Fesselnde Lust 1
Kellner im weißen Jackett rollte einen kleinen Servierwagen mit der Flasche Wein, zwei Gläsern und einem Korkenzieher herein. Schweigend öffnete er die Flasche und schenkte ihr einen Schluck zur Begutachtung ein.
Sie probierte, nickte zustimmend, drückte ihm ein paar Scheine in die Hand, und er ging. Den restlichen Wein im Glas schüttete sie in einem Zug hinunter. Es war zwar eine Schande, mit dem guten Wein so umzugehen, aber sie brauchte es. Das nächste Glas würde sie genießen.
Sie schenkte sich noch einmal nach und griff zum Telefon, um Christian anzurufen und ihm Bescheid zu sagen, dass sie gut angekommen war. Das Freizeichen dröhnte in ihrem Ohr, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden, ihn anzurufen. Stattdessen wählte sie Aprils Nummer. Sie nahm sofort ab.
»Hallo.«
»April, ich bin es, Rowan.«
»Hi. Bist du in San Francisco?«
»Ja. Ich bin extra hergekommen, um nachzudenken, und es ist lächerlich, dass ich dich anrufe. Da hätte ich auch genauso gut in L. A. bleiben und mit dir reden können, aber ich mache mich im Moment selbst verrückt.«
»Sag mir, was los ist.«
Rowan ging auf und ab.
»Christian und ich haben miteinander geschlafen.«
April schwieg einen Moment lang. »Okay. Das ist nicht das Ende der Welt. Ich meine, klar habt ihr eure Vereinbarung gebrochen, aber ihr wolltet es ja offensichtlich beide.«
»Es geht nicht um die Vereinbarung. Es ist… der Sex.
Was zwischen uns passiert ist. O Gott, ich klinge, als hätte ich meine Jungfräulichkeit verloren. Warum ist Sex eigentlich so verdammt wichtig?«
»Manchmal ist es eben so«, sagte April ruhig. »Ich habe das Gefühl, dass mir alles entgleitet. Es geht eher um das, was körperlich zwischen uns abläuft. Er geht mir echt unter die Haut. Direkt in mein Herz, wenn ich ehrlich bin.«
»Hast du denn das Bedürfnis, zu dominieren?«
»Nein, wirklich nicht. Mein Bedürfnis nach extremem Sex wird von Christian mehr als gestillt. Nein, was mir schwerfällt, ist, mich einer anderen Person völlig hinzugeben. Das kann ich nicht. Jedenfalls nicht auf lange Sicht.«
»Warum nicht? Du machst es doch jetzt auch.« »Ich weiß nicht. Es kommen einfach zu viele alte Verletzungen dabei hoch. Und mir gefällt nicht immer, was ich dabei an mir entdecke.«
»Dann nimm es doch als Lernerfahrung.« »Ich kann doch nicht auf seine Kosten lernen.« Rowan blieb stehen und rieb sich mit den Fingerspitzen über die schmerzenden Schläfen. »Ich liebe ihn, April. Und es macht mir schreckliche Angst. Ich weiß es schon seit einer ganzen Weile, aber ich wollte es mir nicht eingestehen. Gott, ich habe mich schon in der ersten Nacht halb in ihn verliebt. Er hat mich mit Blumen gefesselt - du lieber Himmel, welcher Mann tut schon so etwas?«
April schwieg und ließ sie weiterreden.
»Er hat meine ganze Welt auf den Kopf gestellt, und ich stelle seitdem alles in Frage, was ich über mich zu wissen glaubte. Er ist der einzige Mann, vor dem ich auf die Knie sinken würde. Und dabei bin ich gar nicht devot.«
»Das sagst du ständig, aber die letzten Wochen hast du dich ihm unterworfen und es genossen. Und gerade hast du mir erzählt, dass er ein Bedürfnis in dir befriedigt.
Warum musst du immer alles unter Kontrolle haben?«
»Ich weiß nicht. Es ist einfach so, ich brauche Kontrolle, um mich sicher zu fühlen.« Sie schwieg und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Mann, ich werde langsam wie meine Mutter.«
Der Gedanke traf sie wie ein Schlag. Ihre Mutter, der brillante, manische Kontrollfreak. Kalt, unerreichbar.
Wollte sie tatsächlich so werden?
Wann war es überhaupt so weit gekommen? Nachdenklich trank sie einen Schluck. Es war nach diesem schrecklichen Jahr mit Danny gewesen. Um überhaupt wieder auf die Beine zu kommen, hatte sie eine Mauer um sich herum errichtet. Und seitdem hatte sie niemanden mehr an sich herangelassen.
Tränen brannten ihr in den Augen. Wie schrecklich, dass sie die ganze Zeit über so gelebt hatte. Sie hatte sich so sicher in dem Wissen gefühlt, dass Danny keine Macht mehr über ihr Leben hatte, aber das war eine Lüge. Seine Tat hatte noch Auswirkungen auf ihr aktuelles Verhalten anderen Menschen gegenüber. Und er hatte sie zu dem gemacht, der sie heute war.
Sie empfand keine Wut mehr. Und auch das Gefühl der Niederlage war nicht mehr da. Aber sie sollte auf jeden Fall versuchen, sich zu ändern.
»Ich weiß nicht, was ich tun soll, April.«
»Mir kommt es so vor, als wolltest du mit ihm
Weitere Kostenlose Bücher