Fesselndes Geheimnis
gekommen war. Irgendwie sympathisch, aber ebenso wenig anziehend und erotisch wie zum Beispiel Alain, der »Boy für alles«.
Einen Moment lang ließ ich mich zurücksinken in die behagliche Sitzgelegenheit und genoss die kleine Insel der Ruhe.
Es wäre wirklich schön hier in diesem Club
, dachte ich,
wenn ich vertrauen und genießen könnte
. Leise seufzend nippte ich nur an meinem Weißwein. Er schmeckte fruchtig-herb und war ebenso erstklassig wie alles hier im Club – und für den Augenblick genügte mir das an sinnlichem Genuss.
»Sie haben für das bunte Treiben hier nicht so viel übrig, Leopold?«, vermutete ich, und er nickte mit leicht geöffneten Lippen.
»Ich scheine heute einfach nicht in Stimmung zu sein«, antwortete er in entschuldigendem Ton.
»Das ist doch in Ordnung«, entgegnete ich besänftigend, »man kann ja nicht immer in Stimmung sein. Vor allem, wenn man tagein, tagaus mit ›La Belle Folie‹ zu tun hat.«
Er sah mich aufmerksam an. »Wieso vermuten Sie das?«
»Na ja, Sie sind mir heute Mittag schon aufgefallen, als Sie in diesem todschicken Wagen etwas suchten. Ich war im Adamant Bistro – da wusste ich noch nicht, dass ich gleich darauf Ihre faszinierende Schwester kennen lernen würde!«
Leopold lächelte auf sonderbare Weise. Fast ein bisschen schmerzlich. »Ja, Mara ist eine phantastische Frau, nicht wahr? Ich freue mich, dass Sie auch dieser Ansicht sind, Christine … Kommen Sie, ich zeige Ihnen etwas.«
Plötzlich ging ein Leuchten über sein Gesicht. Fast im selben Moment stand er auf, nahm meine Hand und zog mich hinter sichher, einen schmalen Korridor entlang und zu einer Tür, die mit einem verblüffend realistischen 3 D-Gemälde geschmückt war. Hatte Leopold schon beim Aufstehen anders gewirkt, schien er nun regelrecht verwandelt zu sein. Verschwörerisch blinzelten mir seine tiefgrünen Augen zu, während er mich in Maras private Gemächer führte.
Hoffentlich hat uns niemand gesehen!
, dachte ich. Doch von dieser leichten Furcht abgesehen, war ich höchst begeistert von der unvermuteten Gelegenheit, ein paar Eindrücke in den Privaträumen der undurchsichtigen Clubchefin zu sammeln.
»Schau dir an, wie fabelhaft ihre Sammlung ist …«, Leopold stellte das Licht in dem Raum anders ein und deutete auf zahlreiche Vitrinen. Hinter dem ersten Glas gab es alte, kunstvoll geschmückte Puppen. Sie wirkten wie Miniaturausgaben echter Menschen, ihre Kleidung genauestens getroffen. Und der Schmuck … Ich hätte Stein und Bein geschworen, dass er echt war. Vom kleinsten Ohrring bis hin zum auffallenden Halsschmuck.
Ich ging einige Schritte weiter und betrachtete uralte Münzen, Goldgravuren aus der Zeit Philipp II von Makedonien genauso wie Byzantinische, Römische und … Großer Gott! Waren die echt? Ich konnte spüren, wie meine Hände beim Blick auf die Karthagischen Schekel feucht wurden. Nur mit Mühe konnte ich mich von diesem Anblick lösen und mich dem nächsten Schaukasten zuwenden. Edelsteine jedweder Farbe und Gattung waren in unterschiedlichen Schliffen ausgestellt. Teilweise einzeln, teilweise zu Schmuck verarbeitet. Wenn tatsächlich alles echt war, musste allein der Inhalt dieses einen Kastens Tausende Euros wert sein. Und die anderen Sachen erst! Diamantbesetzte Büstenhalter, Goldgeschmiedete Kettendessous, Intimschmuck aus Silber und viele andere Dinge, die ich nicht wirklich zuordnen konnte. Aber alles sah wertvoll aus, teure Unikate und teilweise sogar antike Stücke – wie die Vase, die eine homoerotische Szene zeigte und womöglich tatsächlich aus dem alten Griechenland stammte. Benommen von soviel Reichtum und unerwarteten Informationen sah ich mich um. In den Glasvitrinen, die in den halb dunklen Ecken standen waren weitere Sachen ausgestellt. Neugierig machte ich ein paar Schritte vorwärts in dem geschmackvoll eingerichteten Raum.
In dem Moment geschahen zwei Dinge gleichzeitig. Leopold hielt mich sacht von hinten fest und streichelte über meine nackten Arme;seltsamerweise hatte ich das Gefühl, dass er es mechanisch tat und in Gedanken weit weg war. Zudem sah ich plötzlich auf dem lederüberzogenen schweren Schreibtisch – antik wie die meisten Möbel hier – mehrere Fotografien in schwarzen Lederrahmen. Und die, die ich sehen konnte, zeigte MARA UND MEINEN VATER. Eng umschlungen. Sie wirkten beide sehr jung auf dem Bild, eine ockerfarbene Hausfassade befand sich im Hintergrund, und eine dritte Person, eine Frau mit Maske und
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