Festung der Luegen
dessen Ende noch nicht gediehen. Sicher hätte er angesichts ihrer engen Beziehung und Aarons Mangel an Erben eine beträchtliche Hinterlassenschaft erwarten dürfen. Aber er hatte keinerlei Garantien, dass dem auch so war. Er machte sich Sorgen. Ihre Beziehung war von häufigen Konflikten geprägt, besonders in den letzten Jahren.
Er seufzte und hangelte sich an dem Seil entlang zur Hangarschleuse. Seine Gedanken kehrten schnell zu den Möglichkeiten zurück, die ihm Aarons Tod eröffnet hätte.
Das Erbe wäre nicht mehr als ein Bonus gewesen. Erik hätte seine Position, seine etablierte Beziehung zu Duke Aaron, den gewonnenen Respekt auf militärischem Gebiet und sein Bürgerrecht dazu benutzen können, sich eine eigene Rolle aufzubauen. In seiner Erfahrung litt man nie unter materiellen Nöten, wenn man erst einmal einen gewissen sozialen Status in der Elite erreicht hatte, selbst wenn man keinen Cent sein Eigen nannte.
Auch ohne dass er auf die Gelder und den Einfluss seines Vaters zurückgriff, wäre die Vorstellung, ein Mitglied einer großen Familie wie der Sandovals könnte auf der Straße betteln oder auch nur einer gewöhnlichen Arbeit nachgehen, für die Honoratioren der Familie eine inakzeptable Schande gewesen.
Jemand hätte ihm eine Stelle im Aufsichtsrat eines großen Konzerns verschafft, mit einem ansehnlichen Gehalt, Aktienpaketen und anderen Vergütungen. Ohne Zweifel hätte er all das heute schon haben können, wäre da nicht die stillschweigende Annahme gewesen, dass Aaron sich schon um ihn kümmerte.
Der Gedanke erfüllte ihn mit ungewohnter Wut und gleichzeitig mit Schuldgefühlen. Was war er für ein Mensch, dass er es seinem Onkel übel nahm, noch zu leben?
Diese Gedanken verfolgten ihn, während er durch die Korridore des riesigen Schiffes wanderte und das Quartier seines Onkels suchte. Irgendwie hatte er er-wartet, jemand hätte ihn an der Schleuse abgeholt, aber dem war nicht so gewesen.
Gelegentlich sah er Besatzungsmitglieder ihrer Arbeit nachgehen, meist recht eilig und häufig knapp außer Hörweite. Er suchte vergeblich nach jemandem, den er kannte: Ulysses Paxton, den Leibwächter seines Onkels, oder die bildhübsche Deena Onan, deren Anblick ihm immer Freude bereitete, selbst unter den bedrückendsten Umständen.
Aber sie waren nirgends zu sehen, und Erik hatte sich verirrt. Endlich entdeckte er ein Gesicht, das ihm zwar nicht vertraut war, aber das er zumindest schon einmal gesehen hatte. Der Mann kreuzte wenige Meter vor ihm den Korridor und war schon fast wieder außer Sicht, bevor Erik den grauen Bart bemerkte. »Sie da! Moment!«
Der Mann schien bereits verschwunden, Sekunden später aber tauchte er wieder auf und lugte um die Ecke der Gangkreuzung. »Ach nee, der kleine Sandoval.«
Erik war nicht in der Stimmung, sich beleidigen zu lassen, und ein aufmüpfiger Nichtadliger kam ihm gerade recht, um seine Verärgerung abzureagieren. »Passen Sie gut auf - Gus war der Name, oder? Niemand nennt mich >Kleiner<, außer meine liebe selige Mutter. Ich suche nach dem Duke.«
»Passen Sie mal gut auf, Kleiner. Auf meinem Schiff heiße ich Captain, und das sollten Sie sich besser merken, wenn Sie wissen wollen, was gut für Sie ist. Ich habe dieses Thema heute schon mit dem
Duck abgehandelt, und wir sind zu einer Vereinbarung gekommen. Ich kusche nicht vor ihm, und ich kusche ganz bestimmt auch nicht vor Gestalten wie Ihnen. Wenn Sie wissen wollen, wo er ist, dann fragen Sie mich gefälligst auf eine zivilisierte Weise.«
Erik war entgeistert, es schien jedoch nicht viel Sinn zu haben, sich mit dem alten Rüpel auf einen Streit einzulassen. Der Herzog hatte ihn angeheuert. Sicher konnte er ihn zur Rechenschaft ziehen. »Na schön... Captain Gus.«
»Captain Clancy«, knurrte der Mann.
»Oder Captain Clancy. Bitte, wo finde ich meinen Onkel?«
Clancy deutete mit dem Daumen in die Richtung, aus der er gekommen war. »Da lang, bis Sie die grünen Wände erreichen. Das ist der Offiziersbereich. Seine Kabine ist auf halber Strecke, nach auswärts. D-16. Die meisten können es gar nicht verfehlen.« Er drehte sich um und spannte die Beine, um sich von der Wand abzustoßen. »Bei Ihnen bin ich mir da nicht so sicher.«
Dann war er fort.
Erik fühlte sein Gesicht heiß werden. Er würde mit Aaron reden. Fast freute er sich schon auf das, was Captain Clancy blühte.
Er hatte keine Mühe, das Quartier zu finden. Tatsächlich hatte er den Eindruck, dass er auf seiner Wanderung
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