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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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vorsorglich in Öl auf, falls einmal der Tag kommt, an dem mein Pferd eine Art Augen vorweisen muß.«
    Mein Mund klappte heftig auf und zu und kein Geräusch drang aus ihm hervor. Ich starrte und würgte. »Wir kamen durch die blinden Gebiete«, sagte er, »Kilometer um Kilometer auf dem sterilen, keine Heimat gewährenden Plastik. Und auf dem ganzen ermüdenden Weg hing irgendein seltsamer Metallvogel hoch oben über unserem Pfad. Ich dachte, daß es ein Blechbussard sein könnte. Ich bemerkte, daß er sich irgendwo im Land der Festungen zur Ruhe begab.«
    Er schaute mich streng an und verlangte nach einer Antwort.
    »Wir haben hier metallene Detektivvögel«, sagte ich.
    »Sind sie kriegerisch? Fressen sie Menschen?«
    »Alles neigt hier dazu, kriegerisch zu sein. Nein, sie fressen keine Menschen.«
    »Bin ich froh. Ich würde nicht gerne von einem Blechbussard gefressen werden. Ihre Aufklärungsarbeit geht mich nichts an.«
    »Ihre Aufklärungsarbeit ist gut für unsere Kriege«, sagte ich.
    »Sie gehören nicht zu uns, wie ich sehe, und Sie interessieren uns nicht. Wenn jedoch der Waffenstillstand aufgehoben wird, werden Sie und Ihr Pferd vernichtet werden. Unsere Beschäftigung hier ist der Krieg, im Land der Festungen, und kleine schwache fleischig-flockige Menschen und große blinde viel Schlachtfleisch versprechende Pferde haben darin keinen Platz. Ich möchte nicht übertrieben barsch sein.«
    »Wenn Sie mir sagen, daß ich verschwinden soll, verschwenden Sie Worte. Und Zeit. Ich bin an dieses große Pferd gebunden. Seine Bewegungen sind nicht vorgeplant. Auch sind sie nicht aufhaltbar. Ich dachte, daß ich Ihnen dies sagen sollte. Denn auch ich möchte nicht barsch sein. Auch möchte ich nicht unfreundlich sein.«
    Ich schaute hin, und er war tatsächlich auf sein Pferd gebunden. Zwei schmutzige weit-gereist-aussehende Stricke, die nicht miteinander verbunden waren, liefen unter dem Bauch des Pferdes durch und banden den Reiter auf es, wobei sie oberhalb der Knie mit einem Knoten befestigt waren.
    »Wer – wer hat sie so festgeschnürt?«
    »Nehmen wir einmal an, viele Dinge und die Tradition. Aber es waren meine eigenen entscheidenden Hände, die die Stricke an meine Knie knoteten. Jeder Strick ist das Gewissen, wenn Sie es so sehen wollen. Mein Pferd ist die Pflicht, wenn Sie Vergleiche mögen. Sonst denken Sie einfach von mir als einem Mann auf einem blinden Pferd, der durch die blinden Gebiete geritten ist, wie er es tun mußte. Und jetzt dieses Land der Festungen! Könnten Sie in diesem Land mit solchen Worten etwas anfangen?«
    »Wir haben nicht mehr so geredet, seit wir erwachsen geworden sind. Was Sie sagen, hört sich wie fleischernes Gerede und fleischernes Denken an. Wir sind ›ersetzt‹. Wir führen berufsmäßig Krieg und hassen; unsere Bedürfnisse werden von Ger-Arbs befriedigt. Wir sind in Moderan vollständig modernisiert worden. Wir sind ›ersetzt‹ worden, um ewig leben zu können, und haben kein Bedürfnis dafür, den Himmel bei einem Gelegenheitskauf zu erwerben. Wir sind unsere eigene Ewigkeit. Mir scheint es so zu sein, daß all diese Dinge notwendigerweise Ihr Gerede über Gewissen und Pflicht sinnlos machen – da es sich zu sehr mit Gefühlen und Herzklopfen und Vermutungen beschäftigt, die wir hier unbedeutend gemacht haben.«
    Er ließ die zukünftigen Pferdeaugen in lange Lederbeutel zu beiden Seiten seines Sattels fallen, und er starrte mich mit einem kühnen und festen Blick an. Meine Stahlaugen trafen auf seine fleischernen, und es gab kein Nachgeben. »Ich könnte Ihnen erzählen, wie mager mein Gaul manchmal ist«, sagte er. »Ein paar Jahrhunderte lang hat er nur aus Knochen bestanden, wirklich. Aber jetzt ist er fett und bereit, und ich bin auf ihn gebunden. Ich stelle seine Augen dar, soweit er im Moment überhaupt Augen haben kann. Er stellt meine Beine dar. Ich fühle es in meinen Knochen, daß wir einer leuchtenden Enthüllung nahe sind. Ich muß gestehen, daß ich im Moment ein wenig im Dunklen reite, obwohl ich in allen Richtungen nach einem Zeichen suche. Da ich keines sehe, heißt es vorwärts. Das ist alles, was ich weiß. Aber im Vertrauen gesagt erwarte ich, daß mich ein Stern bald auf etwas hinweist.«
    »Es werden Sterngranaten draußen sein und große Raketen in der Luft und Puppenbomben werden laufen, ich warne Sie«, sagte ich. »Und ob Sie noch dort draußen sind oder nicht, ist für mich völlig ohne Bedeutung. Aber man würde Ihnen schon eine

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