Fessle mich!
du von einer Viertelstunde sprichst, kann es am Ende gut und gerne eine ganze Woche dauern.” Das war sein letztes Wort. Er trank die Tasse leer, stellte sie auf die Theke und ging.
So viel zum Thema “Einfach” rumzukriegen, dachte Macy. “Was willst du damit sagen?”, rief sie ihm wütend nach, aber das leise Klatschen nackter Sohlen auf dem Parkett war die einzige Antwort. Designerpyjama tragen und barfuß laufen – eine elegante Kombination, spöttelte sie im Stillen. Hat es für die entsprechenden Designerpantoffeln nicht mehr gereicht, Mr. Redding? Sie rief noch einmal: “Leo, ich hab dich was gefragt!”
“Ich stehe praktisch schon unter der Dusche!”
Na gut, er hatte es nicht anders gewollt. Macy stand auf und lief ihm nach. Sie stellte ihn, als er sich Handtuch und Waschlappen aus dem Wäscheschrank im Flur holte. “Du willst dir wirklich mein Omelett entgehen lassen?”
Leo knallte die Schranktür zu. “Ungern, aber was bleibt mir anderes übrig? Ich habe keine Lust, zwanzig Fragen zu beantworten. Ich bin mir sicher, dass zweiundzwanzigtausend daraus geworden sind, bis du dich endlich zufriedengibst.” Er drehte sich um und ging in sein Zimmer. Macy folgte ihm, aber er ignorierte sie. Erst als er das Bad betreten wollte und sie immer noch keine Anstalten machte, ihn allein zu lassen, war er gezwungen, von ihr Notiz zu nehmen. “Ich würde gerne duschen”, wiederholte er.
Macy baute sich breitbeinig vor ihm auf. “Niemand hindert dich daran.”
Leo stellte sich der Herausforderung. Er öffnete die Tür zum Bad und betrat den rot und schwarz gefliesten Raum. Macy folgte ihm auf dem Fuß. Unter der Tür zögerte sie einen Augenblick. Da bemerkte sie, wie es um Leos Mundwinkel zuckte, und damit stand ihr Entschluss fest: Nichts und niemand würde sie aus dieser Dusche vertreiben. Notfalls würde sie hier drinnen übernachten. Auf keinen Fall würde sie einen Rückzieher machen.
Anscheinend war Leo zu dem gleichen Entschluss gelangt. Er warf das Badetuch über den Handtuchhalter, den Waschlappen über den Duschkopf. Die Brille legte er auf die Ablage über dem Waschbecken. Dann drehte er sich um und ließ den Morgenrock über die Schultern gleiten. Die Augen fest auf Macy gerichtet, bückte er sich, hob den Mantel auf und hängte ihn an den Haken an der Tür. Macy erwiderte seinen Blick stumm. Sie würde nicht als Erste wegsehen.
Er zog das T-Shirt über den Kopf. Macy blickte starr in sein Gesicht. Doch die Versuchung war zu groß. Unauffällig verdrehte sie die Augen, um wenigstens aus den Augenwinkeln einen Blick auf Leos nackten Oberkörper zu erhaschen. Was sie sah, erstaunte sie. Er hatte die gut ausgeprägte Brust- und Bauchmuskulatur eines Mannes, der trainierte. Seine Brust wurde von dunklem Haar bedeckt, weichem Haar, das sie zu gern an ihrer nackten Haut gespürt hätte. Sie wäre am liebsten dahingeschmolzen, schaffte es aber gerade noch, sich zusammenzureißen. Sie räusperte sich und sagte: “Ich kann meine Fragen auch stellen, während du duschst.”
“Du könntest unterdessen auch das Omelett zubereiten.”
“Keine Fragen, kein Omelett.”
“Kein Omelett, kein Pyjama.”
Macy stockte. Hatte er tatsächlich vor, vor ihren Augen alle Hüllen fallen zu lassen? Nein, so weit würde er nicht gehen, niemals! Sie schnaubte verächtlich. “Das will ich erst sehen.”
“Wenn du darauf bestehst.” Und ohne die Spur von Verlegenheit machte Leo sich daran, die Pyjamahose abzustreifen.
Leider gab Macy schließlich doch klein bei. Bereits nach den ersten Zentimetern, gerade als sich die oberste Reihe dunkler Härchen zeigte, siegte ihr Schamgefühl. Ohne Leos Lachen zu beachten, kniff sie die Augen fest zusammen, besiegte den Drang zu blinzeln, und harrte so lange aus, bis sie das leise Klicken hörte, mit dem die Tür der Dusche einschnappte. Erst als das Wasser gegen die Kacheln prasselte und gurgelnd in den Abfluss lief, öffnete sie ganz zaghaft die Augen. Einem Kerl wie Leo traute sie ohne Weiteres zu, dass er das Wasser nur angemacht hatte, um sie zu täuschen, und in Wahrheit splitterfasernackt außerhalb der Dusche auf sie lauerte. Aber wie sie nach einem schnellen Blick durch fast geschlossene Lider erkannte, stand sie allein vor der Dusche.
Enttäuscht erwog Macy die nächsten Schritte. Ein Bestechungsversuch mit Hilfe des Omeletts? Hartnäckig bleiben und einfach drauflosfragen? Oder raus aus den Klamotten und rein in die Dusche, um doch noch einen Blick auf Leos
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