Fesselndes Geheimnis
Folie«, schlicht, aber vornehm, und darunter in Flämisch, Französisch und Englisch: »Einlass nur für Mitglieder«. Ich verzog die Mundwinkel zu einem Grinsen. Jetzt war ich ein Mitglied und meine Neugierde würde gleich befriedigt werden.
Als ich die Türklingel betätigte, reagierte der Summer augenblicklich, und zwar ohne dass ich oder meine »Einladung« überprüft worden waren. Neugierig betrat ich einen hell erleuchteten Vorraum, der in einen kurzen, kaum möblierten und blitzsauberen Flur überging, der wiederum an einer Tür aus edlem Holz endete. Hier fand also die Kontrolle statt. Fernab der Augen der Öffentlichkeit und ohne, dass sich jemand durch seine Abweisung gedemütigt fühlen konnte. Bestimmt schaute ein Türsteher genau jetzt durch ein Guckloch und fällte das Urteil.
Ich straffte die Schultern, hob den Kopf und schritt in bewusst stolzer Haltung auf die Tür zu Der Goldschmuck mitsamt seinem winzigen Brillanttropfen funkelte in meinem Ausschnitt.
Ja, da war tatsächlich ein Türspion! Ich musste aber kaum drei Sekunden vor dieser Tür stehen, dann sprang sie auf, und ein kräftiger blonder Mann in Ledershorts und schwarzem Netzhemd empfing mich ausgesprochen herzlich: »Mademoiselle Danzer! Wie schön, dass Sie schon heute Nacht kommen! Alle werden entzückt sein, vor allem die Chefin.« Er zwinkerte mir vertraulich zu. »Und auch Claire wird sich freuen.«
Er sprach französisch, und ich bedankte mich in der gleichen Sprache. Es erstaunte mich nicht, dass Französisch in diesem Etablissement gesprochen wurde; die frankophone Minderheit in Ostende galt als offen, freizügig und tolerant, während die flämische Mehrheit sich eher durch konservatives Denken auszeichnete. Natürlich vermochten Ausnahmen solche Regeln immer zu bestätigen. – WAS mich allerdings ein wenig überraschte, war die Herzlichkeit des Empfanges.
»Mein Name ist Alain, ich bin ›Mädchen für alles‹ in ›La Belle Folie‹«, stellte sich der 30jährige Mann vor und lächelte. »Bitte folgen Sie mir, Mademoiselle.«
Als er sich umdrehte, kam ich nicht umhin, seine gutgebaute Rückseite zu bewundern, bevor ich ihm folgte. Hinter ihm trat ich durch die Tür, ging wiederum einen – diesmal eher düsteren – Korridorentlang, an dessen Ende ein schwarzseidener Vorhang sich sacht bewegte. Stimmengemurmel von Dahinter war zu hören, ebenso wie das helle Lachen einer Frau.
Alain hielt mir den Vorhang galant auf, ließ mich hindurchtreten und präsentierte mich dann, als sei ich mindestens eine lokale Berühmtheit: »Ich darf vorstellen, liebe Freundinnen und Freunde unseres Hauses: Mademoiselle Danzer, die nicht gezögert hat, uns wenige Stunden nach ihrer Initiationszeremonie zu besuchen!«
Regenbogenfarbige sanfte Lichter spielten auf meiner Haut, glitten durch den gesamten Raum und sorgten für eine zurückhaltend phantastische Atmosphäre; ich war sicher, dass ich errötete ob der respektvollen Freude, die mir von allen Seiten gezollt wurde. Einige der Anwesenden applaudierten sogar, als ich zögernd ein paar Schritte vortrat und mich ein wenig umschaute. Der annähernd kreisrunde Raum war mit etwa 25 Leuten besetzt. Farblich gesehen dominierte Rot, ob nun Wände, Möbel oder Bodenbeläge …
Es war einerseits angenehm, auf so positive Weise im Mittelpunkt zu stehen, andererseits machte es mich befangen. Vor allem, da ich weder Mara noch Vincent entdecken konnte. Stattdessen gut gekleidete Fremde überall, die Herren meist im schwarzen Anzug, die Damen ohne Ausnahme aufreizend, und Schwarz herrschte als Kleidungsfarbe vor – oftmals glänzend, Lack oder Leder war reichlich vertreten.
»Da ist sie tatsächlich!« Erleichtert drehte ich mich zu der wohlbekannten Stimme um. Mara, gefolgt von Claire, kam strahlend und mit ausgebreiteten Armen von der gegenüberliegenden Seite des großen Raumes auf mich zu.
Sie trug eine prachtvolle dunkle Robe, die wie mit schwarzen Diamanten bestickt zu sein schien. Mit einem ebenholzfarbigen Spitzenfächer schlug sie Alain leicht auf den Arm. »Danke, Süßer.«
»Lady Mara, ich bin glücklich, Euch diese Freude machen zu können«, erwiderte er artig. »Ich wusste, Ihr habt Mademoiselle Danzer sehnsüchtig erwartet.«
Verlegen schlug ich die Augen nieder, doch Madame Noire lächelte weiterhin mit ihren vollen, heute blutrot geschminkten Lippen, zwischen denen die ebenmäßigen Zähne wie Perlen schimmerten. Dann hakte sie mich vertraulich und damit auszeichnend unter und
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