Fesselnde Lust 1
vorgeworfen und seine Karriere unterstützt und gefördert, obwohl Christian die Avancen des älteren Mannes abgewehrt hatte. Seitdem war das kein Thema mehr zwischen ihnen. Sie hatten eine enge Geschäftsbeziehung und Freundschaft entwickelt.
Sterling saß am großen, reich verzierten Louis-XIV-Schreibtisch in seinem Büro in Beverly Hills. Seine vollen silbernen Haare waren sorgfältig frisiert, und seine klaren grauen Augen blickten durchdringend. Er hatte seine Bemerkung ernst gemeint. Das war das erste Mal seit Jahren, dass er so etwas gesagt hatte, und Christian sah ihn überrascht an.
»Willst du damit sagen, dass ich mich abgenutzt habe?«
»Dein Werk ist immer noch großartig, aber ich habe lange schon nichts mehr von dir gesehen, was anders ist.« Sterling machte eine elegante Handbewegung. »Etwas Frisches, Neues.«
Christian rutschte auf dem zerbrechlichen antiken Stuhl hin und her, der für seine Statur viel zu klein und zierlich zu sein schien. Er fühlte sich nicht beleidigt. Im Gegenteil, er respektierte Sterlings Meinung mehr als die jedes anderen. Und er wusste, dass sein Freund Recht hatte. Er hatte in den letzten Jahren vergeblich nach Inspiration gesucht. Das war einer der Gründe, warum er aus Europa zurückgekommen war; dort hatte er nicht gefunden, wonach er gesucht hatte. Das Leben war zur bedeutungslosen Jagd nach körperlicher Lust geworden, und er wusste schon seit einer ganzen Weile, dass er seine Muse nur wiederfinden konnte, wenn er sich mit jemandem einließ, der tiefere Bedeutung für ihn hatte.
Er dachte an sein Gespräch mit Rowan, als er ihr gesagt hatte, er würde sie gern malen. Wie war er darauf gekommen? Seit über fünf Jahren hatte er fast ausschließ lich Steinskulpturen geschaffen. Woher kam auf einmal dieses Bedürfnis, zu malen? Aber spielte das überhaupt eine Rolle? Sein Schaffensdrang war wieder geweckt, das war das Entscheidende.
»Ich habe eine Idee, Sterling. Aber es wird keine Skulptur. Glaubst du denn, meine Kunden würden auch etwas anderes von mir akzeptieren? Aber eigentlich ist mir das egal. Ich mache es so oder so.« Er stieß ein kurzes Lachen aus. Tatsächlich. Es war ihm egal. Er verspürte den Drang dazu, und deshalb stand es außer Frage.
»Sag mir, was du vorhast.«
»Eine Reihe von Gemälden«, antwortete er, wobei er merkte, dass sich in seinem Kopf alles zusammenfügte, während er es aussprach. »Ich weiß noch nicht genau, aber sie werden auf jeden Fall erotisch.« Einen Moment lang sah er Rowan vor sich, ihre Haut, ihr schönes Gesicht, ihren Ausdruck, wenn sie kam. »Ja, definitiv erotisch.«
»Dein Werk ist immer subtil erotisch.«
»Ja, aber bei dem, was ich vorhabe, wird es deutlicher sein. Und schärfer.«
Sterling zog eine Augenbraue hoch.
Christian grinste ihn an. »Ich habe eine neue Muse.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Aber dass du wieder anfangen willst zu malen … das ist wirklich eine große Veränderung für dich. Du hattest früher auch schon Musen, Dutzende von Frauen …«
Christian grinste den Freund an. »Ich kenne mein schmutziges Vorleben, Sterling.«
»Aber keine von ihnen hat dich jemals inspiriert. Das muss ja eine ganz besondere Person sein. Vermutlich die Frau, von der du mir am Telefon erzählt hast?«
»Ja. Und sie ist etwas Besonderes. Es ist etwas an ihr …
sie hat mich daran erinnert, dass mein Werk auch eine spirituelle Seite hat, genau wie BDSM. Und ich glaube, ich habe das in beiden Fällen vergessen.«
Wie wundervoll, dass sie zu Hause auf ihn wartete. Und er konnte mit ihr tun, was er wollte. Ein Plan formte sich in seinem Kopf. Er konnte es kaum erwarten.
Von jemand anderem als Sterling hätte er sich jetzt auf der Stelle verabschiedet und wäre nach Hause gefahren.
Dort hätte er sie gefesselt und dann gemalt.
Ja. Er würde sie malen.
»Sie ist unglaublich schön«, sagte er zu Sterling.
»Natürlich. Das sind sie alle.«
»Nein, du verstehst nicht.« Christian beugte sich vor und blickte seinen Freund eindringlich an. »Sie ist eine faszinierende Frau. Du müsstest sie einmal sehen. Sie hat eine unglaubliche Knochenstruktur. Zart wie ein Vogel. Und eine Haut wie poliertes Elfenbein. Ich werde sie letztlich doch in Stein meißeln müssen, aber zuerst muss ich sie malen. Ich weiß selbst nicht warum, aber das ist mir gleichgültig. Ich muss es einfach tun.«
Mittlerweile war er ganz aufgeregt, aber das war nicht schlimm. Er erzählte es ja nur Sterling.
Sterlings Mundwinkel
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