Fesselndes Geheimnis
mehr dazu gehörte … nicht wirklich.
Die Tänzer und Lustsuchenden hatten sich vor mir vergnügt und würden es auch noch tun, wenn ich wieder fort war – zu Hause. Dennoch gefiel mir die Vorstellung, noch einmal mitzutanzen. Und einen großartigeren Abschluss als diese geschickt inszenierte Sommersonnenwende-Feier hätte ich mir gar nicht wünschen können.
Sie hatte etwas Mystisches an sich. Mit dem großen Feuer, den Fackeln und Kerzen. Selbst die bisher Musik die nun zur Klassik wechselte, passte zu der Szenerie – und zum Rauschen der Meeresbrandung.
Ich beobachtete die fremden und bekannten Gäste von »La Belle Folie«, ihr Lachen, Singen, Tanzen, Peitschen, Gepeitscht-werden und Sich-Paaren. Ihr Kommen und Gehen, vom Licht in den Schatten und umgekehrt, wirkte wie das undurchschaubare Wimmeln eines Ameisenhaufens. Wie ein seltsamer Reigen, der nur für einen Eingeweihten Sinn ergab. Nach einigen Momenten bemerkte ich einen Platz nicht weit von meiner Düne entfernt. Er schien besonders beliebt zu sein und erst nach weiteren Sekunden begriff ich, was ich dort sah: Nahe des warmen Nebenfeuers, umringt von Kerzen, legten sich einzelne Submissive – oder diejenigen, die einfach einmal eine schmerzerotische Erfahrung der besonderen Art machen wollten – einfach auf den Bauch, wurden ausgespreizt und ihre Hände und Füße an kleine Pfähle gebunden. Dann wurden sie mit heißem Wachs »gelustfoltert«.
Ich warf einen weiteren Blick in die Menge der Feiernden. Noch immer konnte ich weder Claire noch Vincent ausmachen. Nicht einmal Mara, Gunter oder Leopold schienen hier zu sein. Nachdem ich mir hundertprozentig sicher war, gab ich dem beinahe magischenZwang nach und ging – mich immer noch am Rand und im Schatten haltend – zum Wachs-Ort.
Fasziniert beobachtete ich einen gefesselten jungen Mann. Er lag, von den Feiernden am eigentlichen Feuer verborgen, hinter einem Ring aus Dünengras – und trotzdem wie auf einem Präsentierteller. Einige Zuschauer hatten sich eingefunden und sahen ebenfalls mit wachsender Begeisterung dem durch Fackeln hell beleuchteten Burschen zu.
Er hatte die Augen geschlossen, so fest, als könne er dadurch verhindern, dass die heißen Wachstropfen fielen, dem Schmerz entkommen, den er jedes Mal mit einem dumpfen Stöhnen kommentierte. Doch selbst die kleinen Schweißperlen auf seiner Stirn wirkten magisch und glitzerten in dem flackernden Licht mit seinem Brustpiercing um die Wette. Wieder landete ein Tropfen auf seinem beinahe zu hell wirkenden Leib und sein Körper zuckte unkontrolliert. Nur seine Erektion verriet, dass er Spaß hatte. Jedes Mal, nachdem sein Körper zu zucken aufhörte, zuckte sein Schwanz. Ein fast erheiternder Anblick, der aber deutlicher als alles andere zeigte, wie nahe Schmerz und Lust manchmal beieinander lagen.
»Storno!« Beinahe hätte ich das leise Wort nicht gehört, zu fasziniert war ich von den plötzlich geöffneten Augen, die meinen Blick einfingen und von bisher unausgelebten Vorlieben glänzten. Zum Glück war der Wachs-Meister aufmerksamer als ich. Er schob sich zwischen uns, um den Jungen zu befreien, versperrte mir die Sicht und durchbrach den kurzen Moment der Vertrautheit.
Dann wandte er sich mir zu. »Und nun du?«
Ich warf einen kurzen Blick Richtung Party, entdeckte immer noch niemanden und nickte. Womöglich konnte mir eine kleine Wachs-Session helfen, Spannungen abzubauen. Ich legte mich in die vorgesehene Stellung, prüfte, ob mich wirklich niemand vom Strand aus sehen konnte und verneinte eine Fesselung. Schließlich war ich ein großes Mädchen und konnte mich beherrschen. Genug, um es bei einem Griff um die Seile zu belassen.
Sekunden später war ich mir meiner Selbstbeherrschung nicht mehr sicher. Jeder Tropfen hinterließ ein rotes Glühen hinter meinen geschlossenen Augenlidern, fräste sich wie ein heller Blitz durch meine Adern und schien sich mit dem nächsten Schmerz zu verbinden, bis ich nur noch aus glühenden, schmerzenden Stellen bestand,die gleichzeitig so hoch sensibilisiert waren, dass sie vor Verlangen pochten. Mein ganzer Körper schien nur noch aus Lust zu bestehen. Jeder Schmerz katapultierte mich für eine Sekunde zurück in die Realität – nur um mich anschließend noch höher in die Schmetterlingssphären zu tragen. Ich schrie und stöhnte ich, halb vor Lust, halb vor Schmerz, unter den glühheißen Wachströpfchen, die auf meine Schenkel, meinen Körper und die Seiten meiner Brüste herabprasselten.
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