Fesseln des Schicksals (German Edition)
einen Kuss. «Danke! Das ist das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe.»
Dann rannten die beiden Mädchen in ihr Zimmer.
«Du verwöhnst sie zu sehr», mahnte Katherine ihn liebevoll, als die Mädchen sie allein gelassen hatten.
Lächelnd zuckte ihr Vater mit den Schultern.
***
Gaston Lacroix hatte es sich auf der Veranda gemütlich gemacht, als Katherine zu ihm trat und ihn mit einem Kuss begrüßte.
«Wie war der Spaziergang?»
Der Saum ihres Kleides war mit Dreck verschmutzt. «Angenehm», antwortete sie.
«Leistest du mir ein wenig Gesellschaft?»
«Natürlich, Papa.»
Lacroix wartete, bis Katherine an seiner Seite Platz genommen hatte. «New Fortune ist wirklich ein wunderschöner Ort», sagte er sinnierend und ließ seinen Blick über die Hügel schweifen, von denen die Plantage umgeben war.
«Das stimmt.»
«Katherine …?»
«Ja, Vater?»
Am nächsten Tag würde Gaston nach New Orleans zurückkehren, nachdem er fast zwei Wochen auf New Fortune verbracht hatte. Und obwohl Katherine und David sich bemüht hatten, den Schein zu wahren, spürte Gaston die Spannung, die zwischen ihnen herrschte.
«Bist du glücklich?»
Katherine legte ihrem Vater die Hand auf den Arm. «Ich habe mir mein Leben selbst ausgesucht.»
Gaston schien über die Worte seiner Tochter nachzudenken. «Heute habe ich Noah kennengelernt.»
«Noah?»
«Ja.» Er nickte. «Ohne Frage ein intelligenter, aufgeweckter Junge. Er erinnert mich daran, wie sein Vater war, als ich ihn gerade kennengelernt hatte.»
«Wie hast du es herausgefunden?»
Gaston lächelte. «Noch bin ich weder zu alt noch zu dumm, um zu bemerken, was in meiner Umgebung vor sich geht. Ein Sklave, der mit den Töchtern seiner Herrschaft zur Schule geht! Ich kenne dich, Katherine. Du willst ihn damit demütigen.»
«Das stimmt nicht. Ich sorge mich nur um das Wohlergehen des Kindes.»
«Bist du sicher, dass du es für das Kind tust?»
Bei dieser Frage ihres Vaters spürte Katherine ein leichtes Unbehagen. «Wie kann es für ein Kind, das immer ein Sklave bleiben wird, gut sein, Wissen zu erwerben? Du wirst den Jungen nur noch unglücklicher machen. Katherine, wenn dir wirklich etwas an der Zukunft dieses Jungen und seiner Mutter liegt, kann ich sie nach New Orleans mitnehmen. Bei mir wird es ihnen gutgehen.»
Zwar wusste Katherine tief in ihrem Inneren, dass ihr Vater nicht unrecht hatte, aber sie wollte es nicht zugeben.
«Er hat mich betrogen», sagte sie.
Gaston Lacroix war immer ein praktisch veranlagter Mensch gewesen und hielt seine Tochter ebenfalls dafür. «Du bist eine kluge, erwachsene Frau. Und auch wenn man nicht darüber spricht, musst du wissen, dass es durchaus üblich ist, dass weiße Männer zu ihren Sklavinnen gehen … Das war schon immer so. Eine Frau sollte wissen, wann sie wegschauen muss.»
«Ich kann das nicht, Papa. Und es überrascht mich, dass du das von mir verlangst.»
«Ich verlange es nicht von dir, ich glaube einfach, du solltest nachdenken und gerecht sein. Als David den Jungen gezeugt hat, kannte er dich nicht einmal.»
«Er hat mich betrogen», wiederholte Katherine und dachte dabei an Molly.
«Sei vorsichtig, Katherine. Verletzter Stolz ist ein schlechter Ratgeber. Eines Tages wird David es satthaben zu warten. Wenn du eure Verbindung zu sehr strapazierst, wird sie zerbrechen. Das Leben geht so schnell vorbei, meine Kleine. Lass nicht zu, dass Groll das deine zerstört. Wenn du ihm nicht verzeihen kannst, dann verlass ihn. Komm mit mir nach Hause zurück.»
«Danke, Papa, aber mein Platz ist hier.»
«Wie du willst, Katty. Aber vergiss nicht, dass Deux Chemins immer dein Zuhause sein wird. Was auch immer geschieht.»
«Ich werde daran denken, Papa.»
***
«Miss Charlotte, können Sie mir das Ergebnis nennen?»
Charlotte hatte die Frage nicht gehört. Verstohlen blickte sie zum benachbarten Pult, aber Hortensia schien ebenso verloren zu sein wie sie selbst. «Zwanzig», antwortete sie aufs Geratewohl.
«Miss Hortensia. Fünfzehn mal zwei?» Müde wiederholte die Gouvernante ihre Frage.
Wenn es etwas gab, das Hortensia nicht mochte, dann war es Rechnen. Sie liebte es, zu malen und den schönen Geschichten und Märchen aus den Büchern zu lauschen, aber es lag auf der Hand, dass Zahlen nichts für sie waren. Sie warf einen Blick in ihr Heft, in dem zwei hässliche Striche neben einer dritten Zahl zeigten, dass sie ihre Meinung mehrmals geändert hatte.
«Dreißig?», brachte sie verzagt
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