Fesseln des Schicksals (German Edition)
nahm einen Schluck aus dem Glas, das Ralph ihm eingeschenkt hatte. «Wunderbar.»
Noah betrachtete etwas zweifelnd das teuer aussehende Etikett.
«Mach dir wegen des Geldes keine Sorgen», unterbrach ihn Scott. Er hatte Noahs Gedanken erraten. «Du kannst ruhig trinken. Ralph würde es sicher als Kränkung empfinden, wenn wir ihn nicht bezahlen lassen.»
«Nun …», fügte Ralph mit einem ironischen Unterton hinzu, «eigentlich ist es mein Vater, der die Rechnung übernimmt.»
«Ich … eigentlich bin ich nicht daran gewöhnt, Alkohol zu trinken», sagte Noah.
«Das ist gar kein Problem», ermunterte Ralph ihn. «Trink einfach, und du wirst sehen, wie leicht es ist. Ich kann dir garantieren, dass man nicht auf die Universität gehen muss, um das Weintrinken zu erlernen.»
Der Kellner trat an den Tisch und reichte ihnen die Speisekarte. Ralph musste nur einen kurzen Blick darauf werfen. Er hatte schon oft hier gegessen und kannte jedes einzelne der Gerichte, die dem Restaurant zu seinem guten Namen verholfen hatten. «Ich glaube, der Hummer ist sehr gut.»
«Scheint mir eine ausgezeichnete Wahl zu sein», sagte Scott.
Ralph wandte sich Noah zu.
«Ich bin mit allem einverstanden.»
«Dann haben wir uns entschieden. Wir nehmen alle den Hummer», bestätigte er. Als Vorspeise wählten sie Austern und Gänseleberpastete.
«Und, Ralph, was hast du im letzten Jahr so getrieben?»
Ralph setzte ein gelangweiltes Gesicht auf.
«Ich fürchte, für einen reichen und faulen jungen Mann wie mich gibt es nur eine Möglichkeit, sich zu beschäftigen.» Er legte eine kurze Pause ein, um seinen Worten mehr Wirkung zu verleihen. «Ich verschwende das immense Vermögen meiner Familie», sagte er jetzt lächelnd und hob sein Glas.
Schon während sie die Horsd’œuvres verspeisten, entspann sich ein lebhaftes Gespräch. Ralph hatte gerade vier Monate in Europa verbracht und erzählte von seinen Erlebnissen.
Der Hummer war köstlich. Noah hatte noch nie etwas Ähnliches gegessen und musste erst beobachten, wie Scott geschickt den kleinen Holzhammer benutzte, um den Panzer des Tieres aufzubrechen, bevor er selbst in den Genuss des saftigen weißen Fleisches kommen konnte.
Plötzlich ließ Ralph seine Gabel sinken und sah in Richtung Eingang.
«Ist etwas?», fragte Scott.
«Anscheinend ist dieser Ort heute besonders beliebt», antwortete Ralph und bedeutete Scott, einen Blick hinter sich zu werfen. Als Scott den Mann erblickte, der wesentlich zu seiner Verbannung in die Marineakademie beigetragen hatte, ließ er einen erstaunten Ausruf hören.
«Wusstest du, dass er sich im Senat zur Wahl stellen will?»
Überrascht drehte Scott sich wieder um.
«Hatte er sich nicht eigentlich aus der Politik zurückgezogen?»
«Es wäre wohl richtiger zu sagen, dass die Politik sich von ihm zurückgezogen hat», ergänzte Ralph. «Als er damals die Wahlen gewonnen hatte, erfasste ihn ein plötzlicher Gedächtnisverlust. Anscheinend hatte er vollkommen vergessen, dass nur der Einfluss deines Vaters ihn zum Bürgermeister gemacht hatte. Sein Ego, das wohl nie besonders zaghaft gewesen war, wuchs dermaßen, dass er zu glauben anfing, er hätte das Bürgermeisteramt aus eigenem Verdienst bekommen. Fast sofort nachdem er das Amt innehatte, brach er mit deinem Vater. Man hört, er hätte ihn in der Öffentlichkeit einen dreckigen Iren genannt.»
«Davon wusste ich gar nichts.»
«Damals warst du ja auch in dieser Matrosenschule im Niemandsland», meinte Ralph. «Er wurde jedenfalls nicht wiedergewählt. Seit dem Tag, an dem Zorton sich gegen deinen Vater gestellt hat, ist er politisch tot, aber der Idiot hat es anscheinend immer noch nicht begriffen.»
Obwohl Zorton etwas dicker geworden war, hatte er sich doch nicht sehr verändert. Er trug einen blauen Anzug und hatte sich ein grünes Seidentuch um den Hals gebunden. Seine Miene war die eines Mannes, der davon überzeugt ist, Großes vollbringen zu können.
Dicht gefolgt von einer attraktiven Frau, die sicher nicht Mrs. Zorton war, durchquerte er lächelnd und grüßend den Raum, als befände er sich mitten in einer Wahlkampagne. Plötzlich stand er vor dem Tisch der drei Freunde.
«Mr. Zorton!», rief Ralph mit übertriebener Herzlichkeit. «Was für eine Ehre, Sie wiederzusehen.»
«Mr. Cramer», nickte Zorton höflich, als er den Sohn eines potenziellen Geldgebers erkannte.
«Scott O’Flanagan kennen Sie ja noch, nicht wahr?»
Als er diesen Namen vernahm, fiel Zortons
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