia an den Armen und machte einen Schritt vorwärts.
David stand auf.
«Keinen Schritt weiter!»
Aber Charlotte dachte nicht daran, stehen zu bleiben.
«Halt, habe ich gesagt!»
Als keiner der drei gehorchte, zog David den Abzug.
Nach dem ohrenbetäubenden Schuss wurde es schlagartig still. Hortensia, Charlotte und Noah waren unverletzt, es war nur ein Warnschuss gewesen.
«Ich werde nicht noch einmal danebenschießen», versprach David und nahm Noah ins Visier. «Du weißt, dass ich nicht zögern werde, Charlotte.»
In diesem Moment stürzte Owen in das Empfangszimmer. Er war noch nicht ganz angekleidet und hatte seine Pistole in der Hand. Als er entdeckte, wer die Eindringlinge waren, blieb er abrupt stehen und warf David einen kurzen Blick zu.
«Owen, bewach sie. Sie haben versucht zu fliehen.»
Der Aufseher brauchte nur einen kurzen Moment, um zu realisieren, was vor sich ging. Dann zielte er auf Noah.
David ließ sein Gewehr sinken und ging auf Charlotte zu. Blitzartig nahm Owen jetzt David ins Visier.
«Bist du verrückt geworden, Owen?», schrie David.
«Nein, Mr. Parrish. Ich war verrückt,
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