Fesselnde Lust 1
lesen dürfen. Das war unverzeihlich. Aber sie hatte ihren Laptop hiergelassen, weit offen, und als er ihn beiseitestellen wollte, hatte der Bildschirmschoner das darunterliegende Dokument freigegeben. Es überraschte ihn, dass sie so unvorsichtig gewesen war.
Vielleicht hatte sie ja insgeheim gewollt, dass er es las?
Aber das war vermutlich Wunschdenken. Über einen gewissen Punkt hinaus hatte sie sich ihm noch nicht ge öffnet. Aber er wollte unbedingt zu ihr durchdringen, ihr helfen. Sie heilen.
Das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte, und er zuckte zusammen. Als er abnahm, erwartete er eigentlich, Rowans Stimme zu hören.
»Hallo?«
»Christian, ich bin es, Sterling.«
»Ach so, ja. Hallo.«
Sterling lachte leise. »Du scheinst dich aber nicht sehr über meinen Anruf zu freuen.«
»Entschuldigung. Es hat nichts mit dir zu tun.«
Wieder lachte er. »Ich hätte nie geglaubt, noch einmal zu erleben, dass der berüchtigte Playboy Liebeskummer hat.«
»Ach, komm, Sterling. Ich habe zwar mit einigen Frauen geschlafen, aber als Playboy kannst du mich ja wohl kaum bezeichnen. Und außerdem ist der Begriff schon längst nicht mehr zeitgemäß.«
»Liebeskummer auch nicht?«
»Vielleicht. Ich weiß nicht. Aber ich bin … ich erwarte einen Anruf von ihr. Sie ist heute zu einer Geschäftsreise aufgebrochen, und ich möchte wissen, ob sie heil in San Francisco angekommen ist.«
»Wann hast du dir das letzte Mal um eine Frau Sorgen gemacht, Christian?«
Das verschlug ihm die Sprache. Sterling hatte Recht.
Seit dem Tod seiner Mutter hatte er sich höchstens um seine Schwester gesorgt. Aber sie war gut verheiratet und brauchte seine Fürsorge nicht mehr. Und außerhalb seiner Familie? Die meisten Leute, abgesehen von Sterling, waren ihm egal.
Bis auf Rowan.
»Weswegen rufst du an, Sterling?«
»Ich wollte dir Bescheid sagen, dass die Statue erst morgen zu dir nach Hause gebracht wird. Ich möchte lieber einen Boten schicken als unseren normalen Auslieferungsdienst. Es sei denn, du brauchst sie früher.«
»Ja, morgen ist in Ordnung.« Geistesabwesend fuhr Christian mit den Fingerspitzen über die Schreibtischkante. »Sterling, kann ich dich mal etwas fragen?«
»Alles, mein Junge, das weißt du doch.«
»Wie kommst du darauf, dass ich Liebeskummer habe?«
Er erwartete, den Freund wieder lachen zu hören, aber seine Stimme klang ernst. »Ich habe noch nie erlebt, dass du eine Frau so angeschaut hast wie Rowan. Und ich wüsste auch nicht, dass du schon jemals eins deiner Kunstwerke einer Frau geschenkt hättest. Du hast ja selbst mir bisher nur zwei Stücke geschenkt, und ich kenne dich schon seit einer Ewigkeit und unterstütze dich in deiner Karriere. So, wie du mit ihr sprichst, wie du sie berührst, wird deutlich, wie kostbar sie für dich ist.«
»Ja, das stimmt«, gab Christian zu.
»Was willst du denn tun?«, fragte Sterling.
»Ich weiß nicht. Es liegt ja auch nicht nur an mir.«
»Sie ist sehr stark, das habe ich gesehen. Eine sehr interessante Frau.«
»Ja, das ist sie.« Christian blickte zu dem grauen Laptop auf seinem Schreibtisch. »Eine sehr interessante, rätselhafte Frau. Sie verwirrt mich total.«
»Darf ich dir einen Rat geben?«
»Ja, natürlich.«
»Lass sie nicht gehen, Christian. Ich glaube, du brauchst sie, ob du es nun zugeben willst oder nicht.«
Christian schwieg einen Moment lang. Sterling kannte ihn so gut wie sonst niemand auf der Welt.
»Sterling.«
»Ja?«
»Ich liebe diese Frau, ganz gleich, ob sie mich auch liebt. Und ich weiß nicht, was ich tun soll.«
Rowan saß an dem kleinen Schreibtisch in ihrem Zimmer im San Francisco Hyatt, die Aktentasche stand ge öffnet auf dem Boden, und die Tischplatte war übersät mit Aktenmappen. Draußen ging gerade die Sonne unter, und Nebel zog auf, wie immer in dieser Jahreszeit.
Sie war müde. Der Kopf tat ihr weh. Und Christian fehlte ihr.
Tagsüber war es ihr nicht aufgefallen. Sie hatte gearbeitet und war von Menschen umgeben gewesen. Aber jetzt, in ihrem Zimmer, hatte sie Zeit nachzudenken.
Deshalb war sie doch weggelaufen, oder? Um endlich nachdenken zu können. Nun jedoch, wo sie alleine hier saß, hatte sie auf einmal Angst davor. Aber es musste sein.
Sie stand auf und bestellte beim Zimmerservice eine Flasche Rotwein, einen Cabernet aus dem Napa Valley.
Der Wein würde ihr dabei helfen, sich zu entspannen.
Ein Glas Wein und eine heiße Dusche.
Ein paar Minuten später klopfte es an die Tür, und ein
Weitere Kostenlose Bücher